Verletzte Schafe im Weinberg Verletzte Schafe im Weinberg: War Isegrim auf Beutezug?

Freyburg/Kleinheringen - Der Freyburger Winzer Florian Deckert wartet seit einigen Wochen auf Nachricht. Aus dem Wolfkompetenzzentrum des Landes mit Sitz in Iden. Es war - wie erst jetzt bekannt wurde - ein Morgen Anfang Mai, als der 47-Jährige auf dem Weinberg, nahe der Ortsumgehung Freyburg gelegen, einen schrecklichen Fund machte.
Vier notgeschlachtet
Mehrere seiner Schafe lagen mit erheblichen Bisswunden verwundet auf dem Boden. Vier, darunter zwei Lämmer und zwei Mutterschafe, wurden aufgrund ihrer schweren Verletzungen notgeschlachtet. „Ein Wolf kann nicht ausgeschlossen werden und der Verdacht liegt nahe. Ich will da jedoch ganz sicher sein“, verdeutlicht Deckert auf Tageblatt/MZ-Anfrage. Der Winzer informierte sogleich das Kreisveterinäramt, Tierärztin Karin Reglich für die Erstversorgung sowie das Wolfskompetenzzentrum.
Sowohl die Veterinärmedizinerin aus Schleberoda als auch Andreas Berbig, Leiter des Zentrums, nahmen mit zeitlichem Abstand Proben. „Die Proben für das Zentrum haben sich als nicht verwertbar erwiesen“, berichtete Berbig. „Das ist in der Vergangenheit auch bei anderen Fällen schon geschehen.“ Dabei werden mit einem Wattestäbchen Proben von den Bissstellen des verletzten beziehungsweise toten Tiers genommen. „Wir haben deshalb noch die Probe von Frau Dr. Reglich angefordert, um diese ebenfalls auswerten zu können“, so Berbig weiter. Zwei bis drei Wochen dauert es, bis das Ergebnis einer Probe feststeht.
Weidetiere zur Pflege
Das ist reichlich Wartezeit. Doch schon jetzt macht sich Deckert, der Mitglied in der Freyburger Jagdgenossenschaft ist, Gedanken. Er stellt sich viele Fragen, spricht von einer „Grauzone“, von Unsicherheit. „Das Land sollte Farbe bekennen. Es muss nicht erst etwas passieren“, so Deckert. „Und ist ein Schaf nicht auch ein Lebewesen? Im Gegensatz zu einem Reh, das weglaufen kann, hat es keine Chance.“
Die Wolltiere gehören seiner Tochter. Sie dienen zur Pflege des Weinbergs und verringern das Risiko von Frostschäden. Mit elf Hektar bildet der Weinberg nahe der Ortsumfahrung Freyburg das wichtigste Standbein des Weingutes, das insgesamt 15 Hektar umfasst. Gute Erfahrungen habe er gemacht, sagt der Freyburger. „2018 lief super.“ Derzeit besteht die Herde aus 16 Tieren inklusive Lämmer. Zu ihrer Sicherheit hat er nun einen Weidezaun errichtet, den er aus eigener Kasse finanziert hat. Einen Wolfsriss will auch Berbig ganz und gar nicht ausschließen, obwohl etwas ungewöhnlich ist. „Die Tiere wurden nur verletzt und nicht getötet“, so der Leiter des Wolfskompetenzzentrums. Im Burgenlandkreis gebe es bisher noch keinen bestätigten Nutztierriss durch einen Wolf. Allerdings war in Burgscheidungen im März 2017 ein Reh gefunden worden, das Meister Isegrim getötet hatte. Speichelproben hatten das belegt. Zudem gibt es eine Reihe bestätigter Sichtungen - in Burgscheidungen, im Zeitzer Forst und auf dem Rödl. Gerald Becker, Leiter des Ordnungsamtes der Verbandsgemeinde Unstruttal, berichtete unserer Zeitung, dass Mitarbeiter des Bauhofes ein Rudel nahe Markröhlitz gesehen haben sollen.
An Zaun herangezogen
Und noch ein Fall im Burgenlandkreis beschäftigt das Wolfskompetenzzentrum. Während seines allmorgendlichen Rundgangs entdeckte Steffen Sonnekalb, Inhaber des Gutshofs in Kleinheringen, einen völlig zerfleischten Strauß. Dabei ist der „Täter“ wohl mit recht brutaler Gewalt zu Werke gegangen und hat dabei sein Opfer regelrecht an den Maschenzaun der Einfriedung herangezogen, so dass dieser ausgebeult wurde. „Wir können nach jetzigem Stand nicht nachvollziehen, wie der Täter überhaupt in das gesicherte Gehege gekommen ist“, so Sonnekalb.
Auf dem Areal waren vor diesem Vorfall insgesamt fünf Tiere beheimatet. Auf rund 1.000 Euro schätzt der Gutshofseigentümer den Schaden. Hinzu kommt der ideelle Schaden, schließlich sei das Tier allen ans Herz gewachsen. Auch hier wurde das Kompetenzzentrum gerufen, wurden Proben für einen DNA-Nachweis genommen und eine zweite Probe zur Begutachtung freigegeben, sagte Berbig auf Nachfrage von Tageblatt/MZ.
Zahlen im Monitoring-Bericht
Mindestens 92 Wölfe, davon sind rund 42 Welpen, zählte das Wolfskompetenzentrum in den Jahren 2017/2018 in Sachsen-Anhalt. Die Zahlen werden aller zwei Jahre in einem Monitoring-Bericht veröffentlicht. Das Zentrum geht in jenen Jahren von elf Rudeln auf dem Gebiet des Landes sowie einem grenzüberschreitend lebenden Rudel aus. Laut EU-Richtlinien steht der Wolf seit 2000 in Europa unter Naturschutz.
