Vereinsleben Vereinsleben : Ideallösung Friesenheim-Gelände

Naumburg - Hier wurde einst geturnt und Fußball gespielt, es gab mal eine mobile Anlage für den Rollkunstlauf, und am 2. Oktober 1938 stellte Erika Junghanns auf diesem Gelände sogar einen Weltrekord im Weitsprung (6,07 Meter) auf - einen allerdings inoffiziellen, weil auf dem Protokoll die Unterschrift eines dritten Kampfrichters fehlte. Das Naumburger Friesenheim, vor den Toren der Stadt an der B88 Richtung Jena gelegen, hat wahrlich schon so einige Sternstunden erlebt.
Es gibt allerdings auch manch dunkles Kapitel in der wechselvollen Geschichte dieser Sportanlage. So wurde dort Anfang der 2000er-Jahre mit riesigem finanziellen Aufwand ein Mehrzweckgebäude für den damals größten Naumburger Sportverein - den TV Friesen (rund 850 Mitglieder in 21 Abteilungen) - errichtet. Doch nach der Insolvenz des Vereins, die auch eine Folge des Geher-Weltcups 2004 gewesen war, rotteten das nicht ganz fertiggestellte Gebäude und das Gelände vor sich hin. Im Jahr 2005 wurde dem Friesenheim deshalb eine zweifelhafte Ehre zuteil: Es fand Aufnahme in das „Schwarzbuch“ des Steuerzahlerbundes. 828.000 Euro öffentlicher Gelder seien in die Bauruine investiert worden, hatte der Steuerzahlerbund damals bemängelt.
Aktuell zehn Abschlagplätze
Versuche, das Objekt für eine Folgenutzung wiederzubeleben, scheiterten zunächst. Einen solchen Anlauf hatten zuletzt 2012 die Fußballer der damaligen Naumburger SV 05 gewagt, aber das finanzielle Risiko war ihnen schließlich einfach zu groß.
Inzwischen hat das legendäre Friesenheim-Gelände seine neue und offenbar dauerhafte Bestimmung gefunden - dank des Engagements der Golfspieler aus Naumburg und Umgebung. Seit 2018 haben sie das Grundstück von der Stadt, die dieses wiederum 2010 für einen fünfstelligen Betrag ersteigert hatte, gepachtet. In diesen zwei Jahren ist auf dem weitläufigen Gelände viel passiert. Als „Driving Range Naumburg (Saale)“, so der offizielle Name, hat der eingetragene Verein einen Abschlagplatz errichtet, auf dem zurzeit gleichzeitig bis zu zehn Golfsport-Freunde von speziellen Matten aus in die gleiche Richtung abschlagen können: je fünf im hinteren Bereich für lange sowie weiter vorn für mittlere und kürzere Schläge.
Die Eröffnung eines Chipping-Greens (für die 30 bis 50 Meter langen Annäherungsschläge an das sogenannte Grün, wo sich das Loch befindet) steht unmittelbar bevor; ein Putting-Green (wo das Versenken des Golfballes im Loch geübt wird) könnte noch in diesem Jahr folgen.
„Mit einer Fahrzeit von 45 bis 60 Minuten erreicht man von Naumburg aus einige Golfplätze in der Umgebung, zum Beispiel drei in Leipzig oder jene in Müncheroda bei Jena und in der Nähe von Gera. Aber wir hatten nicht unbedingt Lust, extra zwei Stunden im Auto verbringen zu müssen, wenn wir einfach mal nur trainieren und keine Neun- oder 18-Loch-Runde gehen wollten“, blickt Thomas Hey, einer der elf Gründungsmitglieder des Driving Range Naumburg (Saale) e.V. und dessen Vorsitzender, zurück. Nach einem geeigneten Objekt hatten Hey und seine Golfsport-Freunde schon länger gesucht, bis sich das Friesenheim als ideale Lösung entpuppte. „Hier ist genügend Platz, das ehemalige Fußballfeld bietet sich als Abschlagplatz geradezu an, aber es war natürlich eine Menge zu tun“, erklärt Klaus Mischke, der den Verein zusammen mit Thomas Hey und neun weiteren Mitstreitern 2017 auf der Taufe hob.
Und so machten sich Naumburgs Golfsportler an die Arbeit. Ein Fangzaun zur Bundesstraße hin wurde ebenso errichtet wie ein Wall, der nun verhindert, dass die Wassermassen nach einem Sturzregen - wie zuletzt im Juni 2019 - von den umliegenden Feldern direkt in das Sozialgebäude fließen. Das Untergeschoss des immer wieder von Vandalen heimgesuchten Hauses haben die Vereinsmitglieder erst einmal vergittert. Die Sanierung dort läuft: Toiletten sowie Umkleide- und Aufenthaltsräume sind bereits fertig; Duschen werden demnächst installiert - alles mit Hilfe von Sponsoren und eigenem Engagement. „Das verglaste Obergeschoss mit dem herrlichen Ausblick und einer Terrasse soll vielleicht mal unser Vereinsraum werden, den man auch vermieten könnte“, sagt Thomas Hey. „Zunächst hatten für uns jedoch erst einmal die Außenanlagen und damit der sportliche Teil unserer Aktivitäten Vorrang.“
Kugelahorn in Allee-Form
Und so wird der ehemalige Fußballplatz, über den jetzt die Golfbälle fliegen und rollen, von einem Rentner („Greenkeeper Willi“) regelmäßig gewalzt, besät und gemäht. Der Verein ließ die Kugelahornbäume, die in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten vernachlässigt worden waren, fachmännisch verschneiden. Sie bilden nun als kleine Allee einen schmucken Weg vom Eingang des Grundstücks zum unteren Teil der Abschlagplätze. Hinter dem Sozialgebäude nimmt derzeit Teil zwei der Übungsanlage mit Chipping- und Putting-Green Gestalt an. „Eigentlich hatten wir in diesem Jahr einen Tag der offenen Tür und ein Sommerfest geplant. Nun müssen wir abwarten, ob und wann wir das nachholen können“, verweist Klaus Mischke auf die coronabedingten Einschränkungen, mit denen auch sein Verein zurechtkommen muss.
