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Rückblick  Rückblick : Bilanz nach zehn Jahren

Von Albrecht Günther 07.03.2018, 15:05
Imposant und hoch oben über der Unstrut gelegen: Schloss Burgscheidungen. 2007 wurde es von Bernd Artinger erworben, ein Jahr später begann die Revitalisierung.
Imposant und hoch oben über der Unstrut gelegen: Schloss Burgscheidungen. 2007 wurde es von Bernd Artinger erworben, ein Jahr später begann die Revitalisierung. privat

Der Hausherr liebt deutliche Worte. „Mein Team und ich, wir sind stolz auf das Geleistete, von dem die ganze Region profitiert. Schade, dass manche hier das nicht erkennen“, sagt Bernd Artinger und öffnet die große Holztür zum Burgscheidungener Schlossgebäude. Im November 2007 hat der 53-Jährige das historische Bauensemble erworben, im August 2008 erfolgte der Grundbucheintrag.

Nun, zehn Jahre danach, sei es an der Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. „Bis jetzt wurden alle Maßnahmen nur aus Eigenmitteln und den Einnahmen finanziert. Erst für die Sanierung des unteren Schlossparks nach dem Hochwasser gibt es zweckgebundene Fördermittel“, blickt Artinger auf die bisher an den Gebäuden ausgeführten Arbeiten zurück. Und macht ebenso keinen Hehl aus Problemen: „Es gab auch schwierige Situationen, über die sind wir aber hinweg. So, als 2014 die Betreibergesellschaft aufgelöst wurde und das Gerücht entstand, das Schloss stehe zum Verkauf. Wir haben dennoch gesagt, wir machen weiter.“

Während Artinger von Raum zu Raum führt, nennt er Stationen der Sanierung des oberhalb der Unstrut gelegenen, imposanten Schlosses und geht auf dessen Geschichte ein. 1722 war es von Levin von der Schulenburg erworben worden. Dieser beauftragte den sächsischen Landesbaumeister David Schatz mit der Umgestaltung zum Barockschloss. Vom vierflüglig geplanten barocken Neubau wurden nur der Nord- und Ostflügel ausgeführt, Süd- und Westflügel blieben bis heute aus der Renaissancezeit erhalten.

Zum Schloss gehört ein Park, der mit Terrassengarten und Grotte ein sehenswertes Areal bildet. Steinerne Figuren, geschaffen vom Altenburger Bildhauer Joseph Blühme, symbolisieren die Monate. Bekannt geworden ist das Schloss Burgscheidungen vor allem als Bildungsstätte der von Gerald Götting geführten CDU der DDR, die von 1956 bis zur Wende Eigentümerin der Immobilie war.

„Unmittelbar, nachdem der Kauf in trockenen Tüchern war, haben wir mit der Planung des Umbaus des ehemaligen Heizhauses zum Café und Restaurant begonnen, 2009 gingen die Arbeiten los. Gleichzeitig wurden im Nordflügel die im Erdgeschoss gelegenen Säle renoviert“, erinnert sich Bernd Artinger, der mit Renate Kuhnt ein engagierte Mitarbeiterin an seiner Seite weiß. Eine Vielzahl von Fenstern wurde denkmalgerecht neu eingesetzt. 2011 konnte das Café und Restaurant „Gräfin Cosel“ eröffnet werden.

Ein Jahr zuvor hatte mit dem „Sonnenball“ der erste Barockball im Schloss stattgefunden, der zunächst viel Aufmerksamkeit erregte. „Mit dem Leipziger Verein Les Arts du Baroque war eine Kooperation für drei Jahre geplant, um den Ball jährlich im Sommer hier stattfinden zu lassen. Es gab aber zunehmend Probleme seitens des Vereins, der von mir auch eine höhere finanzielle Beteiligung forderte, dies habe ich abgelehnt. Später hat sich der Verein dann aufgelöst.“

Eine Ein-Sommer-Aktion blieb der Ball dennoch nicht, denn bereits 2013 fand die erste, von Artinger selbst organisierte Veranstaltung dieser Art statt. „Am Anfang hat man uns belächelt, obwohl wir 70 Gäste begrüßen konnten. Inzwischen ist der Barockball der größte, schönste und bekannteste Ball in Deutschland mit rund 250 Gästen“, so Bernd Artinger. So war der 2017er-Ball komplett ausverkauft. Der nächste wird am 14. Juli stattfinden. „Barocke Spiele, Köstlichkeiten aus der Schlossküche und ein Höhenfeuerwerk sind nur einige der Besonderheiten, auf die sich die Besucher freuen können“, heißt es in einer Ankündigung. Traditionell spielen auch historische Tänze eine große Rolle.

Weitere Stationen der Revitalisierung des Gebäudeensembles waren im Jahr 2012 die Renovierung der alten Schlossküche und die Einrichtung der Brunnenbar „für mittelalterliche Tafeley und urige Hochzeiten“ sowie 2013 die Renovierung des Renaissance-Südflügels, um öffentliche Führungen zu ermöglichen.

Das Schloss wurde somit für Brautpaare ebenso interessant wie für Film- und Fernsehleute. So drehte der Sender RTL im Jahr 2012 für eine Serie im Schloss und eröffnete damit den Reigen der Film- und Fernsehproduktionen. 2014 wählte Matthias Schweighöfer Burgscheidungen als einen der Drehorte für seinen Erfolgsstreifen „Der Nanny“ aus. Zwei Jahre später zogen die Zwillinge „Hanni und Nanni“ für einige Zeit ein, um im Film „Mehr als beste Freunde“ in der Regie von Isabell Šuba tolle Abenteuer zu erleben. Burgscheidungen flimmerte so vor Hunderttausenden von Augen über die Leinwände deutscher Kinos.

2014 begann die Renovierung des barocken Ostflügels, die noch immer andauert. Ein Jahr später fand die erste standesamtliche Eheschließung auf dem Außengelände des Schlosses statt, nachdem die Verbandsgemeinde Unstruttal den standesamtlichen Bezirk entsprechend ausgeweitet hatte. Nicht zuletzt dies trug dazu bei, dass das Schloss bei Hochzeitspaaren immer beliebter geworden ist. Über 500 Paare gaben sich bislang das Ja-Wort.

Innerhalb des Gebäudes kann dabei zwischen Räumen unterschiedlicher Größe - je nach Anzahl der Gäste - ausgewählt werden. Ob Fest- oder Gartensaal, Roter oder Blauer Salon, alle sind zum historischen Ambiente passend ausgestattet. „Auch in dieser Hinsicht, so etwa beim Mobiliar, habe ich viel investiert, denn ich habe damals ein komplett leeres Schloss vorgefunden“, sagt Artinger. Übrigens: Wer sich Appetit zum Heiraten auf Schloss Burgscheidungen holen möchte, ist zum Brautkleiderball am 12. Mai herzlich willkommen.

Damit die Hochzeitsgäste im Schloss übernachten können, plant Artinger, das ehemalige Zwölf-Familienhaus zum Hotel umzubauen. Die Renovierungsarbeiten haben begonnen, allerdings liegt das Vorhaben derzeit auf Eis. Auch ein Museum könnte laut Artingers Worten im Schloss entstehen, das Gästen den individuellen Besuch ermöglicht.

Es gilt also noch etliches anzupacken. Das weiß auch der Schlossherr. Den weiteren Herausforderungen wolle er sich stellen, sagt der gebürtige Münchener, obwohl er außerdem in der Oberpfalz das Schlosshotel Fuchsmühl (Bayern) gepachtet hat. Eigentümer sind dort Claudia Einsiedel und Bernd Hoffmann, ein Freund Artingers. Das Schlosshotel werde derzeit weiter umgebaut und modernisiert, so durch einen Wellnessbereich. „Ich sehe das als zweites Standbein an.“

Im Jahr 2011 wurde das Café und Restaurant „Gräfin Cosel“ eröffnet. Im März heißt es jeweils freitags sowie sonnabends und sonntags Gäste willkommen.
Im Jahr 2011 wurde das Café und Restaurant „Gräfin Cosel“ eröffnet. Im März heißt es jeweils freitags sowie sonnabends und sonntags Gäste willkommen.
privat