Leidenschaft auf vier Rädern Zwei Traktoren gehen auf Burgenlandkreis-Tour
Zwei Männer gehen mit historischen Traktoren auf große Burgenlandkreis-Tour. Was sie verbindet und wer abwäscht.

Zeitz/MZ - „Wir sind wie ein altes Ehepaar auf zwei Traktoren.“ So charakterisiert Jürgen Lehnert aus Zeitz die Freundschaft zum Lützener Bernd Andrae. Letzterer ist ein 64-jähriger Gemütsmensch, den nichts so schnell aus der Ruhe bringt. Er wird überall nur der „Schwan“ genannt. Woher er den Spitznamen hat, weiß er nicht mehr. „Das muss wohl auf einem der Traktortreffen entstanden sein“, versucht sich Andrae zu erinnern.
Auf einem dieser Treffen haben sich die Beiden kennengelernt. „Das war vor zehn oder zwölf Jahren in Rositz“, mischt sich Lehnert dazwischen. Die Verbindung der beiden war der Trecker und die berufliche Laufbahn in der Landwirtschaft. Der mittlerweile 73-jährige Lehnert kam vom Bauernhof und arbeitete als Versuchstechniker bei Südzucker. Andrae ist gelernter Landmaschinen- und Traktorenschlosser. Die gemeinsame Liebe gilt dem Famulus. Bis 1965 wurde der Schlepper in Nordhausen gebaut, doch dann musste er dem stärker motorisierten ZT 300 weichen. Die größer werdenden landwirtschaftlichen Flächen brauchten andere Arbeitsgeräte, um das Arbeitsoll zu erfüllen. Die Famuluse sollten verschrottet werden. Privat durfte sich niemand einen gebrauchten kaufen. „Hintergrund war, dass man staatlicherseits fürchtete, dass mit den kleinen Treckern private Flächen bewirtschaftet werden könnten. Diese Parallelwirtschaft wollte man verbieten“, erklärt Jürgen Lehnert. „Viele haben nicht überlebt. Aber so mancher wurde, in einer Scheune stehend, von 25 großen Strohballen verschüttet. Erst nach der Wende tauchte er plötzlich wieder auf.“
„Im Sommer fahr ich und im Winter schraub ich“,
Beide Männer haben ihre Traktoren in mühevoller Kleinarbeit selbst restauriert. Das bedeutete, sie in alle Einzelteile zu zerlegen, defekte Teile zu ersetzen und dann wieder, Teil für Teil aufzubauen. Bei einem Traktor blieb es aber nicht. Wie viele Bernd Andrae sein Eigen nennt, damit will er nicht so richtig herausrücken. Sicher ist, dass er und seine Frau jeweils einen der Marke Eicher besitzen und dann eben den roten Famulus Baujahr 1964. In Jürgen Lehnerts Scheune steht noch ein Massey-Ferguson 135 von 1972. Auch den hat er selbst restauriert. Warum mehrere Traktoren?

„Im Sommer fahr ich und im Winter schraub ich“, ist die simple Erklärung von Bernd Andrae. Und weil jetzt Sommer ist, haben sich die beiden eine neue Tour vorgenommen. Sie werden die namensgebenden Burgen des Burgenlandkreises abfahren. Vor einigen Jahren waren sie schon am Kyffhäuser und haben die Strecke vom Fichtelberg bis Kap Arkona auf Rügen zurückgelegt. „Jürgen wollte mal wieder raus. Das hat er sich in den Kopf gesetzt. Und weil er so alt ist, fahr ich halt mit und passe auf,“ kommentiert Andrae schelmisch das gemeinsame Vorhaben. „Man war schon an so vielen Orten auf der Welt, aber die Gegend vor der eigenen Haustüre kennt man kaum“, ist Jürgen Lehnerts Motivation.
Am 12. Juli geht es in Zeitz am Schloss Moritzburg los
Am 12. Juli geht es in Zeitz am Schloss Moritzburg los. Weitere Stationen werden unter anderem das Schloss in Droyßig, der Naumburger Dom, Schloss Neuenburg, die Eckartsburg und die Himmelsscheibe in Nebra sein. Am 15. Juli wollen sie die Rundreise dann in Bernd Andraes Heimatort Lützen an der Gustav-Adolf-Gedenkstätte beenden. Im Schlepptau hat jeder seinen eigenen Wohnwagen. Übernachtet wird auf Campingplätzen und auf Grundstücken befreundeter Traktoristen. Die Strecke führt über Bundesstraßen.
Vor Ort will man mit den Menschen ins Gespräch kommen, um sie nicht nur für die Famuluse, sondern auch für die Etappenziele zu begeistern. Ob denn die anderen Autofahrer sich nicht über sie beschweren würden, denn sie wären mit 25 Stundenkilometern Reisegeschwindigkeit ein Verkehrshindernis? „Die uns entgegenkommen winken und geben anerkennend Lichtzeichen. Die uns überholen hupen. Ich hoffe auch vor Freude“, antwortet Lehnert grinsend. Und wie sieht es mit der Verpflegung aus? „Wir brauchen doch nicht viel. Wurst, Käse und Brot. Den Rest gibt es unterwegs zu kaufen. Für das Frühstück bringt Bernd die Eier von seinen Hühnern mit. Dann gibt es Rührei. Beim Abwasch lasse ich immer Bernd den Vortritt. Ich bin zu unbeholfen“, sagt der Versuchstechniker augenzwinkernd.