1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Trauer in Zeiten der Corona-Krise: Trauer in Zeiten der Corona-Krise: "Schicke den Sechzehnten nicht weg"

Trauer in Zeiten der Corona-Krise Trauer in Zeiten der Corona-Krise: "Schicke den Sechzehnten nicht weg"

Von Andreas Löffler 06.04.2020, 07:48
Der Lauchaer  Bestatter Axel Schmidt hat seine  Trauerhalle entsprechend der geltenden Abstandsregelungen hergerichtet.
Der Lauchaer  Bestatter Axel Schmidt hat seine  Trauerhalle entsprechend der geltenden Abstandsregelungen hergerichtet. Löffler

Naumburg/Laucha - „Es ist eine schwierige Situation auch für uns - zuallererst aber natürlich für die Hinterbliebenen“, bringt es Matthias Mertens vom Naumburger Bestattungsinstitut Mertens auf den Punkt. Die Corona-Beschränkungen schlagen sich auch in diesem, ohnedies mit Leid und Verlust verbundenen Bereich nieder.

„Noch zusätzlich erschwert wird das Ganze, weil es immer wieder neue, teils uneindeutige oder von Ort zu Ort unterschiedlich gehandhabte Regelungen gibt“, ergänzt Mertens’ Branchenkollege Axel Schmidt aus Laucha und spricht die beim Abschiednehmen höchstzulässige Personenzahl als einen der neuralgischen Punkte an.

Abschied im engsten Kreis

„Ganz am Anfang der Corona-Krise hieß es maximal 50, bald darauf höchstens noch 25 Trauergäste inklusive Redner. Diese mit dem Einhalten der Abstandspflicht verbundene Maßgabe hatten wir dergestalt umgesetzt, dass wir in unserer firmeneigenen Trauerhalle die Stühle entsprechend vereinzelten“, erklärt Axel Schmidt, der sich täglich beim Bundesverband Deutscher Bestatter über die aktuellen Regularien informiert.

Ohne explizit benannt worden zu sein, stehe jetzt die Zahl 15 im Raum. Dies heiße, dass das Abschiednehmen im engsten Familienkreis und vorzugsweise direkt am offenen Grab zu erfolgen habe, erläutert sein Sohn Mattes Schmidt.

Appell an die Angehörigen

Zu welchen Härten dies führen kann, verdeutlicht Matthias Mertens. „Was ist, wenn ein Verstorbener schon allein zehn Kinder hat? Ich maße mir bestimmt nicht an, den 16. Trauergast wegzuschicken“, sagt der Naumburger über das gebotene Fingerspitzengefühl. Er appelliere an die Angehörigen, diesen Punkt vorab untereinander zu besprechen und finde vielfach auch Verständnis.

Wirklich Unruhe brächten aber die von Ort zu Ort abweichenden Verfügungen. „Während in Naumburg alle Friedhofskapellen generell geschlossen sind, soll es dem Vernehmen nach in Weißenfels und Kayna jüngst noch Trauerfeiern mit 20 und gar 40 Gästen gegeben haben. Erklären Sie das dann mal Ihren Kunden hier“, benennt er den Zwiespalt.

Hinweis auf Verschiebung des Bestattungstermins

Er und seine Frau Silvia Mertens als Inhaberin des Bestattungsinstituts in der Domstadt, Axel und Mattes Schmidt sowie alle Branchenkollegen sind aktuell noch stärker auch als feinfühlige Psychologen gefordert. „Während Erdbestattungen in Zehn-Tages-Frist vorgenommen werden müssen, erlaubt das Gesetz bei Einäscherungen vier Wochen bis zur Beisetzung der Urne. Also weisen wir Angehörige auch auf die Möglichkeit einer Verschiebung der Trauerfeier hin - in der Hoffnung, dass sich die Kontaktbeschränkungen bis dahin gelockert haben“, schildert Matthias Mertens. Das Echo sei unterschiedlich. „Manche greifen diesen Vorschlag auf. Andere entkoppeln die Bestattung von der später nachzuholenden Trauerfeier. Noch andere wollen das Ganze jetzt abgeschlossen sehen, um endlich Ruhe zu finden“ beschreibt Axel Schmidt.

Es geht nicht ohne persönliche Begegnung

Der Lauchaer Bestatter dringt auch darauf, dass sich maximal zwei Personen zum Trauergespräch in seinem Büro einfinden. „Viele organisatorische Sachen, zum Beispiel das Aufgeben von Traueranzeigen oder Besorgen von Grabschmuck, lassen sich auch telefonisch, per E-Mail oder WhatsApp erledigen. Aber ganz ohne persönliche Begegnung kommen wir nicht aus, zumal ja auch Vollmachten auszustellen, Unterschriften zu leisten sind“, erläutert Matthias Mertens, der eine ähnliche Linie verfolgt. Der Kontakt von Angesicht zu Angesicht sei für viele trauernde Angehörige zudem eine wichtige emotionale Stütze.

„Doch selbst der übliche Händedruck als Ausdruck des Mitgefühls ist aktuell tabu - auch für die Kollegen, die den Toten am Sterbeort abholen und die sich neben dem ohnehin üblichen Mundschutz und den Handschuhen bei Corona- oder sonstigem Infektionsverdacht zusätzlich mit Schutzbrille und -kleidung absichern“, fügt Mattes Schmidt an.

Silvia Mertens
Silvia Mertens
NT
Bestatter Axel Schmidt
Bestatter Axel Schmidt
Löffler