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Freizeit Freizeit: Kettenrasseln am Rande der Altmark

Von Sabine Fuchs 04.06.2007, 06:23
Jörn Kipp (oben), Ausbilder in der Panzerfahrschule «Panzer-Power» und sein Fahrschüler Peter Holland rollen mit einem Schützenpanzer «BMP1» über ein ehemaliges Militärgelände in Mahlwinkel (Ohrekreis). (Foto: dpa)
Jörn Kipp (oben), Ausbilder in der Panzerfahrschule «Panzer-Power» und sein Fahrschüler Peter Holland rollen mit einem Schützenpanzer «BMP1» über ein ehemaliges Militärgelände in Mahlwinkel (Ohrekreis). (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Mahlwinkel/dpa. - Dennoch geht es ziemlichmilitärisch zu. Ein noch aus sowjetischer Produktion stammenderSchützenpanzer BMP 1 steht an der Piste bereit, nicht weit davonwartet der geländegängige Transportlaster Ural 4320. Beide gehören zu20 Militärfahrzeugen, mit denen Privatleute seit einem halben Jahrfür das entsprechende Kleingeld durch das Gelände preschen können.«Aus ganz Deutschland und aus dem Ausland kommen Interessenten», sagtSven Brandt, Geschäftsführer von «Panzer Power». Außer in Mahlwinkelgebe es deutschlandweit nur noch eine Panzerfahrschule inBrandenburg.

Peter Holland aus Ulm (Baden-Württemberg) ist für den Kick aufKetten weit gereist. Er bekam die Fahrt mit dem Schützenpanzer BMP 1von seinem Sohn zum Geburtstag geschenkt. Nach einer Einweisung vonFahrlehrer Jörn Kipp rollt der Panzer zum 1,3 Kilometer langenRundkurs auf dem ehemaligen Kasernengelände der Sowjetarmee. Auf undab geht es auf der sandigen Piste, manche Hügel haben ein so starkesGefälle, dass zarten Gemütern schon beim Hinschauen schwindlig wird.«Doch Sicherheit ist immer dabei, schließlich ist der Fahrlehrerimmer mit an Bord», sagt Brandt.

Die Idee für seine ungewöhnliche Fahrschule hatte Brandt vor einemhalben Jahr. Der passionierte Sammler von Militärtechnik - dieFahrzeuge kaufte er unter anderem in Tschechien - wurde aufAusstellungen von Besuchern immer wieder angesprochen, ob sie so ein«Eisenschwein» nicht auch einmal selbst lenken dürfen. So gründeteder gelernte Schiffsmotorenschlosser eine Panzerfahrschule. «DieNachfrage ist groß», sagt der 32-Jährige. Firmenchefs gehören ebensozur Kundschaft wie Arbeitslose oder Studenten. Es gebe sogar schoneine Warteliste.

Naturschützer sehen in den Panzerfahrten bislang keine Probleme.«Wenn die Fahrzeuge in ihren vorgegebenen Bahnen bleiben, sich dieFirma an sonstige Auflagen hält und es touristisch nicht ausufert,ist das für uns im Großen und Ganzen in Ordnung», sagt AnnetteLeipelt, Geschäftsführerin des Naturschutzbundes NABU in Sachsen-Anhalt.

Befürchtungen, wonach die Panzerfahrten ein Ausdruck zunehmendenInteresses der Bevölkerung an Militärischem in der Freizeit sind,teilen Experten nicht. «Ich sehe da keinen generellen Trend», sagtder Chef des Leipziger Institutes für Empirische Forschung, HaraldSchmidt. «Menschen, die sich für Schlachten und Waffen interessieren,hat es immer gegeben». Sie seien statistisch gesehen eineverschwindend geringe Gruppe und fallen nur bei größeren Treffen auf,etwa bei der Nachstellung von Szenen der Völkerschlacht bei Leipzig.

Die «Suche nach dem Kick» in der Freizeit habe es immer gegeben,ergänzt Thomas Schmidt-Lux, wissenschaftlicher Mitararbeiter amInstitut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. ImGegensatz zu früher sei es jetzt eben legal, privat Panzer zu fahren.

Unterdessen hat Peter Holland zwei Runden zurückgelegt. SeineBegleiterinnen Kirsten Woop und Manuela Knöpfle, die sich Anfangs aufkeinen Fall in einen Panzer setzen wollten, lassen sich jetzt dochbegeistern und drehen eine Runde mit. Auch bei Peter Jazwinski kenntdie Begeisterung keine Grenzen mehr. Nach der Fahrt mit dem BMP 1-Panzer will er noch einige Runden mit dem Ural-Laster drehen: «Wennman schon mal hier ist».