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Pferdesport in Droyßig Pferdesport in Droyßig: Wie Opa Rudolf Gentzsch einst bis nach Dortmund ritt

Von Yvette Meinhardt 04.11.2017, 16:00
Zwischen dem großen und dem kleinen Foto liegen mehr als 40 Jahre: Eberhard Gentzsch lenkt die Gespanne in Würchwitz und Droyßig.
Zwischen dem großen und dem kleinen Foto liegen mehr als 40 Jahre: Eberhard Gentzsch lenkt die Gespanne in Würchwitz und Droyßig. René Weimer

Droyßig - Es ist eine unglaubliche Geschichte und wird sich in dieser Form sicher nicht wiederholen: Rudolf Gentzsch ist vor 90 Jahren mit seinem Pferd von Würchwitz über Stendal nach Dortmund geritten. „Er gehörte im Oktober des Jahres 1927 zur Mannschaft des provinzial-sächsischen Reiterbundes und nahm in Dortmund an einer großen Vielseitigkeitsprüfung teil“, erzählt Eberhard Gentzsch.

Der Reiterhof Gentzsch in Droyßig feiert in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund erinnert man sich im Kreise der Familie an alte Geschichten. So auch an jene des Großvaters Rudolf Gentzsch.

Sechs Reiter vertraten damals die Provinz Sachsen

Sechs Reiter vertraten damals die Provinz Sachsen. Sie trafen sich zunächst in Stendal, trainierten dort und ritten dann gemeinsam rund 480 Kilometer nach Dortmund.

Gentzsch hat die Story in der Familienchronik zu Papier gebracht. Demnach fuhr ein Quartiermacher per Rad voraus, machte die Übernachtungen für die Reiter fest. Doch der Ritt war für Reiter und Pferd eine Qual. Die Distanz wurde in nur fünf Tagen bewältigt, dabei wurden an drei Tagen hintereinander je 80 Kilometer im Sattel zurückgelegt. In Orten wie Hildesheim, Hameln und Bad Piemont wurden die Reiter bejubelt.

Dressur-Prüfungen und 100-Meter-Lauf in Reitkleidung

Am 17. Oktober 1927 fand in der Dortmunder Westfalenhalle das große Turnier statt. Dazu gehörten zum Beispiel Dressur-Prüfungen, 100-Meter-Lauf in Reitkleidung, also mit Stiefel und Kappe, ein Querfeldeinritt von über 20 Kilometern mit Hindernissen wie Doppelrick und Wassergraben. „Zahlreiche Pferde versagten wegen Übermüdung“, steht in der Chronik. Rudolf Gentzsch war am Ende der einzige aus der Provinz Sachsen-Anhalt, der die Prüfung überstand und anschließend ausgezeichnet wurde.

„Mein Vater Rudolf gehört zu den insgesamt nur 13 deutschen Reitern, die die Prüfung überhaupt bestanden und danach das Goldene Reitabzeichen erhielten“, sagt Eberhard Gentzsch. Seitdem ist die Familie Gentzsch bis in die heutige Gegenwart mit dem Reitsport verbunden. „Mein Vater hatte damals einen Trakehner namens Prinz. Das war schon ein außergewöhnliches Pferd“, erzählt Eberhard Gentzsch.

Bei den Trakehnern handelt es sich um die älteste Reitpferderasse Deutschlands

Bei den Trakehnern handelt es sich um die älteste Reitpferderasse Deutschlands. Das Pferd Prinz war 1,70 Meter groß, besaß eine außergewöhnliche Eleganz und hohe sportliche Qualitäten. So konnte Rudolf Gentzsch sogar auf dem Pferderücken stehen oder das Tier zum Hinlegen bewegen. „Mein Vater hatte den Prinz von seinem Bruder geschenkt bekommen und ausgebildet“, erinnert sich Gentzsch weiter.

Bis heute ist die Familie dem Reitsport treu. So sitzt bereits die vierte Generation im Sattel. Senior Eberhard Gentzsch stammt aus Würchwitz (siehe Foto) und war ebenfalls viele Jahre lang ein aktiver Reiter. „Der Bazillus Reiten steckt einfach in unserer Familie“, sagt der 69-Jährige. Mit seiner Frau - sie stammt aus Droyßig - zog er bereits 1972 nach Droyßig und gründete vor 25 Jahren den heutigen Reiterhof. „Ich habe viele Jahre lang bei der LPG in Kretzschau und Droyßig gearbeitet, damals haben wir Kindern im Dorf schon immer in der Freizeit Reiten angeboten“, erinnert sich Gentzsch.

Nach der Wende ging die Gärtnerei in Droyßig pleite

Nach der Wende ging die Gärtnerei in Droyßig pleite und plötzlich stand das große Heizhaus zum Verkauf. „Es war eine unglaubliche Herausforderung, aus dem Heizhaus einen Reiterhof zu machen.

Wir haben entkernt, entrümpelt und neu aufgebaut“, erinnert sich der Senior. Nach und nach entstand am Rande des Dorfes eine schöne Reitanlage. Zuerst gab es eine erste kleine Reithalle mit angeschlossenen Ställen. Über die Jahre hinweg wurde viel investiert und inzwischen hat das Zepter Sohn Stefan Gentzsch übernommen. Dieser konnte im vergangenen Jahr einen Traum der Familie verwirklichen und eine nagelneue Reithalle einweihen. Viele Kinder und Jugendliche frönen hier ihrem Hobby und auch seine Ferien kann man in zwei rustikalen Holzbungalows verbringen.

Es gibt herrliche Weiden, einen Parcours für Dressur- und Springreiter und eben die neue Reithalle. (mz)

Eberhard Gentzsch fährt vor 40 Jahren in Würchwitz aus.
Eberhard Gentzsch fährt vor 40 Jahren in Würchwitz aus.
Privat
Rudolf Gentzsch aus Würchwitz hatte seine Tiere im Griff und konnte sogar auf dem Trakehner Prinz stehen.
Rudolf Gentzsch aus Würchwitz hatte seine Tiere im Griff und konnte sogar auf dem Trakehner Prinz stehen.
Privat