„Machen sie weiter so“ Warum SV Blau-Weiß Grana den Integrationspreis des Landes erhält
Der SV Blau-Weiß Grana erhält einen Integrationspreis des Landes. Auch, weil er trotz Anfeindungen Fußballer aus 16 Nationen aufgenommen hat.
Grana/Halle (Saale) - Seit Jahren nimmt der Sportverein Blau-Weiß Grana Fußballer aus aller Herren Länder bei sich auf. Mittlerweile sind über 40 Prozent der rund 125 Mitglieder Sportler mit Migrationshintergrund aus Schwarzafrika, Osteuropa, dem Nahen Osten oder auch Asien. Dafür ist der Verein am Dienstag vom Land Sachsen-Anhalt mit einem zweiten Platz beim Integrationspreis 2020 in der Kategorie „Dauerhaftes und nachhaltiges Engagement für Vielfalt“ gewürdigt worden.
„Gerade für Grana freut es mich besonders, weil Sie in der Vergangenheit ja massiv angefeindet worden sind. Lassen sie sich bitte davon nicht beirren und machen weiter so. Wir brauchen solche Vorbilder wie sie in Sachsen-Anhalt“, sagte Susi Möbbeck, die Integrationsbeauftragte des Landes, bei ihrer Laudatio.
Ehrung auf dem Gelände des Fußball-Oberligisten VfL Halle 96
Die Ehrung fand auf dem Gelände des Fußball-Oberligisten VfL Halle 96 statt. Und das hatte einen besonderen Hintergrund. Denn zwischen beiden Vereinen gibt es eine große freundschaftliche Verbindung. „Als wir damals wegen unseres schwarzafrikanischen Verteidigers Momo von vielen Vereinen im Kreis angefeindet worden sind, weil er mehrmals aus lauter Boshaftigkeit Gegenspieler verletzt haben soll, hatte sich der VfL 96 mit uns solidarisiert“, erklärte Blau-Weiß-Vorsitzender Björn Koch. Fans der Hallenser kamen zur Unterstützung nach Grana zu einem Heimspiel. Als dieses ausfiel, weil sich der Gegner unter fadenscheinigen Gründen kurzfristig abgemeldet hatte, startete schließlich ein Freundschaftsspiel gegen die VfL?96-Anhänger.
Als der Oberligist dann im vergangenen Jahr sein Landespokalspiel beim 1. FC Zeitz absolvierte, waren zahlreiche Granaer mit im Thälmannstadion. Sie bezeugten ihre Freundschaft damals mit einem gemeinsamen Banner, welches am Dienstag auch bei der Ehrung eingesetzt worden ist. „In diesem Zusammenhang möchte ich mich aber auch bei den Roter-Stern-Vereinen aus Halle, Leipzig und Altenburg bedanken, die sich ähnlich solidarisch mit uns gezeigt haben“, so Koch. Diese Unterstützung sei wichtig im Kampf gegen die Anfeindungen gewesen. „Wir hatten uns damals entschieden, dagegenzuhalten. Das war der richtige Weg“, meinte der Vorsitzende sichtlich stolz. „Und ja, wir hören nicht damit auf. Versprochen“, so Koch noch in Richtung Susi Möbbeck.
„Das ist eine sehr schöne Menschlichkeit in dem Verein“
Vor drei Jahren gab es beim SV Blau-Weiß Grana noch gerade mal rund 50 Mitglieder. Durch das damalige nahe gelegene Asylbewerberheim am Zuckerwerk aber kamen immer mehr interessierte Fußballer, vor allem aus Schwarzafrika, zum Sportplatz. Einer der ersten war Essa Saidy aus Gambia, der immer noch Stammspieler in der ersten Mannschaft ist. „Das ist eine sehr schöne Menschlichkeit in dem Verein. Die Leute stehen immer an unserer Seite und helfen uns, wenn wir was brauchen“, sagte er im Rahmen der Ehrung. Geholfen werde nicht nur bei der Integration im Verein, sondern auch bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder Wohnung.
Johannes Häger ist direkt dran an den ausländischen Spielern. Denn er ist der Kapitän der ersten Mannschaft, die in der coronabedingt abgebrochenen Saison in der Kreisliga souverän Meister geworden ist. „Solche Spieler wie Essa aber auch Momo haben einen großen Anteil an dem Erfolg“, sagte Häger. Man gebe deswegen auch gern was zurück. So landet selbstverständlich wegen des islamischen Glaubens vieler Spieler mal Hähnchen statt Schwein auf dem Grill. „Am Anfang hatten wir Mitglieder im Verein, die was gegen Ausländer hatten. Die haben wir rausgeworfen“, erzählte er. Während andere Vereine wegen Mitgliederschwund Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen eingehen mussten, sei man in Grana ganz von selber gewachsen. Eine Winn-winn-Situation in alle Richtungen.
500 Euro Preisgeld
Jetzt erhofft sich der SV Blau-Weiß Grana noch ein bisschen Hilfe von Susi Möbbeck. Von ihr gab es zum einen 500 Euro Preisgeld, welches voraussichtlich für eine Überdachung des Getränkestandes verwendet werden soll.
Außerdem versprach die Politikerin, die auch Staatssekretärin im Magdeburger Sozialministerium ist, dem Granaer Verein bei der Suche nach Fördergeldern zu helfen. Denn sämtliche Anträge auf Fördermittel für bessere Bedingungen für immer mehr neue Mitglieder wurden in der jüngeren Vergangenheit abgelehnt. Björn Koch nahm die Hilfe gern auf, wolle Möbbeck aber auch beim Wort nehmen. (mz)