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Untergetauchter "Alm-Gaudi"-Wirt Untergetauchter "Alm-Gaudi"-Wirt: Brasilien statt Kleinjena

Von Harald Boltze 13.08.2019, 16:39
Im November 2016 war für Marco Maaß mit der Eröffnung des „Alm-Gaudis“ in Kleinjena die Welt noch in Ordnung.
Im November 2016 war für Marco Maaß mit der Eröffnung des „Alm-Gaudis“ in Kleinjena die Welt noch in Ordnung. Archiv (Biel)

Kleinjena/Santa Luzia D'Oeste - „Wenn morgens gegen 6.30 Uhr die Sonne Brasiliens aufsteigt ... dieser Duft der Kaffeekirschen ist nicht zu beschreiben“, formuliert der Mann auf seiner Facebookseite. Immer wieder in den vergangenen Wochen erzählt er als „Marcolino Mas“ von seiner Arbeit als Kaffeeröster in Santa Luzia D’Oeste im Westen Brasiliens. Und zwar, um als Lieferant möglichst „transparent“ zu arbeiten, wie er schreibt.

Angestellte, Lieferanten und Künstler geprellt

Ehrenhafte Worte. Doch für viele Menschen aus Kleinjena und Umgebung wirken sie sicher wie Hohn. Denn was auf den Fotos trotz neuem Bart und Gewichtsabnahme unschwer zu erkennen ist: Bei „Marcolino Mas“ handelt es sich um Marco Maaß, also denjenigen, der im Juni 2018 über Nacht die Brocken als Betreiber der Gaststätte „Alm-Gaudi“ (früher „Grünes Tal“) in Kleinjena hinwarf. Der damals seine Angestellten im Stich ließ, diese, diverse Lieferanten und Künstler um ihr Geld prellte. Der zudem Kunden im Regen sitzen ließ, etwa die Abschlussklassen der Naumburger Humboldtschule, die plötzlich keinen Platz mehr zum Feiern, aber bereits 4750 Euro angezahlt hatten.

„Vermutet wird ein Aufenthalt in Brasilien, woher seine Lebensgefährtin stammt“, schrieb Tageblatt/MZ am 19. Juni 2018. Aus der Vermutung ist also Gewissheit geworden - wenn auch keine polizeilich bestätigte. Auf Nachfrage erklärt das Polizeirevier Burgenlandkreis, dass gegen Marco Maaß wegen „Vorenthaltens von Arbeitsentgelten“ ein Haftbefehl vorliegt. „Allerdings nur ein nationaler, der vollstreckt werden könnte, wenn Herr Maaß versucht einzureisen“, wie Sprecher Thomas Ortmann erklärt.

Die von der Staatsanwaltschaft Potsdam, wo ebenfalls gegen Maaß ermittelt wurde, angeordnete Aufenthaltsermittlung sei erfolglos verlaufen. Auch dies geschah nur in Deutschland. Der Schwellenwert der Straftat, um ein internationales Amtshilfegesuchen anzustrengen, ist nicht erreicht. Es scheint also, als ob der Notfallplan von Maaß, der aus Reichardtswerben stammt, Würstchenmobile, Schwimmbad-Imbisse und diverse Kneipen bewirtschaftete, aufgeht und er nun unbehelligt „Mamalinos Coffeeworld“ betreiben kann.

Einblick in Buchhaltung

Schockiert und vor den Kopf gestoßen war vor einem Jahr auch Tina Kirchhoff, Besitzerin und damit Vermieterin des „Grünen Tals“ und der damals ebenfalls von Maaß nebenan betriebenen Gaststätte „Zum Fäßchen“. „Das hatte uns hart getroffen, auch wenn es andere finanziell noch schwerer erwischte“, so Kirchhoff. Sie bekam nach dem Maaß’schen Verschwinden einen kleinen Einblick in dessen Buchhaltung. „Ein gelber Brief mit Haftandrohung nach dem anderen. Fast schon logisch, dass er nur noch die Flucht als Ausweg sah“, so Kirchhoff. Ihre Häuser sind mittlerweile neu verpachtet. Der Flemminger Maurice Prill betreibt im „Grünen Tal“ eine gut laufende Pension, richtet hin und wieder Electro-Partys aus. Das „Fäßchen“ hingegen läuft unter dem neuen „Bocks“-Betreiber Matthias Schrödl derzeit aufgrund der Dauerbaustelle an der B180 nur als Pension mit Frühstück. Dass der Kaffee für dieses Frühstück direkt aus Brasilien kommt, ist wenig wahrscheinlich.

Glaubt man den Facebook-Einträgen von Marco Maaß, geht es ihm mittlerweile auch als Kaffeeröster ganz gut.
Glaubt man den Facebook-Einträgen von Marco Maaß, geht es ihm mittlerweile auch als Kaffeeröster ganz gut.
Screenshot (NT)