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Filmpremiere in Halle mit «Schultze gets the Blues» Filmpremiere in Halle mit «Schultze gets the Blues»: Hollywood in Teutschenthal

Von Kirsten Begert 15.04.2004, 17:21

Halle/MZ. - Sie alle, vom Pfarrer, Vorsitzenden der Gartensparte und Bestatter, von den Senioren im Altenheim, dem Schachclub und den Motorsportlern bis zur Dorfärztin haben bei dem im Herbst 2002 gedrehten Kinofilm mitgemischt. Als Statisten, in einer Rolle oder als Helfer.

Einer der Aufgeregtesten zur Premiere war an diesem Mittwoch wohl Leo Fischer. "Ich war in fünf Szenen dran", sagt der Leiter des Angersdorfer Chores "Sang und Klang" nervös. Sogar Interviews hat der 72-Jährige gegeben - zum ersten Mal in seinem Leben.

Sein Chor sowie die Bläser der Original Mansfelder Musikanten und der Brachstedter Musikanten stehen als alternder Musikverein Harmonie in dem dokumentarischen Spielfilm auf der Bühne, zu der letztlich die gesamte Umgebung Teutschenthals wird. Und immer wieder geht es um das wahre Leben der Gemeinde, das deren reale Bewohner ideal verkörpern. Zum Beispiel Sirko Röder in der Rolle eines jungen Motocross-Fahrers, der es nach Wunsch seines Vaters einmal besser haben soll, der ausbrechen soll. "Ich bleibe aber hier", sagt der junge Mann, im wahren Leben Auszubildender in Halle.

Die Filmemacher hätten ja der Intention des Streifens entsprechend die Kamera bewusst auf frustrierte Gesichter, trostlose Langeweile, in altmodische Wohnungen und auf verwitterte Mauern gehalten, sagt Ute Michalek, eine der Chorsängerinnen. Genau auf jene Ecken, die "seit der Wende noch verfallener aussehen als vorher."

Werner Boche mäht im Film als spießiger Zeitgenosse den Rasen. Beim Dreh war er das Mädchen für alles. "Einmal hieß es, wir brauchen Helme für die Szene, in der die Bergbau-Kollegen Schultze in den Vorruhestand verabschieden. Da habe ich alte DDR-Helme aus meinem Betrieb besorgt."

Wie er haben sich die Laiendarsteller unentgeltlich für den Film engagiert. Alle Mitwirkenden werden dafür im Abspann des bei den Filmfestspielen in Venedig 2003 für die beste Regie ausgezeichneten Filmes erwähnt. Außerdem wird die Filmmusik als CD veröffentlicht, sowohl mit dem Akkordeon-Blues des Schultze, als auch dem "Kein schöner Land" der Sänger und der Polka der Bläser.

Annegret Fritz bedeutet der Film noch mehr. Sie spielt nicht nur die Teutschenthaler Gastwirtin, sie war zu Drehzeiten Wirtin der Gaststätte Seetal im Nachbarort Wansleben, wo mehrere Szenen gedreht worden sind. "Für mich ist es Genugtuung und Erinnerung, denn unsere Gaststätte gibt es nicht mehr. Wir mussten aus wirtschaftlichen Gründen schließen." Ein Wermutstropfen, der im Kinofieber Teutschenthals untergeht.

Gemeinsam haben die Teutschenthaler dem filmischen Experiment zu einem weder vom Regisseur Michael Schorr und dem Dresdner Produzententeam noch von Hauptdarsteller Horst Krause erwarteten Erfolg verholfen. "Die haben alle so engagiert mitgemacht", sagt Krause, "als ob es ihr Film ist."

Der Film "Schultze gets the Blues" ist seit Mittwoch täglich im Kino Lux in Halle zu sehen.