Naumburger Tageblatt Naumburger Tageblatt: Auf Nummer sicher

Naumburg - Aus Analog wird Digital - rasend schnell. Der Röhrenfernseher ist längst passe, Musik kommt von Festplatten, und in manchen Ländern wird schon UKW abgeschaltet. Doch wie gelingt das mit alten Zeitdokumenten, beispielsweise Zeitungen? Wie kann man sie darüber hinaus noch einem breiten Interessentenkreis zugänglich machen - am besten weltweit? Freilich über’s Internet. Aber der Weg dahin ist kein einfacher, denn was es braucht, sind sogenannte Digitalisate, die wiederum erst aus einer Vielzahl analoger Vorlagen entstehen können.
Eine Wahnsinnsarbeit, wenn es darum geht, mal eben sämtliche Zeitungen der Tageblatt/MZ Vorgänger „Kreisblatt“ und „Der deutsche Bürger“ aus den Jahrgängen 1821 bis 1860 in die digitale Zukunft zu retten. Die Abteilung Informationsmanagement und -systeme der Thüringer Universitäts- und Landebibliothek in Jena hat genau das getan, und jene analogen Zeitungsdokumente, die ihnen Domstifter und Städtische Sammlungen - meist in Filmform - haben zukommen lassen, in digitale verwandelt.
Das ehrgeizige Projekt ist jetzt zahlreichen Lesern und Interessenten während einer Veranstaltung unserer Zeitung in der „Mitteldeutschen“ vorgestellt worden. Redaktionsleiter Albrecht Günther und Regionalverlagsleiter Olaf Döring konnten dazu die Protagonisten des Projekts begrüßen: Michael Lörzer, Thüringer Universitäts- und Landesbi-bliothek, Holger Kunde, Vereinigte Domstifter und Siegfried Wagner, Städtische Museen.
Die beiden letzteren pflegen gute Kontakte nach Jena und hatten allen Grund zu handeln. Denn hier wie da hatten die historischen Zeitungsbestände gelitten, wurden zwar schon behandelt (Domstiftsarchiv), sind aber nicht unbedingt vor Gefahren gefeit, wie vor allem nicht am aktuellen Standort des städtischen Archivs. Zu Letzterem sagte Siegfried Wagner: „Naumburg hat fantastische Bestände, sie müssen aber ordentlich verwahrt werden. Ein Brand im Archiv würde das Gedächtnis der Stadt vernichten.“ Und Holger Kunde machte deutlich, dass es das Ziel der Domstifter sei, sämtliche alten Dokumente, eben auch die Zeitungen, nutzbar zu machen für die Zukunft. Beide hegten allerdings gewisse Zweifel, ob die Digitalisierung - wenngleich derzeit alternativlos - wirklich das sicherste Mittel dafür sei.
Michael Lörzer, der den umfangreichen technischen Prozess der Zeitungsdigitalisierung vorstellte, versuchte, diese Zweifel zu zerstreuen. „Die Daten sind sicher, weil unkomprimiert und sauber, mehrfach gespiegelt und an sechs Orten in Thüringen gespeichert. Ein System, das auf die Dauer Bestand hat.“ 146 Zeitungsfilme haben Lörzer und sein Team in 180000 Digitalisate verwandelt. Sie sind jederzeit im Internet kostenlos abrufbereit. Ein Wermutstropfen: Die Dokumente sind Bilddateien, keine Texte, eine Suche nach Stichworten beispielsweise ist nicht möglich. Lörzer: „Beim Jenaer Volksblatt konnten wir den Schritt zum Text machen. Im aktuellen Fall ginge das auch, doch ist das eine Frage der Finanzierung. Es bedarf Spenden oder Fördergelder.“