Freizeit Freizeit: Wasserspaß als Kraftakt
BAD SCHMIEDEBERG/MZ. - Nach 15 Jahren verschwimmt so manches in der Erinnerung. Eines ist dem Bad Schmiedeberger Kämmerer Frank Heerwald aber durchaus noch präsent: "Damals haben die Leute am ,Basso' bis zu drei, vier Stunden Schlange gestanden." Heute dagegen dürfte das erste in Ostdeutschland eröffnete Spaßbad dem Haushaltschef der Stadt im Landkreis Wittenberg alles andere als Freudentränen in die Augen treiben. Das 1993 eröffnete "Basso" ist geschlossen. Und die Stadt - obwohl längst nicht mehr dessen Eigentümer - muss noch über Jahre den Kredit abzahlen, den sie einst für den vom Land geförderten elf Millionen Euro teuren Bau aufgenommen hat. Rund eine halbe Million pro Jahr, sagt Heerwald. Für ein leeres Bad, für das auch die Kommune nun Investoren sucht.
Die Krise hatte sich angekündigt. 2001 verkaufte die hoch verschuldete Stadt das "Basso" für einen symbolischen Preis an einen Privatinvestor. Doch der neue Betreiber kam bald ins Trudeln. Stromschulden summierten sich, beim Abwasserzweckverband liefen Außenstände auf. 2003 wurde ein erster Insolvenzantrag gestellt, danach war das Bad immer wieder zeitweise zu. Neue Investoren sprangen ab, mit Banken verhandelte der Betreiber erfolglos. Im Januar zog er nun die Reißleine.
Es war ein Aus mit Ansage, wie es Experten generell nur wenig verwundert. "In den 90er Jahren herrschte eine Riesen-Euphorie im Osten. Da wurde sehr viel parallel gefördert - mit zum Teil eklatanten Überschneidungen der Einzugsgebiete", sagt Klaus Batz, Geschäftsführer der European Waterpark Association, einer Vereinigung von Erlebnisbädern. So brachte es dem Basso Probleme, als 15 Kilometer weiter im sächsischen Bad Düben ein Erlebnisbad entstand.
"Im Erzgebirge zum Beispiel wurden die Bäder wie an einer Perlenkette aufgereiht", so Batz. Deren Wirkung aber sei überschätzt worden: "Touristen nutzen so ein Bad oft nur als Schlechtwettervariante." Folge: Auch aus Thüringen gab es Insolvenzmeldungen, zuletzt vom Aushängeschild - den Oberhofer Rennsteigthermen, die nun mit Landeshilfe umgebaut werden. In Warnemünde an der Ostsee kam für das "Samoa" schon 18 Monate nach der Eröffnung das Aus.
"Damals wollten zu viele Kommunen zu viel umsetzen. Fördermittel gab es aber nur für den Bau. "Wenn dann die Betriebskosten nicht bewältigt werden, gehen schnell die Lichter aus", sagt Joachim Heuser, Sprecher im Bundesverband Öffentliche Bäder, der für Deutschland rund 300 bis 350 Erlebnisbäder listet. Dass diese sich selbst tragen, sei die Ausnahme - meist erreichten sie eine Kostendeckung von 70 bis 80 Prozent.
Den Rest müssen - wie beim "Woliday" in Bitterfeld-Wolfen - oft die Kommunen tragen. Auf rund 500 000 Euro ist der Zuschuss dort gestiegen, im ersten vollen Betriebsjahr 2002 waren noch rund 390 000 Euro kalkuliert worden. Dabei seien die Besucherzahlen seit Jahren relativ konstant, sagt Heiko Landskron, Chef des kommunalen Eigenbetriebes Freizeitforum Bitterfeld-Wolfen. 102 000 Gäste wurden 2008 gezählt.
Zu kämpfen hatte allerdings auch das "Woliday". Gegen Erwartungen etwa, die Studien vor dem Bau herauf beschwörten. Da sei berechnet worden, dass Gäste aus 100 bis 130 Kilometer Entfernung kommen, so Landskron - völlig unrealistisch. Allerdings ging auch seine Kalkulation von drei Badbesuchen der Wolfener pro Jahr nicht auf: Die Stadt verlor tausende Einwohner. "Das mussten wir kompensieren, indem wir in anderen Regionen wildern." Und das, wo auch im nahen Köthen längst ein Erlebnisbad existiert.
Viele Einnahmen hat das "Woliday" me über Kurse und Präventionsmaßnahmen. "Nur mit Bade- und Saunabetrieb könnten wir nicht überleben", so Landskron. Und schon gar nicht ohne Zuschuss. So ist er auch nur verhalten optimistisch. "Wenn die Steuereinnahmen der Stadt sinken, wird die Frage, ob wir uns so ein Bad leisten können, sicher lauter gestellt."
"Das Interesse an Erlebnisbädern ist nach wie vor groß", sagt derweil Waterpark-Association-Chef Batz. Und die Lage auf dem Spaßbad-Markt habe sich in den vergangenen drei bis vier Jahren beruhigt. "Pläne für größere neue Standorte sind mir in den neuen Bundesländern nicht bekannt - es gibt aber auch keine weißen Flecken mehr auf der Landkarte", so Batz. Nach mageren Jahren nach der Euro-Umstellung seien die existierende Bäder teilweise wieder in der Lage zu investieren.
Hoffnung macht Batz, "dass die Menschen gesundheitsbewusster werden". Darauf stellen sich die Bäder ein. "In Halle war die Entscheidung für ein Fitness-Center genau richtig", so Batz. Vor rund sechs Jahren war dieses ins Spaßbad "Maya Mare" integriert worden. "Der Fitness- und der Wellnessbereich mit Sauna laufen sehr gut", sagt Stefan Böttinger, Sprecher der Stadtwerke, die das "Maya Mare" mittlerweile betreiben. 2008 seien Besucherzuwächse zum Teil im zweistelligen Prozentbereich registriert worden. "Vor allem Fitness für Ältere ist ein Renner. Aber auch im Badebereich hatten wir erstmals wieder Zuwachs." Nach Millionenverlusten vor Jahren ist das vergangene Geschäftsjahr laut Böttinger mit plus minus Null abgeschlossen worden. Nur unweit von der Sachsen-Therme Leipzig "haben wir unsere Nische gefunden".