Grundschul-Schließungen in Sachsen-Anhalt Grundschul-Schließungen in Sachsen-Anhalt: Kultusministerium veröffentlicht neue Streichliste

Magdeburg/MZ - Die Grundschulreform wird vor allem den südlichen Teil Sachsen-Anhalts treffen. Von den Schulschließungen sind im Harzkreis sechs, im Salzlandkreis vier, in Anhalt-Bitterfeld und Burgenlandkreis je zwei, Mansfeld-Südharz und Saalekreis je drei und im Landkreis Wittenberg eine Grundschule betroffen. Insgesamt stehen 32 Schulen zur Disposition, fünf davon sollen allerdings zunächst als Außenstellen fortbestehen. Das geht aus einer Liste hervor, die das Kultusministerium am Montag vorgelegt hat. Fragezeichen stehen noch hinter den Grundschulen Schköna, Cobbelsdorf (beide Kreis Wittenberg) und Estedt (Altmarkkreis Salzwedel), wo die Kommunen noch entscheiden müssen.
Mindestens 60 Schüler
Erst zum Wochenende hatte Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) Entwarnung gegeben: Statt wie ursprünglich befürchtet 60, müssten zum Ende des Schuljahres nur 30 der 537 Grundschulen schließen. Laut einer Ministeriumssprecherin werden die Außenstellen zunächst für ein Jahr genehmigt - unter anderem, weil in den als Fusionspartner in Frage kommenden Schulen noch nicht alle Schüler Platz finden oder Räume saniert werden.
Anlass der Schließungen sind die Vorgaben zur Mindestschülerzahl. Jede Schule muss mindestens 60 Schüler haben, in besonders dünn besiedelten Gebieten 52. Dass weniger Schulen als befürchtet schließen müssen, hatte das Ministerium damit begründet, dass die Kommunen als Schulträger unter anderem neue Einzugsbereiche eingerichtet und so Schüler neu verteilt haben.
Die Übersicht über die Grundschulen, die geschlossen werden, finden Sie auf der nächsten Seite.
Walter Helbling vom Aktionsbündnis „Grundschulen vor Ort“ geht jedoch weiter davon aus, dass in Wahrheit viel mehr Schulen gefährdet sind. 211 Grundschulen hätten weniger als 100 Schüler. Das sei aber die Mindestgrenze, um in den Genuss von Fördermitteln aus dem Sanierungsprogramm Stark III zu kommen. Bei Stark III verwendet das Land Fördermittel der Europäischen Union, um damit Schulen und Kindergärten zu modernisieren. Wegen der Fördermittel müssen die Schulen aber langfristig bestehen. Helbling fürchtet eine größere zweite Schließungswelle, um den Stark-III-Kriterien zu genügen. „Minister Dorgerloh muss die Karten auf den Tisch legen“, forderte Helbling. Er wirft Dorgerloh „Desinformation“ vor. „Man will jetzt Druck aus dem Thema nehmen wegen der bevorstehenden Landräte-Stichwahlen.“
Keine langfristigen Schüler-Prognosen
Auch der Landeselternrat reagierte kritisch - aber aus anderen Gründen. „Das Ministerium verfolgt eine Politik der kleinen Schritte“, sagte Elternrats-Sprecher Alexander Baumbach. Erst würden 60 Schließungen angedroht, mit nur 30 aber dann die Wogen geglättet. „Dabei ist 30 immer noch eine große Zahl mit vielen Betroffenen“, sagte Baumbach. Kultusstaatssekretär Jan Hofmann (SPD) habe dem Elternrat auch mitgeteilt, dass das Ministerium gar keine belastbaren mittel- und langfristigen Schüler-Prognosen habe und deshalb bei der Planung „auf Sicht fahre“. Ohne belastbare Zahlen Schulschließungen in dieser Größenordnung anzugehen, hält Baumbach aber für verfehlt. „Das Ministerium spielt Blindekuh im Minenfeld.“