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Wohnen in Naumburg  Wohnen in Naumburg : Warum es Streit um eine Fläche in Flemmingen gibt

Von Harald Boltze 19.05.2017, 10:04
Umstrittenes Gebiet am Flemminger Ortsrand: Dürfen hier Wohnhäuser gebaut werden oder nicht?
Umstrittenes Gebiet am Flemminger Ortsrand: Dürfen hier Wohnhäuser gebaut werden oder nicht? Biel

Naumburg - „Sag mal, weißt du, wo in Naumburg ein Einfamilienhaus zum Verkauf steht oder ein guter Bauplatz?“ Diese Art Fragen hört man in letzter Zeit immer häufiger. Niedrige Zinsen und die Attraktivität der Domstadt als Wohnstandort sorgen dafür. Problem nur: Der Markt ist nahezu leergegrast.

Erstmal drei neue Gebiete

Interessant ist nun, wie die Stadtverwaltung damit umgeht. Sie hat zum einen eine Analyse zur „Wohnbauflächenentwicklung“ erstellen lassen. Dazugehörige Fragen: Wie viel Fläche wird in Zukunft benötigt? Welche existierenden Areale könnten auf den Markt gebracht werden? Die Ergebnisse wurden nun von der Firma „Timourou“ präsentiert. Daraus folgt, dass zwölf Wohnbau-Flächen neu angelegt oder erweitert werden sollen. Doch das ist aufgrund meist privater Besitzer kein einfaches Unterfangen. Deshalb sollen in einem ersten Schritt die Standorte „Alte Stadtgärtnerei“ (etwa 21 Ein- oder Zweifamilienhäuser möglich), „Lauschehügel“ (14) sowie „Mertendorfer Weg“ (13) zu Wohngebieten werden. Die Flächen sind in städtischem Besitz, also verfügbar (wir berichten demnächst noch ausführlicher).

Doch dass auch städtische Flächen zu großen Konflikten führen können, zeigt ein Beispiel, das derzeit den Flemminger Ortsbürgermeister Joachim Vogel (CDU) sowie diverse Stadträte auf die Barrikaden bringt. Bis zu 14 Interessenten, vor allem junge Familien, wollen laut Vogel in Flemmingen ein Eigenheim errichten. Da das vorhandene Baugebiet gefüllt ist, entwickelte man die Idee, einen 16761 Quadratmeter großen Teil des kaum ausgelasteten Gewerbegebietes am Ortsrand in ein „Mischgebiet“ umzuwidmen. Bisher ist dies grüne Wiese und auch weit genug weg von der Biogas-Anlage. So weit, so gut.

Rat macht ersten Schritt

„Im Juni 2015 wurde uns das Vorgehen zugesagt und auch, dass es schnell gehen wird“, erinnert sich Joachim Vogel. Seitdem muss er die potenziellen Wunsch-Flemminger aber stets und ständig vertrösten. „Wir wurden monatelang hingehalten“, so Vogel. Zwar wurde im September 2016 im Gemeinderat der erste Schritt zur Änderung des Bebauungsplanes gemacht. Aber vor einigen Wochen platzte die Bombe. Die Stadt will das Verfahren nun doch nicht weiterführen. Das Gewerbegebiet soll so bleiben, wie es ist.

Klar, dass das am Mittwoch im Technischen Ausschuss des Rates für Empörung sorgte. Stadtrat Stephan Herzer (CDU-Fraktion) sprach von „Skandal“. 14 neue Familien seien für einen kleinen Ortsteil eine enorme Zahl.

Warum die Rathausspitze ihre Meinung plötzlich geändert hat, wurde wohl kaum einem der anwesenden Räte klar. Bau-Fachbereichsleiterin Ute Freund versuchte, ihre Position zu erklären: „Wir möchten Schaden von den Bauwilligen abhalten“, sagte sie. Schließlich könne es in einem Mischgebiet irgendwann passieren, dass man ein Gewerbe als Nachbar bekommt. Und dass das zu Konflikten führen kann, bestätigte Tobias Jacobs von „Timourou“, der die Wohnbauflächen-Analyse für die Stadt angefertigt hat. „Zudem blockiert man ein Gewerbegebiet“, sagte Jacobs und verwies auf die mögliche Naumburger Umgehungsstraße, die vorbeiführen und das Areal attraktiver machen würde.

Ortsbürgermeister Vogel aber hält all das für Quatsch: „Auf dem L-Stück hinter Reinigungs-Weise bis zum Fußballplatz werden sich niemals Unternehmen ansiedeln“ meint er. Überhaupt ist das 17 Hektar große Gewerbegebiet, das noch erweitert werden könnte, nur zu 35 Prozent ausgelastet. „Es stimmt, dass das dortige Gebiet deutlich weniger attraktiv ist als das am Steinkreuzweg“, bestätigt die städtische Wirtschaftsförderin Anke Fritsche. Trotz aller Bemühungen würde daran auch eine Umgehungsstraße nichts ändern. Fritsche: „Die meisten Unternehmen setzen auf eine direkte Autobahn-Anbindung, und die haben sie etwa in Weißenfels, wo derzeit noch ein weiteres Gewerbegebiet entwickelt wird.“

Wer gibt Gartenanteil ab?

In ihrem Plan, dennoch das komplette Gewerbegebiet für Firmen freizuhalten, will die Stadt nun Ersatzflächen für die bauwilligen Familien finden. Erneut fragt man deshalb Flemminger Grundstücksbesitzer an, ob diese ihre großen Garten- oder Feldgrundstücke verkaufen und zur Bebauung abgeben würden. Doch Joachim Vogel weiß, dass sich die Stadt damit wieder nur eine blutige Nase holt: „Es wollte schon vor Jahren keiner etwas von seinem Garten abgeben, und das wird auch immer so bleiben.“

Was aber wird nun aus dem L-Stück am Rand des Flemminger Gewerbegebietes? So ganz ohne Murren wollen die Stadträte den Sinneswandel im Rathaus offensichtlich nicht akzeptieren. Man verständigte sich am Mittwoch im Ausschuss auf eine baldige Sondersitzung. Bleibt im Interesse Flemmingens nur zu hoffen, dass die bauwilligen Familien bis zur Lösung des Problems nicht woanders ihr Glück finden.