Gebirge Gebirge: Felsstürze in der Sächsischen Schweiz
Dresden/dapd. - Mindestens dreimal polterte es in diesem Jahrbereits in der Sächsischen Schweiz. Im April brach am Kuhstall,einem bekannten Wanderziel, ein Felsturm zusammen, im März und imJanuar stürzten im Polenztal und im Schulzengrund Felsteile ab.Verletzt wurde zwar niemand, doch die Masse des abgebrochenenSandsteins ist beeindruckend: «Am Kuhstall waren es bis zu 30Kubikmeter, also etwa 60 Tonnen, im Polenztal 40 Kubikmeter unddamit 80 Tonnen», erklärt Peter Dommaschk vom Landesamt für Umwelt,Landwirtschaft und Geologie.
Der Diplom-Ingenieur für Geotechnik wird gerufen, wenn sich imElbsandsteingebirge die Steinmassen bewegen. Mit Fotokamera,Notizbuch und einem speziellen Geologenkompass ist er zur Stelle, umdie bröckelnden Felsen zu begutachten. «Untersucht werden diegeologischen Verhältnisse vor Ort, um einzuschätzen wie gefährlichdie Situation denn wirklich ist», sagt er. Er nimmt die Stellen inAugenschein, wo Felsstücke abgebrochen und liegen geblieben sind undmisst die Entfernungen zu Straßen, Häusern und Wegen. Und er wägtab, ob weitere Gefahren drohen und deshalb Wanderpfade gesperrtwerden müssen. Für die Behörden sind seine EinschätzungenHandlungshinweise.
Zwtl: Felsabbrüche nichts Ungewöhnliches
Sicher sei in diesem Frühjahr einiges passiert, schildert derGeologe. Doch die Zahlen lägen im normalen Bereich, in derSächsischen Schweiz bröckele es nicht häufiger als üblich. Seit 2004werden alle Felsstürze im Freistaat in einer Datenbank desLandesamtes erfasst. «Darüber hinaus registrieren wir auchSteinschläge - also all die Vorkommnisse, wo weniger als zehnKubikmeter Gestein sich verlagern - sowie Rutschungen», erklärtDommaschk. Nicht jeder Felssturz wird entdeckt, doch insgesamt 391Ereignisse sind in der Datenbank derzeit verzeichnet, 151 davon fürdas Elbsandsteingebirge. Dort sind 2008 und 2009 Fels und Bodensechsmal in Bewegung geraten, für dieses Jahr gibt es bereits fünfEinträge.
Felsabbrüche ereignen sich vor allem im Frühjahr. KleineGesteinsrisse, in die Wasser eingedrungen ist, werden beim Wechselzwischen Frost und Tauwetter immer mehr aufgebrochen. Diesemeteorologischen Einflüsse sind meist das letzte Initial eineslangen Verwitterungsprozesses, sagt der Geologe: «Gesteine sindkeine homogenen Materialien, sie haben Trennflächen, durch die siein sogenannte Kluftkörper aufgeteilt werden.» Ein Beispiel fürsolche Verwitterungsprozesse sind die in der Sächsischen Schweizhäufigen Felsüberhänge - hier ist weicheres Gestein zerbröselt, undder wie ein Balkon überstehende Fels hat nur noch Halt imdahinterliegenden Massiv.
Um gefährliche Stellen rechtzeitig aufzuspüren, startet Dommaschkmehrmals im Jahr zu Kontrollbegehungen. Dabei begutachtet er nebenden Wanderwegen wichtige Ausflugsziele wie die Festung Königsteinoder die Felsenbühne Rathen. Neben dem Geologen registrieren auchKletterer aufmerksam Änderungen an den Felsen.
«Bröckelt es, so spricht sich dies unter Bergsteigern undWanderern schnell herum», erzählt Ludwig Trojok vom SächsischenBergsteigerbund. Die Zahl der Felsstürze im Elbsandsteingebirge seigenerell gering, schätzt er. Sein Verein trägt ebenfalls alleInformationen darüber zusammen, wo sich in der Sächsischen Schweizdas Gelände verändert: In der sogenannten Blockakte werden loseFelsmassen registriert. «Dort haben wir derzeit jedoch keinenennenswerten Zuläufe», sagt Trojok.
Zwtl: Wanderer sollten vorsichtig sein
Dass Menschen beim Klettern oder Wandern selbst Felsstürzeauslösen, ist laut Trojok sehr unwahrscheinlich: Das Körpergewichtsei zu gering, um die oft tonnenschweren Gesteinsmassen zu bewegen.Dass Felslandschaften sich verändern, ist nach Auffassung derBergsteiger ein natürlicher Vorgang - dementsprechend gehörtVorsicht zum Wandern im Gebirge dazu. Nur selten greifen dieBergsteiger ein, indem sie etwa Steine entfernen, die von einersteilen Wand auf einen Wanderweg hinabzufallen drohen. Einigeabsturzgefährdete Gipfel, wie etwa der obere Teil der sogenanntenSchrammstein-Nadel, sind außerdem bereits seit längerem gesperrt.
Seit kurzem ist auch ein wichtiger Wanderweg im hinteren Teil desElbsandsteingebirges wieder sicherer: Nahe der Oberen Schleuse beiHinterhermsdorf, wo Bootsfahrten viele Ausflügler anziehen, drohteein überhängendes Felsstück abzurutschen. Die Verwaltung desNationalparks Sächsische Schweiz hat Sicherungsarbeiten angewiesen,nachdem im Sommer bereits Sandstein herausgebrochen war. Nun haltenunter anderem ein Dutzend großer Gesteinsanker den Fels.