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Schwimmbad Nebra Schwimmbad Nebra: Schönstes im Bezirk Halle

Von Gisela Jäger 06.05.2019, 11:51
Der Bad-Bau in Nebra läuft, der erste Spatenstich war am 1. Mai 1967 erfolgt.
Der Bad-Bau in Nebra läuft, der erste Spatenstich war am 1. Mai 1967 erfolgt. Hartmann

Nebra - In diesem Jahr feiert Nebra das 50-jährige Bestehen des Terrassen-Schwimmbads. Am 6. Juli wird es aus diesem Anlass eine Festveranstaltung geben. Die Vorbereitungen laufen. In diesem Zusammenhang recherchierte Roswitha Hartmann, die auch das Heimathaus Nebra ehrenamtlich betreut, in ihrem privaten Fundus die Baugeschichte. Auf 13 Tafeln wird zum Schwimmbadjubiläum Rückschau in Wort und Bild auf die Bauphase und die in den folgenden Jahrzehnten durchgeführten Umbauten, Modernisierungen, Rekonstruktionen und Veranstaltungen gehalten. Frau Hartmann gewährte im Vorfeld des Jubiläums einen Einblick in ihre aufwendige Aufarbeitung eines halben Jahrhunderts Nebraer Badgeschichte und die Anfänge zuvor.

Mit Flussbadeanstalt fing alles an

Im Jahr 1913 war es, als die Stadt Nebra unterhalb der Brücke am Nebenarm der Unstrut eine Flussbadeanstalt erbauen ließ. Für Nichtschwimmer gab es zwei Becken mit unterschiedlicher Tiefe in der Form, dass ein Lattenrost mit 0,50 bis ein Meter Tiefe ins Wasser gelassen und befestigt wurde. Schwimmer gingen dem Badevergnügen in der Unstrut nach, die flussaufwärts und flussabwärts genügend Platz bot. Bis etwa 1953 gingen die Nebraer in der Unstrut baden. Der Fluss konnte wegen sich verschlechternder Wasserqualität bald nicht mehr genutzt werden. Bereits in dieser Zeit gab es schon Gespräche über den Bau eines Freibades.

Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre wurde der Begriff „Aktive Erholung in Naherholungsgebieten“ ganz groß geschrieben. Rund um Nebra entstanden unter Mithilfe der Bevölkerung neue Schwimmbäder, bestehende wurden modernisiert. Als Beispiele stehen hierfür Wiehe, Bad Bibra und Freyburg. Die Nase vorn hatte bereits das kleine Nachbardorf Wippach, wo der Feuerlöschteich zu einem Schwimmbad umgestaltet und von vielen Nebraer Kindern mangels nahliegender anderer Angebote gut besucht wurde. Unter Leitung der Stadtverwaltung bildete sich eine Interessengruppe für den Bau eines Schwimmbades, eine Gemeinschaft, in der auch der damalige Nebraer Arzt Dr. Schmiedehausen aus Gründen der gesundheitlichen Vorsorge für die Bevölkerung mitwirkte. Um staatliche Mittel zu erhalten, musste die Planung auf ein wettkampffähiges Schwimmbecken ausgerichtet werden. In Zuge der geeigneten Standortsuche wurden erste Ideen, im Bereich des Vogelherdes oder auf dem Gelände des alten Sportplatzes an der Unstrut unterhalb der „Altenburg“ zu bauen, rasch verworfen. Das Bad sollte auf dem Berg, oberhalb der Stadt im Bereich der Sportstätte „Auf der Altenburg“ errichtet werden. Nebra bekam von der Stadt Bernburg zeichnerische und bautechnische Unterlagen als „Wiederverwendungsprojekt“ zur Verfügung gestellt.

Rote Armee mit schwerer Technik

Mit der Bereitstellung der Flächen gab schließlich der Rat des Kreises die nötige Unterstützung für die Errichtung. Man sah im Bad nicht zuletzt ein Prestigeobjekt, um das Ansehen Nebras als Kreisstadt zu steigern. Es bildete sich als federführendes Gremium eine aus Fachleuten bestehende Schwimmbadkommission. In dieser wirkten: Kurt Ihle (Kreisbaudirektor), Josef Bradatsch (Bauleiter), Richard Papst, Gerhard Plato, Gerhard Ludwig (Bürgermeister), Erich Kathe und Dieter Wagemann. Die Projektkosten waren auf rund 2,2 Millionen Mark angesetzt.

In Beiträgen der Tageszeitung und durch Zeitzeugen wird berichtet: „Am 1. Mai 1967 wurde durch den ersten Spatenstich des damaligen Bürgermeisters Gerhard Ludwig der Bad-Bau in die Tat umgesetzt. Die Bauleitung übernahm der damalige Kreisbaudirektor Kurt Ihle. Angehörige der Roten Arme bewältigten mit schwerem Gerät die Erdarbeiten. Bau- und Handwerksbetriebe aus Nebra und Umgebung erledigten in Zusammenarbeit mit Bürgern der Stadt in unzähligen Arbeitsstunden im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW) die notwendigen Arbeiten. Es entstand ein wunderschönes Terrassenbad mit einer Gesamtfläche von 35000 m². Die Liegewiesen nahmen eine Fläche von 20000 m² ein. Zwei Becken mit einer Größe von 50 mal 21 Meter wurden gebaut, ein kleines Planschbecken im hinteren Teil des Bades angelegt. Die Eröffnung des Bades war am 19. Mai 1969 und begeisterte tausende Besucher.“

Veröffentlicht wurden in der damaligen Tageszeitung „Freiheit“ auch die Angaben des Bürgermeisters über die Kosten der einzelnen Bestandteile der Badanlage und technische Einzelheiten: So kostete das Schwimmbecken 362188 Mark, das auch eine Sprunganlage mit 3-Meter-Turm erhielt, das Nichtschwimmerbecken 325.233 Mark, beide jeweils 50 x 21 Meter groß, das Planschbecken 36.109 Mark. Zu Eröffnung fertiggestellt waren die Umkleidekabinen mit sanitären Anlagen, das Schwimmmeistergebäude mit einer DRK-Hilfestelle, eine Selbstbedienungsreihe zur Versorgung und ein Vorwärmebecken. Eine eigene Trafo-Station diente der eigenständigen Energieversorgung und ein Brunnen für die Wasserzufuhr. Die gastronomische Einrichtung war 1970 fertiggestellt worden.

Eine Auflistung nennt viele Betriebe und freiwillige Helfer. Allen voran lobte man die sowjetischen Soldaten, die „beispielhaft bei der Bewältigung schwerer Erdarbeiten“ halfen. Weitere Helfer wurden genannt: die Zementwerke Karsdorf, Kaliwerk Roßleben, Nebraer Zimmermann-Brigade Gebhard, Betonbrigade Weise aus Nebra, PGH Wetzendorf, PGH Bau und Ausbau Nebra, VEB Erdbau Leipzig-Baustelle Karsdorf, Handwerksbrigade Pleitz aus Laucha beziehungsweise Stöcker aus Nebra, Fliesenleger Krause, Feierabendbrigade Nebra, die „Station Junge Techniker Karsdorf“, die Nebraer Rentner Karl Kathe und Friedrich Will sowie viele andere mehr.

Angebot wird mit der Zeit vielfältiger

Ständig waren über 300 Helfer im Einsatz. Die Begeisterung für das kostspielige Vorhaben zeigt sich ebenso in einer Auflistung: „Bürger und Betriebe spendeten Geld für den Bau: die LPG, Zuckerfabrik Vitzenburg, Kaliwerk Wangen und der Arzt Dr. Schmiedehausen beteiligten sich. So konnten über 410.000 Mark eingespart werden.“ Schwimmmeister Walter Krause sorgte mit seinen Mitarbeiter-Team dafür, dass sich aus nah und fern angereiste Gäste wohlfühlten. Das Anlegen von zwei Volleyballfeldern, einem Tischtennisplatz und einer Kegelbahn gab den Besuchern Gelegenheit, sich auch außerhalb der Schwimmbecken sportlich zu betätigen. In Laufe der Zeit vervollständigte sich das Angebot des Schwimmbades. Es konnten Bücher, Spiel- und Sportgeräte, Strandkörbe, Campingliegen und Liegestühle ausgeliehen werden.

Von 1975 bis 1976 gab es bereits eine erste größere Investition. Der Bau einer Filteranlage und einer biologischen Enteisung verbesserte die Wasserqualität. In den Jahren 1976 bis 1977 wurde mit Sondermitteln der DDR-Staatskasse in Höhe von 300.000 Mark eine Ölheizung eingebaut und die Filteranlage aus regeneriertem Material weiter vervollkommnet. Insgesamt lag die Wertschöpfung bei einem Wert von 900.000 DDR-Mark. Im Jahr 1980/81 erfolgte die Verlegung des Planschbeckens auf die vordere und windgeschützte Liegewiese. Die Lage erwies sich familienfreundlicher, auch durch einen ansprechenden Spielplatz und Sitzgelegenheiten und bot eine bessere Beaufsichtigung kleiner Kinder. Folgerichtig erhielt das Bad am 5. Juni 1981 vom Rat des Bezirkes die Anerkennungsurkunde „Vorbildliche Sportstätte“ des Bezirkes Halle, in „Würdigung der Initiativen und Aktivitäten bei der Pflege, Wartung und Nutzung der Sporteinrichtung.“ In einigen kalten Wintern der 70er Jahre lud sogar eine Eisdecke im Nichtschwimmerbecken zum Schlittschuhlaufen ein.

Bereits zuvor, im Zeitraum 1978/79, erhielt das Bad einen, die Attraktivität steigernden Steingarten an der Grenze zum Sportplatz. Noch einmal in den Jahren 1987/88 standen Sondermittel für eine größere Bautätigkeit bereit. Unterhalb der Schwimmbadgaststätte wurde auch dank des Engagements vieler fleißiger Helfer eine Sauna mit Bewegungsbecken errichtet. 1989/90 erhielt auch die Schwimmbadgaststätte eine Erweiterung. Das Bad hatte somit 1989 einen Wert von etwa 4,3 Millionen Mark der DDR.

Modernisierung nach der Wende

Doch schon 1991, kurz nach der politischen Wende, floss neues Geld in das Terrassenschwimmbad. Durch eine Förderung von 1,5 Millionen DM konnte das Schwimmbecken modernisiert werden. Die Wassertiefe wurde verringert, eine Jalousie für die Verhinderung des Wasserverlustes eingebaut. 1994 erhielt der Eingangsbereich des Schwimmbades eine Neugestaltung, und die Umkleidekabinen wurden mit neuen Türen bestückt. 1995 folgte die Umgestaltung des Nichtschwimmer- in ein Aktionsbecken. 

Perle im Unstruttal

Die Schwimmbadgaststätte hatte zuletzt eine Kapazität von 200 Plätzen auf der Terrasse und 80 weiteren in der Gaststätte. Das Nebraer Terrassenschwimmbad bildete auch nach der Wende das kulturelle und Naherholungszentrum der Stadt, das an heißen Tagen zwischen 2.000 und 3.000 Besucher auch aus ferneren Orten zählen konnte. In manch guter Saison verzeichnete die „Perle im Unstruttal“ - auch das „schönstes Bad im Bezirk Halle“ genannte Ausflugsziel bis zu 50.000 Besucher. Allein während der jährlichen Schwimmbadfestwoche konnte Nebra um die 12.000 Besucher und Aktive begrüßen. Selbst die Nebraer Schwimmsportlerin und spätere erfolgreiche Olympia-Teilnehmerin Ines Diers begründete im Nebraer Schwimmbad die Anfänge ihrer Sportkarriere.

Heute ist der Fokus im Schwimmbad Nebra auf Erholung und Freizeitspaß ausgerichtet. Die DLRG bietet alljährlich Schwimmkurse an. Anfänger können das „Seepferdchen“ absolvieren, aber auch weiterführende Schwimmprüfungen sind möglich. Dank der Zuständigkeit der Verbandsgemeinde ist der Weiterbetrieb des Bades auch für künftige Generationen gesichert. In einem Pressebeitrag von vermutlich 1993 ist von einer hohen Auszeichnung für Nebras Schwimmmeister Walter Krause (geb. 1937) zu lesen, der bis zu dieser Zeit diese Aufgabe im Nebraer Schwimmbad innehatte. „Aufgrund seiner langjährigen Arbeit für den Schwimmmeisterberuf mit großem persönlichen Engagement beschloss der Bundesvorstand und Beirat des Bundes Deutscher Schwimmmeister (BDS), Walter Krause als ersten ostdeutschen Berufskollegen mit der Goldenen Ehrennadel, eine Auszeichnung, die äußerst selten vergeben wird, zu ehren.“ Anlass waren die 17. Internationalen Deutschen Meisterschaften im Schwimmen, Retten, Wasserball für Schwimmmeister(innen) und Nachwuchskräfte im Stadionbad Hannover.

Würdigung für Schwimmmeister

Über seinen beruflichen Werdegang wurde berichtet, dass er über seine ehrenamtliche Tätigkeit beim DRK 1958 zum Schwimmmeisterberuf fand. In Nebra setzte er sich ab 1969 über zwei Jahrzehnte dafür ein, ständige Erneuerungen zur Anhebung der Standards des ihm anvertrauten Freibades zu bewirken. 1985 war Walter Krause wegen seiner fachlich hohen Qualifikation die Mitarbeit in der Zentralen Kommission für Sonder-Schwimmbäder übertragen worden. Lobende Erwähnung findet zudem seine Tätigkeit nach 1990 in Nebras Stadtverwaltung als Dezernent für Kultur, Umwelt und Tourismus. Abschließend heißt es: „Im Landesverband im BDS wird Walter Krause nun innerhalb des Vorstandes für seine 360 Berufskollegen in Sachsen-Anhalt ehrenamtlich tätig sein.“