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Jugendarrestanstalt Halle Jugendarrestanstalt Halle: Denkzettel für junge Straftäter

Von Silvia Zöller 02.02.2003, 18:54

Halle/MZ. - Mit einem lauten Rummmmms fällt die Stahltür zu. Und die 17-jährige Janine (alle Namen geändert) aus Bernburg weiß: Vier Wochen lang wird diese Tür der Jugendarrestanstalt in Halle für sie verschlossen bleiben. Vier Wochen keine Freunde sehen, keine Disco, keine Eltern, kein Handy - zum ersten Mal in ihrem Leben. Janine muss nach einem Gerichtsurteil vier Wochen Arrest absitzen, weil sie mit Drogen gehandelt und ein Fahrrad gestohlen hat. Jugendarrest - das ist zwar schon Freiheitsentzug, aber noch keine Jugendhaft. Vor allem die Ursachen für die Straftat sollen hierbei in Gesprächen herausgefunden werden. Die 28 Tage, die die schlaksige Janine in der einzigen Jugendarrestanstalt von Sachsen-Anhalt absitzt, haben es in sich. Eine kleine Zelle mit Fußbodenbelag aus DDR-Zeiten, zwei Liegen, ein Tisch, ein Stuhl. Kalter Entzug, viel Langeweile, Zeit zum Nachdenken. "Ich bereue es, was ich für einen Mist gebaut habe", beteuert die Schülerin. Möglicherweise ist ihr erst durch diese vier Wochen der Absprung von den Drogen gelungen. "Ich habe mich von hier aus um eine Langzeittherapie gekümmert", sagt Janine und zieht die Ärmel noch ein Stück länger über die zerstochenen Arme. Ihre Zellenkameradin Julia stimmt ihr zu: "Ich habe auch Konsequenzen aus der Zeit hier gezogen." Drei Jahre lang zog die 18-jährige Salzwedlerin mit Freunden aus der linken Szene durch die Gegend. Nach einer Schlägerei wurde sie wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Jetzt will sie sich von ihren Kumpels trennen. Auch für den 18-jährigen Peter aus Halle, der auf der anderen Seite des Flures im Männertrakt wegen Raubes und Körperverletzung untergebracht ist, ist klar: "Ich war das erste Mal hier und ich hoffe auch das letzte Mal." Seit Februar 1993 werden jährlich rund 800 Jugendliche und Heranwachsende in der Jugendarrestanstalt in Halle nach einer Straftat zum Nachdenken gebracht - Tendenz steigend. Maximal vier Wochen verbringen sie in Betreuung von Vollzugsbediensteten und einer Sozialarbeiterin. Häufigster Grund für den Arrest ist Diebstahl, gefolgt von Körperverletzung und Fahren ohne Führerschein. Zwar machen das krachende Tor und die meterhohe Mauer die Anstalt äußerlich zum Gefängnis - doch vergitterte Fenster gibt es hier in den Zellen mit 36 Arrestplätzen nicht. "Zweck ist es, den jungen Menschen einen Denkzettel zu verpassen und ihnen aufzuzeigen, wohin ihr Verhalten führen kann", so Werner Budtke, der als Jugendrichter am Amtsgericht Halle-Saalkreis gleichzeitig auch Vollzugsleiter der Arrestanstalt ist. "Parallel dazu wird aber auch Ursachenforschung und eine Suche nach den bestehenden Problemen betrieben und aufgezeigt, wie eine sinnvolle Freizeitgestaltung aussehen kann", erläutert der Jurist. Aus diesem Grund stehen ab und zu auch Fußball und Tischtennis, gemeinsame Kinobesuche oder ein Erste-Hilfe-Kurs auf dem Tagesplan. Unterstützt werden diese Angebote von einem Verein, der schon zwei Computer, Grillabende oder Bücher für die kleine Bibliothek finanziert hat. Gerne würden die Anstalt den Jugendlichen auch mehr Angebote für gemeinnützige Arbeit machen. Doch obwohl die Aufräum- und Pflegearbeiten von den Arrestanten meist zur vollsten Zufriedenheit erledigt werden, lehnen viele Stellen Anfragen der Anstalt ab. "Nicht vertrauenswürdig", ist zur Begründung oft zu hören.