Völlig verstaubt Völlig verstaubt: Wie die zoologische Lehrsammlung Schulpforta belebt werden soll
Schulpforte - Über einem Türbogen hängt jenes Tier, das man noch vor wenigen Wochen vergeblich in der Unstrut gesucht hat. Dem Krokodil macht gegenüber ein Auerhahn seine Aufwartung. In den Vitrinen und Schaukästen im Biologie-Bereich der Landesschule Pforta sind noch weitere einheimische wie exotische Tiere zu bestaunen.
Hinter Glas geben sich Kugelfisch und Kolibri, Flughund und Gürteltier ein Stelldichein. Alles Tierpräparate aus verschiedenen Zeiten, die ältesten sind mehr als 100 Jahre alt. Ein fast vergessener Schatz. Denn der Zustand der Stücke ist trostlos: Fell beziehungsweise Federkleid waren staubbedeckt und von Spinnweben verhangen. „Um die Sammlung hat sich seit der Wende keiner mehr kümmert. Die letzte Erfassung fand zur Zeit der EOS statt“, erzählte Karin Reglich.
Lehrsammlung war vergessen und verstaubt
Die Tierärztin aus Schleberoda und Mutter zweier Schüler hat gemeinsam mit dem Pförtner Bund an ihrer Seite eine Initiative gestartet. Die wertvollsten Stücke der zoologischen Lehrsammlung sollen nach und nach aufgearbeitet werden. Gesucht werden für erst einmal 77 Tiere Restaurationspaten.
Auf rund 20.000 Euro schätzt Matthias Haase, Vorsitzender des Pförtner Bundes, den finanziellen Aufwand. Die ersten aufgefrischten Präparate brachte der hallesche Restaurator Christoph Alexander Dose in einer großen Kiste zurück. Aus der Folie packte er unter anderem einen Kolkraben, zwei Zwergseeschwalben sowie ein Schnabeltier aus, der einzige Säuger, der Eier legt.
Für letzteres sowie weitere Stücke hat Karin Reglich eine Patenschaft übernommen. Das Tier sei streng geschützt und kaum noch als Präparat zu bekommen, erklärt die Veterinärmedizinerin. Allgemein befinden sich in der Sammlung Tiere, die heute unter Artenschutz stehen; darunter auch eine Reihe Fledermäuse. „Die Stücke sind einst aufgekauft oder der Landesschule als Schenkung übergeben worden“, so Haase.
Historische Präparate der Lehrsammlung müssen restauriert werden
Ein Teil der historischen Präparate wurde in der renommierten Firma Schlüter in Halle hergestellt, die 1875 den ersten Katalog für Unterrichtszwecke herausgegeben hatte. Im Saale-Unstrut-Jahrbuch 2018 berichten Michael Markert und Linnéa Bergsträsser über das Unternehmen und dessen Erfolg. Einige Stücke gehen auf eine Schenkung des Ornithologen Gustav August Leopold Thienemann, 1800 in Gleina geboren und einstiger Pfortenser, zurück.
„Ich freue mich, dass wir diesen Schatz wieder sichtbar werden lassen“, sagt Schulleiter Thomas Schödel - und mit Blick auf den Eisvogel, ein Präparat aus dem Jahr 1884. „Und man darf nicht vergessen, dass es einige dieser Tiere auch in unserer Region gibt.“ Wenn Restaurator Christoph Alexander Dose die Präparate aufarbeitet, benötigt er unter anderem Pinzette, Pinsel und Waschbenzin.
Seinen Beruf erlernte er während einer vierjährigen Ausbildung. 20 Jahre war er am Senckenberg Museum in Dresden tätig. Heute zählen zu seinen Kunden Universitäten und Museen. Sein größtes Tier, an dem er in der Vergangenheit gearbeitet hat, sei ein Nashorn gewesen, erzählte der Hallenser. Das Federkleid des Pfortenser Kolkrabens von 1885 hat er wieder zum Glänzen gebracht. Zehn Stunden habe er an ihm gearbeitet. „Dabei habe ich unter anderem mit der Pinzette die Federn wieder glatt gelegt“, berichtete der Fachmann weiter.
Schutz für Sammlung während Sanierung des Schulhauses
Im heutigen Unterricht werde die Sammlung zwar wenig genutzt, da solche Präparate eher in den unteren Klassenstufen Anwendung finden könnten, so Biologie-Lehrerin Simone Barth. Trotzdem sollen die Exponate die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen. Dazu gehören auch erste Ideen, wie die Sammlung geschützt und aufbewahrt wird, wenn voraussichtlich ab Herbst des kommenden Jahres 2021 das Schulhaus energetisch saniert wird. (mz)