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Kinofilm «Ossi's Eleven» Kinofilm «Ossi's Eleven»: Tragikomik aus der Tristesse

Von Katrin Löwe 29.02.2008, 19:46

Wolfen/MZ. - Die Kulisse für die Premiere passte gut: ein 1954 von der Filmfabrik Wolfen erbautes Kino, teilmodernisiert zwar, aber nicht zu vergleichen mit den Neubauten der Leinwand-Giganten UCI oder Cinemaxx. Ein Kino, das in einer schrumpfenden Stadt ums Überleben kämpft, in dem der fast 300 Menschen fassende große Saal seit Jahren schon nur bei Schulveranstaltungen prall gefüllt ist. "Bei einer normalen Premiere kommen 20 Leute", sagt Betreiber Ralph Waltenberger.

Die seit Donnerstagabend in den Kinos laufende Gaunerkomödie "Ossi's Eleven" - ein Stück um soziale Verlierer, aber auch um Vertrauen und Gemeinsamkeit - ist für Waltenberger zweifellos ein Glücksfall. Zwar bleiben einige Sitze leer, mit 226 Besuchern macht der Saal aber keinen trostlosen Eindruck mehr. Die Wolfener sind da. Weil sie wissen, dass ein Großteil der Außenaufnahmen in ihrem Plattenbaugebiet gedreht wurde. Weil sie zum Teil selbst Akteure waren: 150 Statisten wurden im April 2007 eingesetzt.

Durch Zufall dabei

Isabel Natho ist eine von ihnen. Durch Zufall, denn die Achtjährige träumt eigentlich davon, in einer Band zu spielen, im Zoo zu arbeiten oder ein Kaufhaus zu eröffnen. Ihr Bruder war es, der zum Casting wollte. "Aber die haben sich sofort Isabel geschnappt", sagt Vater Matthias. Mehr als drei Stunden lang hat die Schülerin beim Dreh einer Bus-Szene mitgespielt. "Ein paar Mal musste ich mich umsetzen, mal so tun, als ob ich rede, mal still sein", erzählt sie. Den entscheidenden Ausschnitt hat sie schon im Internet gefunden, nun soll es der ganze Film sein. Es ist ein Ereignis für die ganze Familie Natho, die selbst früher in der "Platte" lebte.

Rund um die "Platte" spielt auch die Geschichte um Oswald "Ossi" Schneider (Tim Wilde), einen liebenswerten, gerade aus dem Knast entlassenen Ganoven, der für seinen nächsten Coup immer mehr verkrachte Existenzen um sich schart: zwei dopingbelastete Ex-Sportler und heutige Würstchenbudenbesitzer (Götz Otto, Michael Brandner), ein zurückgezogener Ex-Stasispitzel (Manfred Möck) oder Popsänger Sasha als Möchtegern-Elvis. Elf sind es am Ende, die in einer Gießerei 300 000 D-Mark stiebitzen und in Euro tauschen wollen. Ein an den Kinohit "Oceans Eleven" angelehntes Unterfangen, das - wen wundert es - natürlich auf allerlei Schwierigkeiten stößt.

All die Klischees gepaart mit dem Anblick leerer Plattenbauten? Wer Böses ahnt, wird überrascht. Das Werk von Regisseur Oliver Mielke geht über platte Ossi-Darstellung hinaus, zeigt hintergründige Tragikomik und längst nicht so viel Tristesse wie man es nach etlichen Filmen mit grauen Häusern im Chemie-Nebel erwartet. "Wir haben bewusst Farbe reingebracht", sagt Co-Drehbuchautor Philip Kaetner. Saftige Wiesen, ein Sonnenuntergang vor der Kulisse von Plattenbauten und Windräder. "Die Bilder sind Poesie, nicht Tristesse", betont Schauspieler Manfred Möck, der seine Geburtsstadt Sangerhausen ähnlich sieht: malerische Bilder neben den Folgen der wirtschaftlichen Probleme.

Eigentlich geht es im Film auch nicht um Tristesse, sondern darum, "dass daraus etwas Schönes entstehen kann", so Kaetner. Dass sich Menschen zusammentun, "um für sich etwas zu bewegen". Dass sie Freunde werden. "Uns ist wichtig, dass die Zuschauer mit einem guten Gefühl gehen." Das tun sie, glaubt man ihrem Beifall. Und offenbar nicht nur, weil Wolfen-Nord oft zu erkennen ist - der erste Stadtbus auf der Leinwand löst spontanes Gejohle im Saal aus. "Der Film ist ganz gut geworden", sagt Statistin Stefanie Beutel (28).

Hoher Aufwand

Und manchem bleibt noch eine Erkenntnis: "Viele Szenen wurden bei uns im Hof gedreht. Erstaunlich, welcher Aufwand das ist", sagt Zuschauer Stephan Flache in Erinnerung an das rund 50 Mann starke Drehteam. Das übrigens noch heute von netten Wolfenern schwärmt, die "ihrer" Platte mit Grillabenden im Hof selbst ein ungewohntes Flair verleihen. Wie lange sie Wolfen-Nord auf der Leinwand sehen, ist noch offen. Waltenberger macht das vom Erfolg des Films abhängig - in der Hoffnung, in sein Kino möge die Leere nicht allzu schnell zurückkehren.

"Ossi's Eleven" läuft unter anderem auch im Cinemaxx Halle und im UCI Saalepark.