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DDR-Flaschengeist DDR-Flaschengeist: Hacker belebt Berliner Weiße wieder

Von Gunnar Leue 01.06.2014, 07:50
Andreas Bogk ist Hobbybrauer und verliebt in Weiße.
Andreas Bogk ist Hobbybrauer und verliebt in Weiße. David Oliveira Lizenz

Berlin - In dieser Geschichte kommen Dinge zusammen, die wenig zueinander zu passen scheinen: Es geht ums Bierbrauen, einen DDR-Flaschengeist und um einen Internet-Hacker. Letzterer heißt Andreas Bogk und hatte vor Jahren auf einem Hackertreffen in Belgien auch einen Workshop übers Bierbrauen besucht. „Ich habe immer schon gern gutes Bier getrunken und auch gern gekocht, warum also nicht in meiner Küche selbst Bier brauen.“

Als Produkt erkor er sich die Berliner Weiße aus - ein obergäriges Sauerbier mit zweieinhalb Prozent Alkohol. Schließlich ist der 38-Jährige gebürtiger Berliner. „Mir geht es um den Erhalt eines historischen Bierstils.“

Champagner des Nordens

Die Weiße lässt sich bis 1680 zurückverfolgen. Napoleon hat sie mal als Champagner des Nordens gerühmt. Später wurde sie auch „Arbeitersekt“ genannt. Heute gibt es nur noch eine Sorte Berliner Weiße und die wird nicht mehr nach dem traditionellen Verfahren hergestellt, bei dem das Bier durch Flaschengärung und unter Beteiligung der „Fasshefe“ sein typisches Aroma entwickelt. Von so etwas wie Champagner des Nordens, sagt Bogk, könne bei der „mit schlimmem Sirup“ verabreichten Weiße längst keine Rede mehr sein.

Der Hacker begann deshalb zusammen mit einem Berliner Professor für Brauereiwesen zu experimentieren, um die Berliner Weiße nach Originalrezept wiederherzustellen. Im Internet fanden sich Hinweise auf eine hochgelobte Weiße-Sorte, die vor der Wende im Osterliner VEB Getränkekombinat gebraut worden war.

30 Jahre alte Flasche aus dem Internet

Das Problem bestand darin: Wie an die Originalhefe herankommen? Auch hier half das Netz: Im Internet ersteigerte Andreas Bogk für 20 Euro eine fast 30 Jahre alte Flasche. „Ab und zu finden Leute beim Aufräumen im Keller eben auch altes Bier. Und Berliner Weiße hält sich manchmal über Jahrzehnte.“

Um die Original-Mikroorganismen, quasi den alten Geist, aus der Flasche zu bekommen, nahm ihn eine Freundin nächtens in ein Biolaboratorium mit, wo sie die Flasche unter sterilen Bedingungen öffneten und den Bodensatz für das Weiße-Comeback nutzten. Auf einer Crowdfunding-Plattform warb Bogk dann über 20 000 Euro für seine Idee ein, in seiner Mikrobrauerei in Berlin-Kreuzberg wieder echte Berliner Weiße herzustellen. Das Etikett der Flaschen ist so ungewöhnlich wie die Geschichte des Inhalts: Darauf ist ein gezeichnetes Konterfei des Brauers abgebildet. (MZ)