Interview mit Katrin Budde Interview mit Katrin Budde: Die Spitzenkandidatin der SPD gibt sich kampflustig
![SPD-Chefin Katrin Budde](https://bmg-images.forward-publishing.io/2021/4/22/d75ebdeb-a83d-4673-898a-7eb9a1863139.jpeg?auto=format)
Magdeburg - Am Sonntag wird SPD-Landtags- und Fraktionschefin Katrin Budde von ihrer Partei als erste der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl 2016 gekürt. Zum Interview kam sie nach einem Skiunfall noch an Krücken, am Sonntag will sie auf Gehhilfen jedoch verzichten. Mit der 49-jährigen Magdeburgerin sprachen die MZ-Redakteure Kai Gauselmann und Hendrik Kranert-Rydzy.
Frau Budde, zunächst die wichtigste Frage: Wie geht es dem wichtigsten Knie der Landes-SPD?
Budde: Viel besser, aber es ist noch Luft nach oben. Ostern soll ich wieder normal laufen können.
Am Sonntag ist Krönungsmesse. Haben Sie schon Angst?
Budde: Bei uns wird ja nicht gekrönt, sondern gewählt. Aber im Ernst: Angst habe ich keine, aber Aufregung ist dabei. Es ist schon was anderes, tatsächlich Spitzenkandidatin zu werden. Da zieht man den Karren noch einmal anders als jetzt. Ich habe zwar schon immer politische Themen gesetzt, aber als Spitzenkandidatin steht man noch ganz anders im Fokus...
...da wird dann auch geschaut, wohin man mit dem Dienstwagen fährt. Bereuen Sie die Tour in den Winterurlaub inzwischen?
Budde: Ich habe die Kilometer korrekt abgerechnet und bin damit sehr offen umgegangen. Deshalb gab es mir persönlich gegenüber überraschenderweise auch keine negativen Reaktionen.
Sie tragen das erste Mal als Spitzenkandidatin Verantwortung - und wenn es schiefgeht, können Sie es schlecht auf die Parteichefin oder die Fraktionsvorsitzende schieben.
Budde: Stimmt, man gewinnt und verliert zwar gemeinsam als SPD. Aber natürlich bin ich am Ende die Spitzenkandidatin und ein Teil der Verantwortung liegt bei mir. Das weiß man aber vorher. Ich habe mir das ja nicht erst gestern überlegt, das war ein längerer Prozess.
Auf der nächsten Seite: Katrin Budde spricht über ungebetene Ratschläge und darüber, dass die SPD nicht hinter die Linken gehört.
Finanzminister Jens Bullerjahn wollte ja nicht mehr - und hat Ihnen ja schon öffentlich Rat angeboten. Freuen Sie sich schon auf viele ungebetene Ratschläge?
Budde: Das sind keine ungebetenen Ratschläge. Auch wenn wir inhaltlich öfters unterschiedlicher Meinung sind, sprechen wir viele Sachen gemeinsam ab. Er redet mir auch nicht rein. Und bei allen Differenzen beim Thema Konsolidierung: Man muss anerkennen, dass er Sachsen-Anhalt da zu hoher Anerkennung verholfen hat.
Ist er eine Option für Ihr Kabinett?
Budde: Ja, aber ich mache vorher keine Zusagen. Wir müssen erst den Bären erlegen, bevor wir das Fell verteilen können. Deshalb werde ich auch kein Kompetenzteam bilden.
Müssen Sie nicht sogar zwei Bären erlegen - CDU und Linke?
Budde: Wir wollen auf jeden Fall so stark werden, dass wir eine Regierung anführen können. Angesichts der vergangenen Wahlergebnisse wird es sicher schwerer, die CDU als die Linke zu überholen. Aber stärker als die Linke zu werden, ist eines meiner Wahlziele. Ich will nicht, dass wir auf Dauer hinter der Linken bleiben, da gehört die SPD nicht hin.
Und was ist, wenn es nicht reicht, es auf eine Juniorrolle unter den Linken hinaus laufen könnte?
Budde: Dann gibt es eine Mitgliederbefragung.
Und was wird aus Ihnen?
Budde: Das, was ich immer gesagt habe: Ich gehe dann nicht ins Kabinett, weil ich mein Wahlziel nicht erreicht habe. Die Entscheidung der SPD wird am Ende jedenfalls nicht daran hängen, ob ich einen Ministerposten bekomme. Ich verzichte dann.
Und in der Fraktion?
Budde: Dazu sage ich nichts. Lassen wir die Bürger erstmal wählen.
Unter Jens Bullerjahn ist die SPD zweimal nur Dritter geworden - werden dessen Kürzungsdebatten nicht auch Ihnen angelastet werden?
Budde: Das wird eine Rolle spielen, klar. Ich glaube aber, dass ich eine bessere Chance habe, weil ich nicht als Finanzministerin, sondern als Fraktions- und Landesvorsitzende in den Wahlkampf gehe. Ich werde nicht so sehr mit dem Thema Sparen verbunden. Neue Ideen und Vorschläge wird man mir eher abnehmen.
Auf der nächsten Seite: Die SPD-Kandidatin hat schon Ideen und Vorschläge, wie sie das Land zu neuer Größe führen will.
Und die wären?
Budde: Ein paar Punkte gibt es schon. Mir ist besonders wichtig, dass wir das Land nach außen besser darstellen. Wir haben schließlich etwas zu bieten. Ich will, dass wir Abschied vom Billiglohnland nehmen. Das ist kein Zukunftsmodell für Sachsen-Anhalt. Auch Haseloff hat lange mit den niedrigen Löhnen hier geworben. Damit muss Schluss sein. Und ich will mich für betriebliche Regelungen einsetzen, die älteren Arbeitnehmern und Familien mit Kindern das Arbeiten erleichtern. In Einzelfällen machen das Betriebe schon, aber es wäre doch schön, wenn das in Sachsen-Anhalt zum Markenzeichen wird. Dann braucht man nicht wie die CDU Schrankwände für Rückkehrer zu bezahlen, dann bleiben die Familien einfach hier. Und wir müssen einen sozialen Arbeitsmarkt für jene entwickeln, die seit Jahren nicht zurück in den Arbeitsmarkt finden.
Und die Finanzen?
Budde: Grundsätzlich muss es auch weiterhin eine vernünftige Haushaltspolitik geben, ich will auch keine neue Verschuldung. Dass muss auch die Linke anerkennen. Dann ist aber die Frage, was macht man mit dem Geld. Da hoffe ich, dass mein Finanzminister Recht hat und wir die Rendite der vergangenen Spar-Jahre einfahren. Ich möchte dann zusammen mit dem Kabinett und dem Parlament Schwerpunkte festlegen und nicht wieder in den Wettstreit treten, ob wir mehr Lehrer oder Polizisten oder beides brauchen.
Auf die nächste Frage brauchen wir nur einen Buchstaben als Antwort. Wenn es so weiterginge wie jetzt, als Juniorpartner der CDU, wäre das für Sie: a) wie täglich grüßt das Murmeltier, b) eine vernünftige Lösung oder c) der Beginn einer wundervollen Amtszeit als Wirtschaftsministerin?
Budde: (lacht) Sind Mehrfachnennungen möglich?
Sie sind ja ein eingefleischtes Magdeburger Mädchen. Gruselt es Ihnen eigentlich schon vor Wahlkampfauftritten in Halle?
Budde: Nein, gar nicht. Halle ist eine schöne Stadt mit ganz viel Potenzial. Sie hat halt andere Stärken als Magdeburg. Und damit Sie nicht denken, ich will den Hallensern Honig ums Maul schmieren: ich gehe die Abiball-Kleider meiner Töchter in Halle kaufen. (mz)