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Nordkreuz-Feindesliste Hallenser auf Nordkreuz-Feindesliste: Waren Betroffene im Visier der mutmaßlichen Rechtsterroristen?

Von Markus Decker und Tim Fuhse 20.07.2019, 08:00

Halle (Saale) - Auf der knapp 25.000 Einträge langen Feindesliste der mutmaßlichen rechtsradikalen Terrorgruppe „Nordkreuz“ stehen auch Menschen aus Sachsen-Anhalt. Unter den Namen finden sich 49 Personen aus Halle. Das geht aus einer Auswertung der Stuttgarter Zeitung hervor, die der MZ vorliegt.

Damit ist erstmals bestätigt, dass Menschen aus dem Bundesland ins Visier der mutmaßlichen Rechtsterroristen aus Mecklenburg-Vorpommern geraten sind. Die meisten Betroffenen stammen aus Berlin (861), Hamburg (359), Leipzig und München (je 259).

Wie sehr die Personen auf der Liste tatsächlich bedroht sind, steht infrage. Das Bundeskriminalamt entschärfte am Freitag entsprechende Befürchtungen. „Eine Gefährdung der genannten Personen, Institutionen und Organisationen ist nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes aktuell auszuschließen. Es handelt sich insofern nicht um Feindes- oder gar Todeslisten“, sagte eine BKA-Sprecherin dem Nordkurier.

„Nordkreuz“-Liste: Bundesanwalt ermittelt

Tatsächlich hat „Nordkreuz“ seine Liste vor allem mit einem gehackten Datensatz gefüllt, der seit Jahren im Internet kursiert. Ein Großteil der 25.000 Namen stammt aus der Kundenliste des linken Duisburger Punkrock-Versands „Impact Mailorder“. Unbekannte hatten den Händler im Jahr 2015 gehackt und die Kundendaten samt Adressen, Telefonnummern und Mail-Accounts gestohlen. Anschließend wurde die Namensliste in rechten Kreisen verbreitet - und landete schließlich auch bei „Nordkreuz.“

Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit 2017 wegen des Verdachts der Vorbereitung einer terroristischen Straftat gegen einzelne Mitglieder des Netzwerks. Sie sollen sich für einen „Tag X“ bewaffnet und Anschläge auf politische Gegner geplant haben. Im Rahmen der Ermittlungen stellten die Sicherheitsbehörde auch die Liste mit rund 25.000 Namen sicher. Ein Bundeswehr-Reservemajor aus dem „Nordkreuz“-Netzwerk sagte der der Polizei, die Namen seien gesammelt worden, um Gegner „im Konfliktfall“ zu liquidieren.

Nach Bekanntwerden der Liste war in Sachsen-Anhalt darüber diskutiert worden, ob die Landespolizei mutmaßlich Betroffene informieren müsse. Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Linke) forderte das Innenministerium vergangene Woche dazu auf. „Wir erwarten, dass Innenminister Stahlknecht dafür sorgt, dass das Landeskriminalamt auch hierzulande umfassend ermittelt, die betroffenen Personen informiert und in jedem dieser einzelnen Fälle eine Gefährdungsprognose erstellt wird.“ Auch über Schutzmaßnahmen solle aufgeklärt werden.

Antwort auf MZ-Anfrage steht aus

SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben sprach sich ebenfalls dafür aus, Betroffene in jedem Fall zu informieren. Dazu müsse aber Kontext geliefert werden, ob Menschen tatsächlich gefährdet oder eher aus Zufall auf der Liste gelandet seien. Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel forderte einen zentralen Ansprechpartner beim Landeskriminalamt, an den sich Bürger wenden können.

Die MZ-Anfrage, ob Betroffene aus Sachsen-Anhalt nach den jüngsten Erkenntnissen informiert werden, beantwortete das Innenministerium am Freitag zunächst nicht. (mz)