Spurensuche in Naumburg Spurensuche in Naumburg: Erbe von einer halben Million gefunden
Naumburg/Heilbronn - Marianne Zimmer (Name geändert) ist am Mittwoch gerade in den Tag gestartet, als das Telefon klingelt. Am Apparat ihre Schwägerin. „Hast du heute schon das Tageblatt gelesen? Die suchen einen Dietrich. Das ist doch unserer!“, meint sie aufgeregt. Frau Zimmer schaut sofort in die Zeitung und erkennt auf der abgebildeten Postkarte die Handschrift ihres verstorbenen Mannes. Für sie besteht kein Zweifel: Der gesuchte Erbe einer halben Million Euro ist ihr Dietrich.
Zur Vorgeschichte: Ermittler der auf Erbensuche spezialisierten Hoerner Bank in Heilbronn haben rund zwei Jahre erfolglos nach einem Dietrich gesucht - den Erben von 500.000 Euro, die dessen Vater Hermann Langer nach seinem Tod 2016 hinterlassen hatte. Ein Testament gab es nicht, womit Dietrich Erbe ersten Ranges ist. Doch der Sohn kann nicht ermittelt werden, vor allem deshalb nicht, da er in der Familie seines verstorbenen Vaters totgeschwiegen worden war. Er hatte das Kind außerehelich gezeugt.
Allerdings: Eine heiße Spur der Ermittler führt nach Naumburg, von wo aus in der Weihnachtszeit 1969 eine Postkarte mit Grüßen von Dietrich und seiner Familie an den Vater in dessen Wohnort nahe Linden in Hessen geschickt wurde. Der Poststempel lässt über die Herkunft der Karte keine Zweifel zu. Doch Dietrich wird trotz intensiver Recherche der Ermittler in Naumburg und Umgebung nicht gefunden. Dabei hatten sie Anfang 2018 von 40 anderen Adressen auch die richtige angeschrieben. Der Brief aber ging zurück - aus unerfindlichen Gründen, wie sich jetzt herausstellen sollte.
Das Geld hätte da den Gesuchten schon nicht mehr erreicht, da er ein Jahr zuvor verstorben war, wiederum ein Jahr nach dem Tod des Vaters. Die Recherche nach dem Erben war aber auch aus anderem Grund eine schwierige, denn „Dietrich “ lautete lediglich der zweite Vorname, und der ohnehin unbekannte Nachname war später geändert worden.
Deutlich wird heute vor allem eines: Dietrich wurde nicht nur in Naumburg geboren, er lebte auch Zeit seines Lebens hier. Er und seine Frau freuten sich über drei Kinder. „Unser Sohn kam in dem Jahr zur Welt, als die Postkarte verschickt wurde - nämlich 1969“, erzählt später Marianne Zimmer sichtlich gerührt in unserer Redaktion. Und auch, dass der Kontakt zum Vater im Westen eher sporadisch gehalten wurde. „Vor der Wende war er einmal hier zu einem Wochenendurlaub in Bad Kösen, nach der Wende wir bei ihm. Doch seine Familie hat uns nicht gern gesehen, geschlafen haben wir im Hotel“, erinnert sie sich. Zum Schluss war der Draht kaum noch vorhanden. „’Ob mein Vater noch lebt?’, fragte irgendwann einmal mein Mann. Das konnte ihm keiner beantworten.“
Was hätte Dietrich, der im wahren Leben so nur vom Vater gerufen wurde, mit einem Erbe von einer halben Million Euro wohl gemacht? Sicher mit der Familie geteilt. Fest steht, sobald die von Frau Zimmer unserer Zeitung gezeigten Dokumente - so die Geburtsurkunde und die Vaterschaftsanerkennung - geprüft worden sind, geht das Erbe an sie und ihre drei Kinder. „Andere mögliche Erben sind außen vor“, macht Erbenermittler Andreas Meinke von der Hoerner Bank klar, der im Übrigen erstaunt ist über den schnellen Fahndungserfolg via Zeitung. „Wir hätten Sie eher einschalten sollen“, sagt er. Tageblatt/MZ als Erbenermittler - warum nicht.
Marianne Zimmer nimmt die frohe Botschaft vom unverhofften Erbe zurückhaltend auf, zu frisch noch sind die Erinnerungen an ihren Mann. „Er kann das nicht mehr erleben, das ist traurig. Und an das Geld glaube ich erst, wenn ich es sehe.“ (mz)