Enrico Marx Enrico Marx: Rechtsextremer Würstchenverkäufer
SOTTERHAUSEN/Halle (Saale)/MZ. - Viel ist nicht los in Sotterhausen. Es gibt ein paar Vereine, darunter die Feuerwehr sowie den Traditions- und Heimatverein. Und dennoch ist das 240-Seelen-Dorf im südlichen Harzvorland immer wieder Anziehungspunkt: für Neonazis. Sie sind zu Gast bei Enrico Marx, eine der wichtigsten Figuren der rechtsextremen Szene in der Region. Marx, eine Zeit lang Anführer der rechten Kameradschaft "Ostara", wohnt in einer alten Gaststätte in der Ortsmitte.
In den vergangenen Wochen war der bullige Mann mit dem kahlgeschorenen Schädel öfter zu Gast bei der Polizei - zu "Kooperationsgesprächen", wie es im Amtsdeutsch heißt. Gemeinsam mit einem Rechtsextremisten aus Dresden hat Marx, Jahrgang 1976, die Neonazi-Demo am kommenden Sonntag in Halle angemeldet. 250 bis 300 Teilnehmer erwartet die Polizei, die sich dabei auf Marx beruft. Er selbst wollte sich gegenüber der MZ am Donnerstag nicht äußern.
Beobachter wie Torsten Hahnel von der halleschen Arbeitsstelle Rechtsextremismus erwarten mehr als dreimal so viele Neonazis wie angekündigt. "Für den Aufmarsch in Halle wird bundesweit mobilisiert", so Hahnel. Ob Berlin, Kassel, Saalfeld oder Essen: Tatsächlich findet sich auf etlichen einschlägigen Internet-Seiten Werbung für die Demo. Weitere große rechtsextreme Aufmärsche sind für den 1. Mai zudem nur noch in Heilbronn und Greifswald geplant, wo die NPD demonstrieren will. Andere Demos wurden abgesagt, was den Neonazis in Halle zusätzliche Teilnehmer bescheren dürfte.
Im Organisieren hat Marx offenbar Erfahrung: Nach Erkenntnissen der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und des Verfassungsschutzes zählt er zu einem Kreis von Neonazis, die in Sangerhausen so genannte Winterfeste der Szene auf die Beine stellen, zuletzt im März dieses Jahres. Dorthin kamen statt der erwarteten 400 bis 500 Teilnehmer freilich nur rund 300.
Womit Marx derzeit seinen Lebensunterhalt verdient, ist nicht bekannt. Eine antifaschistische Internet-Seite schreibt, er sei "häufig als Würstchenverkäufer auf Nazidemos" zu sehen. Bis vor einigen Jahren betrieb er von Sotterhausen aus einen Versand für rechtsextreme Musik, den die Behörden schließlich verboten. Dennoch sei sein Grundstück nach wie vor ein wichtiger Treffpunkt der Szene, sagt Torsten Hahnel. Der Verfassungsschutz berichtet von "Kameradschaftstreffen mit Partycharakter" sowie Vorträgen und Schulungen auf dem Marx'schen Anwesen. Deren Zahl sei aber leicht zurückgegangen.