Insolvenz Insolvenz: In Nizza gestrandet
Halle (Saale)/MZ. - Eine Traumreise war sie nicht, diese Sieben-Länder-Kreuzfahrt, auf die Magdalena Ruft und Günter Wittig aus Halle sich so lange gefreut hatten. Ihr Schiff kam nicht weit: Die MS Delphin, auch schon mal zu Dreharbeiten unterwegs, lag still in einer malerischen Bucht. Drei Tage lang sahen die rund 500 Passagiere die Dächer von Nizza, wo das Urlaubsschiff am 23. September abgelegt hatte. Und schließlich wurden die Urlauber ausgeschifft, in Rettungsbooten fuhren sie zurück an Land - die Reise war vorbei. Ein Maschinenschaden sei schuld, hieß es am Hafen.
Doch es kam noch ärger. "Wir bekommen von Hansa-Kreuzfahrten den Reisepreis nicht wieder", sagt Ruft, "weil der Reiseveranstalter zwei Wochen später Pleite gegangen ist." Die Firma gehört zur Hamburger Delphin-Unternehmensgruppe. Und die hat wegen Zahlungsunfähigkeit am 12. Oktober beim Hamburger Amtsgericht Insolvenz beantragt.
Ob die MS Delphin jemals wieder auf Reise geht, sei derzeit ungewiss, sagte am Freitag Olaf Büchler. Der Hamburger Anwalt ist zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Bereits gebuchte Reisen würden den Wettbewerbern angeboten, schon geleistete Anzahlungen erstattet oder angerechnet, versichert er. Die geplanten Kreuzfahrten der MS Delphin wurden ebenso abgesagt wie die ihres Schwesterschiffs MS Delphin Voyager. Die Dephin Group veranstaltet weltweite Kreuzfahrten. Zum Konzern gehören mehrere Töchter. Gegründet wurde das Unternehmen 1981 in Offenbach. Seit Dezember 1996 ist der Hamburger Reeder Heinz-Herbert Hey alleiniger geschäftsführender Gesellschafter.
Magdalena Ruft fragt sich in schlaflosen Nächten unterdessen immer wieder: "Müssen wir unser Geld wirklich in den Wind schreiben?" Zwei Jahre hatten sie gespart. Ein gemeinsamer Urlaub ist für das Paar fast nur bei solch einer Kreuzfahrt möglich, denn Günter Wittig ist Dialyse-Patient. Und an Bord der MS Delphin gibt es die dafür erforderlichen Apparate.
Ein Hoffnungsschimmer bleibt Magdalena Ruft. "Wir haben ja einen Sicherungsschein. Den muss jeder Reiseveranstalter anbieten, um bei einer Pleite den Reisepreis zurückzahlen zu können", sagt sie. Doch inzwischen erklärte sich der Insolvenzversicherer als nicht zuständig. "Die Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters war zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht gegeben", heißt es in einem Schreiben. Die beiden Hallenser sollen sich in die Schlange aller Gläubiger einreihen - mit einer vagen Aussicht, später aus der Konkursmasse wenigstens etwas zu bekommen.
Simone Meisel von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt sieht kaum eine Chance für einen besseren Schutz vor dem Verlust. "Dass die Reise abgebrochen wird, und später der Veranstalter Insolvenz anmeldet, das ist sehr speziell. Dagegen kann man sich nicht absichern." Anders läge der Fall, wenn die Insolvenz beim Abbruch schon bekannt war. Genau davon ist Günter Wittig überzeugt: "Sie haben herumgeeiert. Erst hieß es, eine Ölpumpe wäre kaputt, dann, falscher Diesel sei geliefert worden." Für Ruft bleibt Wut zurück. "Ich fühle mich betrogen." Und Trauer: "Es sollte unsere wahrscheinlich letzte große Fahrt werden."
Die MS Delphin dümpelt unterdessen vor Venedig im Wasser. Am 16. Oktober ließ sie dort ein Gläubiger unter Arrest stellen. Nun liegt sie in der Lagune vor Anker, an Bord die 220-köpfige Besatzung. Für eine Heimreise fehlen dem überwiegend aus der Ukraine stammenden Personal Visa und Geld. "Die Treibstoffvorräte gehen zur Neige, die Besatzung erhält keine Löhne", sagt Büchler. Er spricht von einer Notlage. Um Geld für die Rückreise der gestrandeten Seeleute zu sammeln, wurde in Hamburg ein Spendenkonto eingerichtet.