Er renoviert den Bahnhof mit Jörg Drews: sächsischer Bauunternehmer mit Hang zur AfD in Halle - Hentschke Bau am Hauptbahnhof Halle
Halle (Saale) - Jörg Drews ist ein viel beschäftigter Mann. Mehr denn je. Ende Mai ist er in den Stadtrat seiner sächsischen Heimatstadt gewählt worden, für das Bürgerbündnis Bautzen. Dort sitzt er nun in einer sechsköpfigen Fraktion und macht Kommunalpolitik.
Drews erhielt 5.569 Stimmen, so viel wie kein anderer Bewerber in der Stadt. Seine Fraktion ist die drittstärkste, hinter der CDU und der AfD. Es ist, wenn man so will, die Krönung seines Schaffens.
Jörg Drews, Bauunternehmer aus Bautzen. Mäzen, Gönner, Förderer zahlreicher sozialer und kultureller Projekte und Vereine in seiner Heimatstadt. Den Förderverein der örtlichen Schulsternwarte hat seine Firma Hentschke Bau mit Geld bedacht, einen Spielmannszug oder einen Technologieförderverein. Beim Fußballverein Budissa Bautzen ist das Unternehmen Hauptsponsor.
Hentschke Bau am Hauptbahnhof Halle - Kritik an Deutscher Bahn
Und dann die Bauprojekte. Altenheime, Supermärkte, Brücken, Bahnanlagen: Die 700 Mitarbeiter von Hentschke Bau arbeiten auf Baustellen landauf, landab. In Wittenberg war das Unternehmen am Bau des neuen „Grünen Bahnhofs“ beteiligt.
In Halle mischt es beim Umbau des Hauptbahnhofs mit, auf einer der größten Baustellen der Bahn in Deutschland. Die weißen Fahrzeuge mit der Firmenaufschrift fallen auf, sie sind überall auf der westlichen Seite des Bahnhofsgeländes zu sehen, die gerade saniert wird.
Das gefällt nicht jedem. „Die Deutsche Bahn macht sich unglaubwürdig, wenn sie sich einerseits in Werbekampagnen als weltoffenes Unternehmen zeigt, andererseits Firmen wie Hentschke Bau Aufträge erteilt“, urteilt Jan Krehl.
Der Mann aus Halle kennt sich aus in der Eisenbahn-Szene, er arbeitet als Lokführer und war mal Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Was er mit seiner Kritik meint?
Hentschke Bau spendet AfD 19.500 Euro
Hentschke-Chef Drews hat noch eine andere Seite. Seine Firma ist nicht nur Sponsor zahlreicher Initiativen in seiner Heimatstadt Bautzen. Vor zwei Jahren spendete Hentschke Bau 19.500 Euro an die AfD, es war im Jahr der Bundestagswahl eine der größten Einzelspenden aus der Wirtschaft an die Partei.
In Bautzen unterstützt das Unternehmen mit Geld so genannte alternative Medien. Etwa das Portal „Ostsachsen TV“, wo es Bannerwerbung schaltet. Oder das Magazin „Denkste mit?!“. Dort verbreiten Autoren Verschwörungstheorien etwa zu „Chemtrails“ oder stellen den menschengemachten Klimawandel in Frage.
Die Bundesrepublik wird auf dem Weg zu einem „totalitären Überwachungsstaat“ gesehen oder CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke und FDP werden als „Blockparteien“ bezeichnet.
Wer ist dieser Jörg Drews, der sich öffentlich mal als „besorgter Bürger“ bezeichnet hat? Kritiker rücken den Unternehmer in die Nähe von „Reichsbürgern“, was er zurückweist.
Macht er sich Inhalte der Alternativ-Publikationen zu eigen? Will er damit so etwas wie eine Gegenöffentlichkeit aufbauen? Dem NDR sagte er im vergangenen Jahr, er wolle „ein Korrektiv schaffen“. Warum hat er im Mai Reporter der „Sächsischen Zeitung“ ausgeschlossen vom Richtfest des Bautzener Bahnhofsgebäudes, das er gerade umbaut?
Interview-Anfragen an Jörg Drews von Hentschke Bau abgelehnt
Alle diese Fragen, und noch ein paar andere, würde man Jörg Drews gerne selber stellen. Auf eine Anfrage per Mail meldet sich der Inhaber einer Marketing-Firma, der für Hentschke Bau als Pressesprecher arbeitet. Der Mann stellt ein Interview in Aussicht. Später wird er das Gespräch wieder absagen. Man könne aber Fragen per Mail schicken. Doch auch die werden nicht beantwortet. „Kein Kommentar“, sagt der Sprecher auf Nachfrage.
Am Ende gibt es bloß Antworten auf Fragen zum Bauprojekt. Demnach ist Hentschke Bau als Teil einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) der Baubranche seit 2015 am Umbau des halleschen Hauptbahnhofs beteiligt, mit derzeit 80 Mitarbeitern. Der 40 Millionen Euro schwere Auftrag an die Arge läuft bis 2021.
Die Deutsche Bahn, für die Hentschke Bau arbeitet, hatte im Frühjahr eine neue Werbekampagne gestartet. Sie zeigt, in einem ICE, Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe, darunter den Sternekoch Nelson Müller, der seine Wurzeln in Ghana hat, sowie die Moderatorin Nazan Eckes, Tochter türkische Einwanderer. Die Botschaft des Weltkonzerns: Wir sind vielfältig und weltoffen.
Deutsche Bahn erteilt Auftrag an Hentschke Bau
Dem Auftritt folgte eine Debatte in sozialen Netzwerken im Internet, ausgelöst vom grünen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne). Palmer postete auf Facebook: „Ich finde es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die ,Deutsche Bahn’ die Personen auf dieser Eingangsseite ausgewählt hat. Welche Gesellschaft soll das abbilden?“
Der Kommunalpolitiker erntete dafür reichlich Kritik, aber auch Lob - letzteres von der AfD. Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland warf der Deutschen Bahn vor, es sei ihr mit der Werbekampagne darum gegangen, „sich in einer gesellschaftspolitischen Debatte politisch einseitig zu positionieren“.
Und diese Deutsche Bahn hat einem Unternehmen Bauaufträge erteilt, das Gaulands Partei viel Geld gespendet hat. Wie passt das zusammen? Auch die Bahn lässt konkrete Fragen dazu unbeantwortet. Der Konzern teilt lediglich mit, Leistungen für den Umbau der Westseite des halleschen Hauptbahnhofs seien „nach geltendem Recht ausgeschrieben und vergeben“ worden, und zwar „im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung“ an eben die Arbeitsgemeinschaft, an der auch Hentschke Bau beteiligt ist.
Kritiker Krehl: „Die Bahn reagiert ausweichend.“
Kritiker Krehl ärgert sich darüber: „Die Bahn reagiert ausweichend.“ Sie solle wenigstens klarstellen, so Krehl, dass sie hier ein Unternehmen gebunden habe, dessen Werte sie nicht teile. Darüber hinaus fordert Krehl, entsprechende Firmen künftig von vornherein von der Vergabe von Aufträgen auszuschließen. „Ich bin überzeugt, dass das möglich ist.“
Aber ist es das? Kann man Firmen wegen ihrer politischen Sympathien, zum Beispiel der Spenden an eine bestimmte Partei, bei einem Vergabeverfahren außen vor lassen? Anruf bei Anja Kühlborn: „Das geht natürlich nicht“, sagt die Fachanwältin für Vergaberecht in Halle. „Ein Auftraggeber kann bestimmte Eignungskriterien festlegen, da geht es aber um die Fachkunde und die Leistungsfähigkeit einer Firma.“ Man könne auch, so Kühlborn, in einer Ausschreibung verlangen, dass die Arbeiten in einer bestimmen Qualität erledigt werden. „Aber man kann nicht eine Firma von einer Vergabe ausschließen, weil einem die Partei, an die diese Firma gespendet hat, nicht gefällt.“
Dabei gibt es laut Kühlborn sehr wohl Ausschlussgründe in Vergabeverfahren. Etwa wenn ein Unternehmen in kriminelle Geschäfte verwickelt sei, zahlungsunfähig sei oder keine Steuern zahle. „Aber die politischen Präferenzen des Geschäftsführers oder des Firmenchefs gehören nicht dazu.“ (mz)