1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Immobilien: Immobilien: Böser Verdacht statt Euphorie in Beyernaumburg

Immobilien Immobilien: Böser Verdacht statt Euphorie in Beyernaumburg

Von Alexander Schierholz 21.01.2007, 18:41

Beyernaumburg/MZ. - Andere sammeln Briefmarken. Oder Münzen. Oder Zinnsoldaten. Werner Caesar Linn sammelt Burgen und Schlösser. So eine Sammlung wächst nicht schnell, aber drei alte Gemäuer kann der Jurist aus Rheinland-Pfalz schon sein Eigen nennen: die mittelalterliche Burgruine Meistersel in seiner Heimat. Schloss Gauernitz bei Meißen. Und das so genannte Unterschloss in Beyernaumburg (Kreis Sangerhausen). "Ich will mich für den Erhalt von Baudenkmälern einsetzen", begründet der 33-Jährige sein ungewöhnliches Hobby.

Deshalb waren in dem 800-Seelen-Dorf bei Sangerhausen die Hoffnungen groß, als der Pfälzer vor einigen Jahren zusammen mit seiner Mutter das Unterschloss ersteigerte - für damals gerade mal 50 000 Mark. Doch von der Euphorie ist nichts geblieben. Ein Bauzaun, gesichert mit einer massiven Kette, versperrt den Weg auf das Gelände. Rechts fällt der Blick auf ein Gebäude, dem das Dach fehlt. Im linken Flügel pfeift der Wind durch die Fenster, immerhin sind die Dächer neu gedeckt - zum Teil hat das noch die Gemeinde in Auftrag gegeben. Holzbalken, vermutlich von einem Dachstuhl, liegen auf Haufen. Die Szenerie erweckt nicht den Eindruck, als würde dort gerade saniert.

Stattdessen liegen Beyernaumburg und Linn, der im Unterschloss Wohnungen ausbauen will, seit Jahren im Clinch miteinander. Unter anderem geht es um eine durch die Gemeinde angeblich nicht fachgerecht sanierte Mauer. Um Straßenausbaubeiträge. Um Ersatz für Schäden, die die Kommune hinterlassen haben soll. Und um mehrere zehntausend Euro Miete - so genannte Nutzungsentschädigung -, die Linn von dem Ort rückwirkend fordert. "Weil wir die Anlagen mehrere Jahre als Bauhof genutzt haben, bevor er kam", sagt Bürgermeister Jörg Schröder (parteilos). Unentgeltlich, in Absprache mit dem vorherigen Eigentümer, der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft. Die Geschichte der Streitigkeiten, die auch die Gerichte beschäftigen, ist kompliziert. Jede Seite hat ihre eigene Version.

Auch im sächsischen Gauernitz verdreht mancher die Augen, wenn von Werner Caesar Linn die Rede ist. Dort stockt die Sanierung des stattlichen Schlosses ebenfalls, die Kommune droht, von ihrem Rückkaufrecht Gebrauch zu machen. "Noch haben wir das nicht umgesetzt", sagt Ortsvorsteher Helmut Wetzel. Er befürchtet, Linn würde Gegenforderungen aufmachen. Der Streit schwelt weiter. Auch in Rheinland-Pfalz. Dort möchte das Land sein Vorkaufsrecht für die Burg Meistersel ausüben, wogegen Linn klagt.

Peter Marx begrüßt Linns Engagement für die Burgruine in der Pfalz. Der Mann ist auch in Ostdeutschland kein Unbekannter. Marx ist Landesvorsitzender der rechtsextremen NPD in Rheinland-Pfalz und Generalsekretär der Bundes-NPD. In Sachsen war er eine Zeit lang Geschäftsführer der dortigen Landtagsfraktion. Jetzt ist er in gleicher Funktion in Schwerin. Nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Rheinpfalz" unterstützt die NPD das Meistersel-Vorhaben Linns. Mit Geld? "Nein, eher moralisch", so Marx zur MZ. "Wir erachten es als sinnvoll, wenn jemand solche alten Gemäuer kauft und erhält." Zu den anderen Schloss-Projekten des jungen Pfälzers gebe es aber "politisch keine Verbindung".

Komisch nur, dass Werner Caesar Linn von Peter Marx nichts wissen will. "Ich kenne ihn nicht und habe mit ihm noch nie zu tun gehabt", behauptet er. Auch zu anderen NPD-Mitgliedern habe er keinen Kontakt. Berichte über angebliche Verbindungen zur rechten Szene nennt der 33-Jährige "Schwachsinn". Allerdings hat Linn zur Bezirkstagswahl 1999 in Rheinland-Pfalz auf der Liste der "Pfalz-Partei" kandidiert, wie er selbst einräumt. Die Gruppierung wurde seinerzeit wegen rechtsextremistischer Bestrebungen vom Verfassungsschutz beobachtet. "Im Moment bin ich dort nicht engagiert", beteuert Linn.

Beim Verfassungsschutz in Magdeburg ist Linn nicht bekannt. Bürgermeister Jörg Schröder glaubt denn auch nicht an rechte Umtriebe in Beyernaumburg. Ihn ärgert viel mehr, dass im und am Unterschloss nichts mehr passiere. "Der Zustand wird zusehends schlechter." Wenigstens seien die Dächer neu eingedeckt, wofür Linn sogar noch Geld aus dem Dorferneuerungsprogramm kassiert habe.

Demnächst wird er wohl noch Geld aus der Gemeindekasse dazu bekommen. Das Oberlandesgericht Naumburg urteilte, der Ort müsse die von Linn eingeklagte Nutzungsentschädigung teilweise und den verlangten Schadenersatz komplett bezahlen - laut Linn macht das etwa 75 000 Euro.

Bürgermeister Schröder fällt dazu nur noch eines ein: "Herr Linn ruiniert unsere Gemeinde." Allein für Anwalts- und Gerichtskosten hätten im Haushalt seit 2002 jährlich 15 000 Euro eingeplant werden müssen. 2006 werde es wohl noch etwas mehr sein. Nach Meinung Schröders ist das Vorgehen Linns "eine Masche, um an Geld zu kommen". Der weist das empört von sich: "Ich fahre damit ja nicht nach Mallorca. Ich investiere die Mittel." Kredite für Bauarbeiten will der Pfälzer allerdings nicht aufnehmen. "Es geht weiter, aber Stück für Stück."

Einstweilen kann das Unterschloss noch ein wenig vor sich hinbröckeln. "Das ist ein Millionengrab", sagt Schröder.