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Flüchtlingsaufnahmestelle in Halberstadt Flüchtlingsaufnahmestelle in Halberstadt: Bundeswehr erweitert Kapazität um 15 Zelte

12.08.2015, 10:07
Soldaten der Bundeswehr bauen am 12.08.2015 in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) Zelte auf.
Soldaten der Bundeswehr bauen am 12.08.2015 in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) Zelte auf. dpa Lizenz

Halberstadt - Die weißen Acht-Mann-Zelte kennt Oberst Axel Lautenschläger nur zu gut. 2011 hat er in solch einem Zelt gewohnt - in Afghanistan. „Ich hab mich mit acht Mann im Zelt wohler gefühlt, als mit drei Mann im Container“, erzählt der 51-Jährige am Mittwoch beim Aufbau von 15 Zelten für Flüchtlinge in Halberstadt. Schön sind die Zelte nicht und Freizeit-Atmosphäre wie auf einem Campingplatz kommt auch nicht auf. Doch darum geht es nicht. Die Hilfe ist bitter notwendig.

Plattenbauten reichen nicht aus

Rund 1.000 Plätze bietet die Zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge des Landes Sachsen-Anhalt (Zast) in Halberstadt normalerweise. Doch die Plattenbauten, die einst von DDR-Grenzern genutzt wurden, reichen nicht aus. Hunderte Zelte hat bereits das Deutsche Rote Kreuz auf dem Gelände aufgebaut. Inzwischen sind 1.900 Flüchtlinge in der Kleinstadt im Harzvorland angekommen. Täglich werden es 70 bis 100 mehr, sagt Zast-Leiter Eckhardt Stein. Einige Wochen werden sie bleiben, bevor sie in der Regel auf die Kommunen verteilt werden.

Das Gelände für die Bundeswehr-Zelte hat eine private Firma planiert und mit einem Schotterboden versehen. Die Zelte wurden von Pioniersoldaten aus Schleswig-Holstein nach Sachsen-Anhalt gebracht, Spezialisten, die normalerweise Feldlager errichten. In den leeren Zelten ist die Luft stickig, das ganze Gelände noch kahl und menschenleer.

Amtshilfe ermöglicht Einsatz

Ermöglicht wurde der Einsatz der Soldaten durch eine Amtshilfe. Das Land Sachsen-Anhalt hatte ähnlich wie das Land Brandenburg und die Hansestadt Hamburg um Zelte gebeten. Ein Katastrophenfall - wie es beim Bundeswehr-Einsatz beim Hochwasser an der Elbe 2013 der Fall war - musste dazu nicht ausgerufen werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vielmehr „maximale Kulanz“ zugesagt.

Wie die Zeltstadt einmal aussehen wird, zeigen die schon in Betrieb genommenen Zelte des Deutschen Roten Kreuzes. Acht schmale Feldbetten stehen eng nebeneinander, vor den Zelten hängt Wäsche auf der Leine.
Viele Bewohner berichten offen. „Ich war selbst überrascht über die Zelte in Deutschland“, sagt der 23 Jahre alte Syrer Saud Murad in perfektem Deutsch. Seit vier Tagen wohnt er in einem der Zelte. „Das leben im Zelt ist nicht so wie zu Hause, aber es ist besser als zu sterben.“ In Syrien sei er aus der Armee desertiert, dann über die Türkei geflüchtet. „Ich wollte keinen töten, ich wollte kein Mörder sein.“

Viele Menschen und viele Geschichten

Ein gleichaltriger Albanier erzählt, er sei zum Arbeiten nach Deutschland gekommen. Er habe einen Lastwagen-Führerschein, hoffe nun auf einen Job. „Das ist der einzige Weg“, sagt er. Andere kommen aus Afghanistan. „Da ist Krieg, da können wir nicht leben“, sagt ein 19-Jähriger, der mit seinem 27-jährigen Bruder gekommen ist. Die Menschen werden in Halberstadt amtlich erfasst und befragt. Rund ein Dutzend „Entscheider“ sind im Einsatz - sie müssen beurteilen, ob jemand eine Chance auf Asyl hat.
Hilfe erhalten die Flüchtlinge nicht nur von der Bundeswehr - sondern auch von Anwohnern. Mehr als 200 Menschen hätten sich gemeldet, um zum Beispiel Deutschkurse anzubieten oder Flüchtlingen einfach mal die Stadt zu zeigen, berichtet Zast-Leiter Stein. „Wir versuchen, eine Willkommenskultur zu zeigen.“ (dpa)