Exponate Exponate: Der unbekannte Reiter
Halle. - Fundort: Welbsleben, Kreis Mansfelder Land
Finder: Christian Schmidt
Fundumstände: unbekannt
Maße: Länge ca. 10 cm
Funktion: Sporen
Kulturelle Einordnung: frühes Mittelalter
Zeitstellung: 2. Hälfte 8. Jh. n. Chr.
Bedeutung des Fundes:
Ein Beispiel für die hohe Qualität der Goldschmiedekunst der zweiten Hälfte des 8. Jh.
Oft entscheiden Zufälle darüber, ob bedeutende archäologische Funde der Wissenschaft bekannt werden und erhalten bleiben. Was wäre aus dem karolingischen Sporenpaar von Welbsleben geworden, wenn sich Wilhelm Albert von Brunn, der spätere Vorgeschichtsprofessor an der Universität Gießen, nicht entschieden hätte, Archäologe zu werden?
Damals noch Student, hatte er von seinem Großonkel, Amtsgerichtsrat Albert, neben anderen archäologischen Fundstücken ein Paar Sporen erhalten, die Jahrzehnte vorher bei Welbsleben gefunden worden waren. 1932 übergab von Brunn die Sporen der damaligen Landesanstalt für Volkheitskunde.
Wenig später gab eine handschriftliche Notiz, die sich im Nachlaß seiner Großtante fand und bereits aus dem Jahre 1923 stammte, weiteren Aufschluß über die Fundstücke: Die Familie der Frau Amtsgerichtsrätin Albert hatte im 19. Jh. die Gerechtsame über die Fischerei der Eine und deren Wiesen. Dort hatte einer ihrer Großonkel die Sporen unterhalb des Schillingsberges gefunden. Durch Erbschaft war schließlich Frau Albert in den Besitz der Sporen gekommen.
Sie bestehen aus vergoldeter Bronze und gehören zur Gruppe der Schlaufensporen. Die Schlaufen bilden Tierköpfe. Die Schenkel sind in Felder mit je zwei heraldisch verschlungenen Tieren im sog. Tassilostil eingeteilt. Auf der Fläche unterhalb des Dornes ist beidseits nur je ein Tier wiedergegeben. Das jeweils letzte Feld vor den Schlaufen weist Flechtwerkornamentik auf.
Die Tierornamentik verweist auf angelsächsischen Stileinfluß: Die Vorbilder für derartige Verzierungen finden sich in der anglo-irischen Buchillustration. Im Rahmen der missionarischen Tätigkeit gelangte deren Kenntnis auf den Kontinent; Mönche ahmten insulare Handschriften nach. Auf diesem Wege fand die Tierornamentik auch Eingang in die Metallgestaltung. Profane Arbeiten müssen aber nicht in Klosterwerkstätten entstanden sein, sie können auch von einheimischen Goldschmieden hergestellt worden sein.
Verbreitung fand der Tierstil bei den Franken, Sachsen, Alamannen, Baiern und Thüringern. Um 800 endet diese Art der Verzierung und wird durch vegetabile Motive abgelöst. Aufgrund der weitgehenden Beigabenlosigkeit karolingischer Gräber sind gegenüber der älteren Merowingerzeit nur sehr wenige Fundstücke dieser Art überliefert.
Da die Fundumstände für das prächtige Sporenpaar von Welbsleben nicht bekannt sind, können wir nur annehmen, daß es aus einem Grab stammt. Wer deren Träger war, werden wir nie erfahren. Er wird aber dem Adel angehört haben.