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Deutschlands geographischer Mittelpunkt Deutschlands geographischer Mittelpunkt: Abseits der Touristenpfade

24.02.2006, 08:41
Schautafel, die in dem kleinen thüringischen Ort Niederdorla darauf hinweist, dass sich hier der geografische Mittelpunkt Deutschlands befindet. (Foto: dpa)
Schautafel, die in dem kleinen thüringischen Ort Niederdorla darauf hinweist, dass sich hier der geografische Mittelpunkt Deutschlands befindet. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Niederdorla/dpa. - Mit dem bisher besten Ergebnis von 20 000 Gästen imVorjahr sei zwar ein Aufwärtstrend zu sehen. Auf den Anfang der 90erJahre überschwänglich vorausgesagten Ansturm wartet die Gemeinde mit1400 Einwohnern bisher jedoch vergeblich.

Die am 26. Februar 1991 am Mittelpunkt gepflanzte Kaiserlindesteht auf fruchtbarem Boden, sagt der 50-jährige Kommunalpolitiker.Und größer geworden sei er auch - der damals schon zwölf Meter hoheBaum, den eine Baumschule aus Gütersloh spendete. Als sich dieDeutschen im Oktober 1990 in Ost und West in den Armen lagen, tauchteschnell die Frage auf, wo nun die neue Mitte des Landes liegt. DerDresdner Ingenieur Heinz Finger wies auf Niederdorla - er bestimmteden Ort durch Mittelung von Extrempunkt-Koordinaten.

Später erhoben allein in Thüringen drei weitere Orte den Anspruch,in der Mitte Deutschlands zu liegen: Flinsberg bei Heiligenstadt,Silberhausen im Eichsfeld und Landsstreit bei Eisenach. Hinzu kommtKrebeck in der Nähe von Göttingen (Niedersachsen). Die vierMitbewerber stören die Niederdorlaer allerdings nicht, sagt SiegfriedFernau, der ehemals zum Organisationsbüro «Mittelpunkt» gehörte. «DieMitte Deutschlands ist in Niederdorla», mit dem Satz erfreuteThüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) die Einwohner desOrtes.

Seit 15 Jahren wird im Juni ein Mittelpunktfest gefeiert. Hinzukommen Veranstaltungen, die das 1992 am Mittelpunkt erbaute Museum«Opfermoor Vogtei» auf seinem Freigelände organisiert. Das Museum zumThema germanischer Opferkult in Mittel- und Nordeuropa will Wanderer,Bustouristen und Schulklassen und zunehmend auch Fachleute anziehen.Doch dem Kleinod fehlt wie dem Mittelpunkt die Anerkennung alstouristische Attraktion und damit der Zugang zu öffentlichen Geldern,sagt Ausstellungsleiter Norbert Kollar.

«Mittelpunkt und Museum sind für sich allein kein Reisegrund»,sagt Mandy Neumann, Sprecherin der Thüringer Tourismus GmbH inErfurt. Nur in der Verknüpfung mit der nahen Kreisstadt Mühlhausenoder dem Nationalpark «Hainich» könnten sie als eine Art«Zwischenstopp» angeboten werden. Einen Schritt weiter ist derTourismusverband «Hainichland» mit Sitz in Bad Langensalza. In derUrlauberregion im Thüringer Kernland werden Ausflugspakete rund umeinen neu eröffneten Baumkronenpfad mit dem «Mittelpunkt» verbunden.«Ein Foto am Mittelpunkt ist praktisch die Krönung», sagtHainichland-Geschäftsführerin Ulrike Baumann.

In Niederdorla bekommt jeder Besucher ein Zertifikat, das ihm denAufenthalt in der Mitte Deutschlands bescheinigt. Pech kann erallerdings haben, wenn ihm der Magen knurrt. Der Gastwirt des nahenLandhotels «Am Mittelpunkt» öffnet täglich erst um 16 Uhr, ärgertsich Bürgermeister Stiefel. «Nur Mut zu etwas mehr Reklame», hat einBesucher ins Gästebuch des Opfermoor-Museums geschrieben. Er muss dieacht recht klein geratenen Hinweisschilder rund um Deutschlands Mittegemeint haben.