Probleme bei Übernahme Probleme bei Übernahme: Johanniter zahlen Zuschläge

Naumburg - „Wir sind betrübt, dass es nicht die Möglichkeit gab, die Mitarbeiter hinreichend zu informieren“, meinte am Donnerstag Andreas Weigel vom Landesverband der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) zum Abbruch jener Informationsveranstaltung, zu der die Hilfsorganisation Mittwochnachmittag Mitarbeiter des Bereichs Naumburg der insolventen DRK-Rettungsdienst Burgenlandkreis gGmbH eingeladen hatten. Ehe die JUH-Mitarbeiter den gut 30 Frauen und Männern in individuellen Gesprächen die Konditionen eines neuen Arbeitsverhältnisses vorstellen konnten, verließen die Rettungsdienstmitarbeiter mit Insolvenzverwalter Nico Kämpfert empört den Saal. Viele Kollegen würden vor allem wegen nicht voll angerechneter Vordienstzeiten wesentlich weniger verdienen, so der Tenor unter den Rettungsdienstmitarbeitern.
Diese Zeiten könnten die Johanniter nur entsprechend ihres zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ausgehandelten Tarifvertrags anrechnen - also maximal fünf Jahre. Doch man hätte, so Weigel weiter, gern darüber informiert, was die Mitarbeiter bei den Johannitern verdienen würden. Aus einer anonymen Liste zur aktuellen Vergütung der DRK-Mitarbeiter, die man erst kurzfristig vom Insolvenzverwalter erhalten habe, sei ersichtlich, dass ein Drittel der Beschäftigten bei den Johannitern sofort mehr verdienen würden, ein Drittel ungefähr das gleiche Gehalt hätte und ein Drittel in der Tat weniger teils deutlich weniger verdienen würde.
Mit ihnen wolle man ins Gespräch kommen, schauen, was machbar ist. Den Johannitern seien aber die Hände gebunden, weil sie die betreffenden Mitarbeiter nicht kennen. Die Johanniter würden zu 100 Prozent ein 13. Monatsgehalt zahlen. Prozentual höher als beim DRK läge auch die Pauschalisierung bei der Anrechnung von Bereitschaftsdiensten als Arbeitszeit. Zudem wolle man auf die Probezeiten verzichten.
Thomas Hein, Fachbereichsleiter Personal bei den Johannitern, gibt zu bedenken, dass die DRK-Mitarbeiter alle bei den Johannitern mehr verdienen würde, vergleiche man es mit ihrem Verdienst, bevor im Januar der neue Tarifvertrag griff. Über ihren eigenen Tarif hinaus könnten die Johanniter keine allgemeinen Regelungen für die jetzigen DRK-Mitarbeiter treffen. Dann laufe man Gefahr, in eine Betriebsübernahme zu schlittern. Dass hieße dann auch, die Schulden der insolventen gGmbH mit zu übernehmen. „Und wir kennen nicht einmal die Höhe der Schulden“, so Hein. Auch müsse man sich an die tariflich vorgegebenen fünf Jahre, die maximal von den Vordienstzeiten angerechnet werden, halten. Würde man mehr anrechnen, würden die Kostenträger, sprich die Krankenkassen, das nicht zahlen, erklärte Hein.
Kurzfristig gaben gestern Nachmittag die Kostenträger den Johannitern grünes Licht, ähnlich wie die Malteser im Bereich Weißenfels, den Mitarbeitern eine individuelle Zulage zwischen 150 und 350 Euro pro Monat zu zahlen. „Damit werden in 75 Prozent aller Fälle die Differenzen zu ihrem jetzigen Gehalt ausgeglichen, wobei Kollegen finanziell auch besser gestellt sind als vorher“, erklärte Marion Bretschneider vom Johanniter-Regionalvorstand des Regionalverbandes Sachsen-Anhalt Süd-Ost. Allerdings sei dies eine abschmelzbare Zulage, die sich mit künftigen Tariferhöhungen reduziere. „Dieses Angebot“, fügte sie hinzu, „unterbreiten die Kostenträger allerdings nur bis zum 27. März“.
Indes bietet Insolvenzverwalter Nico Kämpfert dem Landkreis an, den Rettungsdienst über den 1. April hinaus für einen Monat mit der jetzigen DRK-Mannschaft fortzuführen. „Wie wollen die Johanniter ohne Personal arbeiten“, fragt sich Kämpfert, der hofft, so die Johanniter zum Einlenken zu bewegen. Bezahlen wolle er die Beschäftigten für April aus der Insolvenzmasse. Bis in den April hinein liefen ohnehin die Kündigungsfristen.
Zu erreichen sind die Johanniter für Gespräche weiterhin im Moritzberg 31 am heutigen Freitag von 10 bis 15 Uhr. Auch kommenden Montag und Dienstag ist das Büro geöffnet.