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Gedenkstätte Marienborn Gedenkstätte Marienborn: Suche nach einem Original der SM-70

Von Christian Schafmeister 08.08.2007, 20:32

Halle/MZ. - Mehr als ein Jahrzehnt lang gehörte die Selbstschussanlage vom Typ SM-70 zum umfassenden System der DDR-Sperranlagen. Die Gedenkstätte Marienborn bemühte sich aus dem Grund um ein Original für eine neue Ausstellung über die innerdeutsche Grenze. Da diese Anlagen aber weiter unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft in Magdeburg (siehe Beitrag Seite 1). Laut Landeskriminalamt gelten die Anlagen als Personenminen.

Viele Splitter

Bei den von 1971 an aufgestellten "Tötungsautomaten" handelte es sich um Splitterminen mit einem Richttrichter. Einer Schrotladung ähnlich feuerte die SM-70 dabei rund 100 Stahl- und Eisensplitter ab. Ausgelöst wurde sie nach der Berührung eines Kontaktdrahtes durch einen elektrischen Impuls.

"Die Entwicklung der Anlagen begann in den 60er Jahren", erklärt Rüdiger Wenzke vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam. Eingesetzt wurden sie dann seit den 70er Jahren. Die Automaten wurden entlang der Grenze an den Metallzäunen in unterschiedlicher Höhe montiert. Sie sollten ebenso wie Stacheldraht-Hindernisse, Gräben, Stolperdrähte, Warnanlagen und Minen die Flucht von DDR-Bürgern verhindern. Die ersten dieser Todesmaschinen hatten einen Wirkungsbereich von 25 bis 35 Metern. "1983 waren knapp 60 000 Anlagen installiert", sagt Wenzke.

Der Abbau der Selbstschussanlagen, der Ende 1983 begann, kam dann für viele überraschend. "Das war eine Entscheidung Erich Honeckers, die er auch ohne Wissen der Sowjets getroffen hat", betont Wenzke. "Offensichtlich war der Milliardenkredit für die DDR, den der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß (CSU) eingefädelt hatte, an den Abbau der Anlagen gekoppelt."

Opferzahl unklar

Wie viele Menschen von Selbstschussanlagen getötet oder aber verletzt wurden, ist nicht bekannt. Die Anlagen konnten zum Schutz der DDR-Grenzsoldaten zwar zentral abgeschaltet werden. Ermittlungsbehörden gehen aber davon aus, dass neben vielen Flüchtlingen auch Angehörige der Grenztruppen bei Wartungsarbeiten zu Opfern der SM-70 wurden.

Was nach dem Abbau passierte, lässt sich nur vermuten. Das Militärhistorische Forschungsamt vermutet, dass die Anlagen im Grenzgebiet zwischengelagert und dann zentral vernichtet wurden. Eine Einschätzung, die Rainer Potratz von der Gedenkstätte Marienborn teilt. "Wir haben uns in zahlreichen Museen erkundigt und dabei keine einzige Anlage mehr gefunden."