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Justiz Justiz: Vollstrecker bei Konkursverwalter

Von Steffen Könau 21.03.2003, 19:19

Halle (Saale)/MZ. - Wo sein Geld jetzt wohlsein mag, darüber möchte Alexander Heikler(Name geändert) am liebsten nicht nachdenken."Normalerweise", sagt der Mann, der einstein Autohaus im Süden Sachsen-Anhalts besaß,"sollte das Geld ja beim Konkursverwalter liegen".

Nur weiß Heikler das nicht mehr so genau,seit ihm das Amtsgericht Halle mitgeteilthat, dass sein Konkursverwalter Andreas P.nicht mehr sein Konkursverwalter sein darf:"Der hat wohl akute Finanzprobleme", sagtHeikler.

Seitdem sind sie alle in Aufregung, die Handwerkerund Selbständigen, deren Firmen der Hallenserabwickelte. Wie Norbert Kelze, der nach derWende einen Reifendienst eröffnet hatte. OderRobert Stein, der Spediteur war. Bevor diePleite kam. Und mit ihr Insolvenz-ExperteP. "Der tauchte hier ganz am Anfang malauf", erinnert sich Stein, "dann aber niewieder." Einmal noch ließ sich der GesamtvollstreckerAkten in die Kanzlei bringen. "Dann habe ichnichts mehr von ihm gehört."

Erst als der Brief vom Gericht kam, fragteder heute arbeitslose Ex-Unternehmer nach.Und erfuhr, dass P. neben seinem noch weitere68 Verfahren abgeben musste.

Eine Mitteilung, die auch Rüdiger Schmidtaus Merseburg aufschreckte. Schmidt, Mitteder 90er Jahre in die Pleite geschlittert,hatte P.'s Amtsführung seit Jahren argwöhnischbeobachtet. "Der Mann hat doch nur verscherbelt,was da war." Die 700 000 Euro Außenständeeinzuholen, die sein Unternehmen gehabt habe,sei für P. kein Thema gewesen: "Der wolltenur die schnelle Mark."

Ein Eindruck, den Ex-Spediteur Stein teilt.P. habe den Eindruck gemacht, sich vorallem um sein Honorar zu sorgen: "Statt mitmir zusammenzuarbeiten, hat der mich verklagt",schimpft Stein.

Rüdiger Schmidt erlebte Ähnliches. Wertgegenständeseiner Firma, sagt er, verkaufte P. andas Unternehmen eines Bekannten. Das brachtedem Anwalt eine zeitweise Abberufung, dasGericht setzte ihm einen Sonderprüfer vordie Nase, ein Strafbefehl erging - das Verfahrenaber durfte er weiter betreuen. Bis beim AmtsgerichtHalle nicht mehr ignoriert werden konnte,was die hallesche Justizszene längst eifrigflüsterte. Andreas P. war in finanziellenSchwierigkeiten: Der Mann, der in den letztenJahren abonniert war auf die Abwicklung vonmittelständischen Pleitefirmen, stand selbstvor der Zwangsvollstreckung.

Nach Standesrecht hätte P. seine Problemesofort melden müssen. "Das ist mir heute auchbewusst", sagt er selbst. Vor einem Jahr jedoch,als die ersten Zahlungsforderungen aus einerfrüheren Kanzleigemeinschaft auf ihn zugekommenseien, habe er gehofft, "die Sache so bereinigenzu können". Immerhin seien die Zwangsmaßnahmengegen ihn ja über das Gericht gelaufen, andem er selbst tätig war. "Das war doch offensichtlichfür jeden." Dennoch sei niemand gegen ihnvorgegangen. "Also war ich sicher, dass sichdas klären lässt." Beim Amtsgericht Halleallerdings wird energisch dementiert, dassP.'s Probleme bekannt waren. "Wir wusstennichts davon", sagt Sprecher Werner Budtke,"die zuständige Rechtspflegerin hat erst AnfangOktober von den Problemen erfahren." Und sofortgehandelt: Andreas P. musste den Großteilseiner Verfahren abgeben.

Ein Vorgang, der für den Anwalt einenbitteren Beigeschmack hat. "Als diese Entscheidungfiel, waren meine Finanzprobleme doch längstgeregelt." P., der sich in seiner Amtsführung"nie etwas vorzuwerfen hatte", glaubt an einenRacheakt seines Ex-Kanzleikollegen, mit demer sich seit Jahren in zahllosen Zivilverfahrenauseinandersetzt.

"Das hier ist schlimmer als jeder Rosenkrieg",sagt P. "Mein früherer Kollege hat michbei Gericht angezeigt, um mich fertig zu machen."Er aber werde nicht aufgeben. "Schließlichsind die meisten Verfahren reif zur Beendigung.Mich da rauszuwerfen, heißt zusätzliche Kostenzu verursachen."