Fernsehen Fernsehen: «Abenteuer Mittelalter» unter Beobachtung des MDR
Burgk/dpa. - Die Teilnehmer zwischen 18 und 61 Jahren, ein Mönch und für kurze Zeit eine Mutter mit Kind, werden noch bis Ende Juni auf der Burg leben - wie im Mittelalter und von der Öffentlichkeit hermetisch abgeschirmt. Lediglich zwei Kamerateams und ein Notfalltelefon seien Zeugnis der Neuzeit, sagt Torsten Kramer von der Produktionsfirma «doc.station». Zu Beginn der Zeitreise mussten Handys, Kleidung und andere Utensilien des 21. Jahrhunderts abgegeben werden.
Dafür gab es einfache Leinenkleidung, ein paar rustikale Schuheund eine Einweisung ins Mittelalter. Die Teilnehmer müssen unteranderem Ziegen und Enten hüten, den Kräutergarten pflegen, eine Kuh melken, morgens ihren Hirsebrei bereiten, Kerzen gießen, dassonntägliche Suppenhuhn schlachten. «Die haben hier keinen Urlaub», sagt Kramer.
Die Rolle Heinrich des VII. nimmt ein Burgvogt ein, der «sich auch immer etwas einfallen» lässt: Aus dem Brunnen muss mühsam Wasser geholt und über der Feuerstelle erhitzt werden, damit der gnädige Herr im Zuber sein Bad nehmen kann. Ein anderes Mal soll ein großes Fest ausstaffiert werden. Es herrscht die Hierarchie des Mittelalters: Sechs Teilnehmer sind Knechte und Mägde, jeweils einer spielt Knappe, Küchenmeister und Burgvogt.
Aus Filmaufnahmen sollen mehrteilige Dokumentationenentstehen, die im Herbst auf Arte, im Winter in der ARD und imkommenden Frühjahr im MDR ausgestrahlt werden. Das Sendeformat von «Abenteuer Mittelalter» trägt den Namen «Living History» und hat seine Herkunft in Großbritannien. «Geschichte wird über ganz normale Leute der Neuzeit erzählt», sagt Peter Dreckmann, Redaktionsleiter Reportage beim MDR. Zudem enthalte «Abenteuer Mittelalter» Elemente von Reality-TV.
Nachdem Privatsender mit einer Schwemme von Reality-TV-Formatenwie «Big Brother» auf Sendung sind, versuchen sich auch dieöffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten verstärkt daran. Die ARDbeispielsweise mit der WDR-Produktion «Windstärke 8 - DasAuswandererschiff 1855». Der MDR strahlte kürzlich die letzteFolge der Doku-Soap «Da fängt das Leben an! - Die Rentner-WG» aus.
«Das Fernsehen holt den Jahrmarkt auf den Schirm», kommentiert der Jenaer Medienwissenschaftler Georg Ruhrmann diese Entwicklung. «Der Erfolg des privaten Fernsehens liege nicht zuletzt an der realen Nachfrage nach "billigem Vergnügen"», sagt der Professor für mediale Kommunikation. Auf dieses Zugpferd würden die öffentlich-rechtlichen Sender nun aufspringen.
Das neben Schloss Burgk gelegene 100-Seelen-Dorf Burgk scheintüber Dreharbeiten und Trubel gespaltener Meinung zu sein. «Dazu sage ich nichts», sagt eine Einwohnerin genervt. Schlossmuseum und Gastronomie hingegen können ihr Glück kaum fassen. «Es istfür uns eine Werbung, die wir uns so nicht leisten könnten», sagt Museumsleiterin Ina Scheffler. «Man hofft, dass wir etwas populärer werden», sagt Gastwirtin Konstanze Baumgärtel. «In Burgk hängen eigentlich alle am Schloss mit dran», seufzt sie.