Kleines Wunder für den SG Traktor Wellen Kleines Wunder für den SG Traktor Wellen: Hobbykicker aus Stahlknechts Heimatort überrascht vom Geldsegen

Wellen - Die SG Traktor Wellen ist das, was man in Fußballkreisen eine Hobbykicker-Mannschaft nennt. Der Klub aus der Börde spielt in der 1. Kreisliga - und das zum Leidwesen der 21 Spieler bislang nicht auf heimischem Platz, sondern im acht Kilometer entfernten Ochtmersleben. Denn bislang entsprach die Spielstätte in Wellen, dem Heimatort des für Sport zuständigen Innenministers Holger Stahlknecht (CDU), sehr dem Vereinsnamen Traktor - sie glich einem Acker und war für den Spielbetrieb nicht zugelassen.
Traktor Wellen stellte daher einen Antrag auf eine „Sanierung Fußballplatz“ beim zuständigen Innenministerium. Anträge auf Sportstättensanierung gibt es von dutzenden Vereinen - und immer mehr Wünsche als Geld. Das Ministerium führt daher drei Prioritätenlisten. Auf Liste eins standen im vergangenen Jahr 31 Maßnahmen für den Vereinssportstättenbau mit knapp 1,4 Millionen Euro. Es gab aber weitere 70 Anträge über knapp 1,1 Millionen Euro auf den Prioritätenlisten zwei und drei - ohne Gegenfinanzierung.
Diese Listen würden bedient, so das Ministerium, wenn aufgrund fehlender Voraussetzungen oder mangelhafter Antragsunterlagen ein Projekt auf Liste eins platzt. Traktor Wellen stand auf Platz 39 der Prioritätenliste drei mit 47 Anträgen. Unter Fachleuten ist das gleichbedeutend mit einer Ablehnung. Es sei denn, es geschieht ein Wunder.
Eine „Sanierungsnotwendigkeit“
In Wellen ist ein solches passiert. Mit Billigung des Ministeriums überwies das Landesverwaltungsamt den Fußballern Ende vergangenen Jahres sogar 10.000 Euro - und damit 2.000 Euro mehr als beantragt worden waren. Dabei ignorierte das Ministerium seine eigenen Maßgaben, wonach vorrangig jene Sportstättensanierungen zu fördern seien, in denen es Angebote für Behinderte, Kinder und Frauen gibt - alles ist in Wellen nicht der Fall.
Entsprechend fällt auch die „Sportfachliche Stellungnahme“ des Landessportbundes (LSB) vom November 2014 aus: Der LSB sprach sich darin gegen eine Förderung aus, weil eben die SG Traktor Wellen ein Einspartensportverein sei, der weder Frauen noch Mädchen noch den Nachwuchs fördere.
Zwar räumte der LSB auch eine „Sanierungsnotwendigkeit“ des Sportplatzes für einen Spielbetrieb ein, weist jedoch auf seine Prioritätenliste hin, dass andere Sportstättenbauanträge von größerer sportlicher Bedeutung für ihn sind. Mit der Entscheidung des Ministeriums, dennoch eine Förderung auszuzahlen konfrontiert, reagierte der Verband wortkarg: „Wir haben unserer Bewertung nichts hinzuzufügen, die Entscheidung liegt in der Hoheit des Ministeriums“, sagte Sprecher Frank Löper.
Gewisses Geschmäckle
Der Vorsitzende des Innen- und Sportausschusses des Landtages, Ronald Brachmann (SPD), erklärte: „Es gibt nicht umsonst Prioritätenlisten, damit Sportstätten nach objektiven Kriterien und nicht nach Gutdünken gefördert werden.“ Und: „Es hat natürlich ein gewisses Geschmäckle, wenn ausgerechnet ein als nicht prioritär eingestufter Verein eine Förderung erhält, der im gleichen Ort ansässig ist wie der Innenminister.“
Das Innenministerium findet hingegen nichts anstößiges dabei, Traktor Wellen zu fördern. Denn die Stellungnahme des LSB sei „kein ablehnendes Votum“. Zudem sage der Listenplatz 39 auf Prioritätenliste drei „nichts über die Priorisierung innerhalb der Priorität drei aus“. Neben Wellen seien zwei weitere Maßnahmen - darunter eine des LSB - aus Liste drei im Jahr 2014 gefördert worden.
Stahlknecht selber erklärte, der Verein sei 2011 und 2013 bei ihm vorstellig geworden; er habe die Sportler dann ans Fachreferat verwiesen und dort um Prüfung gebeten. „Ich habe erst von der Förderung erfahren, als das Geld bereits geflossen war“, so Stahlknecht.
Die Geschichte ist damit aber noch nicht zu Ende. Denn wie der Vorsitzende der SG Traktor Wellen, Erik Brambora, auf Nachfrage erklärte, „haben wir den Sportplatz inzwischen in Eigenregie hergerichtet“. Das Fördergeld sei stattdessen für die Sanierung des Vereinsgebäudes verwendet worden - und die Installation einer Ballfanganlage. (mz)
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