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"deckert's" in Eisleben "deckert's" in Eisleben: Moderner Milchreis

Von hans-Ulrich Köhler 25.05.2013, 20:50
Kunstvoll arrangierte Vorspeise: Spargel in der Frühlingsrolle, dazu Garnelen und Glasnudelsalat
Kunstvoll arrangierte Vorspeise: Spargel in der Frühlingsrolle, dazu Garnelen und Glasnudelsalat HUK Lizenz

Die Flusskrebse machen den Unterschied. Sie sind der kleine „Gruß aus der Küche“, das Amuse-Gueule, das dem Gast gleich zu Beginn signalisiert, erwarte das Unerwartete, hier will man einen Tick besser, origineller sein als ringsherum. Das „deckert’s“ in Eisleben versucht, die Balance zu finden zwischen Schnitzel und Roulade und dem behutsamen Ausflug ins Oberhaus der Kochkunst.

Die Flusskrebse jedenfalls stimmen hoffnungsvoll, frisch, gut gewürzt und zubereitet auf einem kühlen, knackigen Algensalat. Acht Hauptgänge umfasst die Speisekarte. Es gibt Rumpsteak und Schnitzel, mit Spargel natürlich, es ist ja die Zeit dafür, auch für weitere Variationen mit dem Abkömmling der Asparagus-Familie, der im „deckert’s“ auch als Spargelessenz auftaucht, gebraten serviert wird oder auch mal vom Grill kommt.

Neugierig macht die Version grüner Spargel im Frühlingsrollenteig, dazu gebratene Garnelen und Glasnudelsalat. 11 Euro kostet die Vorspeise, die ihrem Namen gerecht wird: wohl portioniert, hält sie Lust auf mehr wach.

Geklopftes Rinderfilet

Rätsel gibt auf den ersten Blick das Vorspeisen-Angebot „Geklopftes Rinderfilet“ auf. Sarah Deckert, Tochter der Inhaber Sven und Antje Deckert, serviert an diesem Abend und klärt auf: Wir könnten mit einem Carpaccio rechnen, dazu - natürlich - etwas Spargel und ein kleiner Salat. Das geklopfte Rindfleisch (es bildet auch den Auftakt im Vier-Gang-Menü für 34 Euro) erweist sich als tellerfüllendes Angebot, hauchzart geschnitten die Scheiben, dunkelrot, kühl, herzhaft, das grobe Salz mit einer Spur Limonenöl versetzt. Die Antwort auf die Frage, ob es geschmeckt habe, lässt hoch greifen: Lange nicht so ein gutes Carpaccio gegessen!

Der Spargel in der Frühlingsrolle ist zum kleinen Kunstwerk arrangiert worden, schade, dass man es beim Essen zerstören muss. Warm der Teig der Frühlingsrolle, kühl der Spargel darin, kross gebraten die Garnelen. Der Glasnudelsalat sorgt mit seiner leicht scharfen Säure für den asiatischen Moment, ein Genuss!

Vom Weingut um die Ecke

Dass Sarah Deckert dazu Weißwein empfiehlt ist naheliegend, natürlich einen aus der Nachbarschaft. Das Höhnstedter Weingut Born ist gut vertreten mit mehreren Sorten. Mit dem Silvaner vom Höhnstedter Kelterberg für 4,50 Euro das Glas kann man nichts falsch machen. Wäre er eine Spur kälter gewesen, wäre der Genuss noch vollkommener. 13 offene Weine bietet die Karte, die teuerste Flasche, ein Barolo von 2007, kostet hier 39 Euro, ein Roter Traminer vom Landesweingut Kloster Pforta 19,50 Euro.

Nach einer reichlichen halben Stunde wartet das Hauptgericht. Schön, dass hier der Gast Zeit hat zum Genießen und nicht Schlag auf Schlag serviert wird, auf dass der Tisch wieder leer werde. 25 Plätze hat das Restaurant, verteilt auf fünf Tische. Es ist Pfingstsonnabend und alle Tische sind belegt. Unter der Woche ist das nicht immer so. Die Lage vom „deckert’s“ ist möglicherweise sein größtes Manko, man muss es kennen und finden, oben hinterm Park, abseits vom Zentrum. Dort unten betreibt die Familie das „Hotel am Katharinenstift“ mit 19 Zimmern, unweit von Luthers Sterbehaus. Natürlich kommen Gäste hinauf ins „deckert’s“, sagt die 23-jährige Tochter des Hauses. Aber mit den Luther-Touristen aus aller Welt sei das so eine Sache. Die wollen schnell und preiswert essen, unten bei Luther, nicht oben im „deckert’s“. Also müsse man die einheimische Kundschaft locken - mit Angeboten, die es nicht überall gibt, das weiß Sarah Deckert schon gut. In drei Wochen hat sie an der Hotelfachschule in Leipzig ihre letzte Prüfung zu bestehen. Dann ist sie Betriebswirtin für Hotel und Gastronomie und wieder ein Stück mehr für die Zukunft des Familienunternehmens gewappnet.

Schnuppern in der Sterne-Küche

Ihr Rüstzeug holte sie sich unter anderem auch im Zwei-Sterne-Restaurant „Falco“ in Leipzig. Als sie dort weg ging, nahm sie einen jungen Koch mit ins elterliche Hotel - der Liebe und der Küche wegen. Sven Krämer hat im „Falco“ gründlich in die Töpfe geschaut. Was dort geht, geht in Eisleben nicht, aber das Kreative, die Experimentierfreude hat er mitgebracht, die Lust auf die Kombination von Unerwartetem. Dass er auch Schnitzel und Roulade perfekt kann, hört man an den zufriedenen Reaktionen an den Nachbartischen, die Sarah Deckert der Küche übermittelt. Sven Krämer hat sein Handwerk im Sterne-Haus exzellent gelernt, das beweisen die Hauptgerichte des Abends.

St. Petersfisch soll es sein (15 Euro), angerichtet auf Bouillabaisse-Gemüse und Knoblauch-Kartoffel-Creme. Bei Hauptgericht Nummer zwei macht das Beiwerk neugierig: Brunnenkresse-Graupen und Morchelschaum, dazu ein paar Balsamico-Zwiebeln. Und Rinderbacken, darum geht es eigentlich. Drei große Stücke, zart, feinfaserig, mit markanter Würze, ausgezeichnet gemacht, dazu eine pikante dunkle Soße.

Graupen? Warum nicht!

Die Graupen - mal ehrlich, da denkt man meist an eine schlichte Suppe - sind fest zu einem Zylinder geformt, gestürzt aus der Form, eine Überraschung mit dezentem Kresse-Geschmack. Isst man so nicht alle Tage, unbedingt zu empfehlen. Ein Genuss der Morchelschaum! Leicht liegt er auf der Zunge, pilzig, aber nicht dominant, in wunderbarer Harmonie zu den Rinderbacken (14 Euro), dazu einen Cote du Rhone.

Beim St. Petersfisch hat Sven Krämer alles richtig gemacht. So muss er sein, der Fisch, zartbraun die eine Seite. Die Sorge, der Knoblauch in der Kartoffel-Creme könne alles kaputt machen, verfliegt nach dem ersten Happen. Da hat einer mit viel Gefühl den Knollensaft untergerührt, herzhaft die Creme, aber der Knoblauch hält sich erfreulich zurück, ohne seine Anwesenheit zu leugnen, sehr schön.

Drei Desserts gibt es, zwei heißen „Erdbeeren und Zitronengras“ und „Milchreis modern“. Das kitzelt die Neugier zum Schluss. Was kann „modern“ sein am Milchreis? Zugegeben, die Frage beantwortet Sven Krämer nicht wirklich. Aber anders als der Brei auf dem Teller ist er schon, sein moderner Milchreis. Wie? Ausprobieren! Er wartet kalt und heiß auf dem Teller, mit Eis und Früchten und einem köstlichen Aromafeuerwerk. Was ist da eigentlich alles drin und drauf?

Sarah Deckert, Tochter der Inhaber, serviert.
Sarah Deckert, Tochter der Inhaber, serviert.
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Hauptgang für 14 Euro: Rinderbacken mit Brunnenkresse-Graupen und Morchelschaum. Das „deckert’s“ in der Eislebener Friedensstraße.
Hauptgang für 14 Euro: Rinderbacken mit Brunnenkresse-Graupen und Morchelschaum. Das „deckert’s“ in der Eislebener Friedensstraße.
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Hauptgang für 14 Euro: Rinderbacken mit Brunnenkresse-Graupen und Morchelschaum. Das „deckert’s“ in der Eislebener Friedensstraße.
Hauptgang für 14 Euro: Rinderbacken mit Brunnenkresse-Graupen und Morchelschaum. Das „deckert’s“ in der Eislebener Friedensstraße.
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