Mibrag Mibrag: Diskussionsveranstaltung um Braunkohle-Tagebau Profen in Reuden

Reuden - Der Landgasthof „Drei Linden“ in Reuden ist gut gefüllt gewesen. Im Saal standen am Mittwochabend etwa 120 Gäste an runden Partytischen – vorn auf einem kleinen Podium Jörg Felgner. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister hatte in dem kleinen Ort im Burgenlandkreis, der in unmittelbarer Nähe des Tagebaus Profen liegt, zum „wirtschaftspolitischen Dialog“ geladen.
Thema: „Wie weiter mit der Braunkohle?“ Es war der Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen, mit denen der SPD-Politiker seine Politik näher an die Bürger bringen will.
Um es gleich vorweg zu sagen, gekommen waren vor allem Firmen- und Verbandschefs aus der Region sowie Lokal- und Landespolitiker. Das war einerseits schade, weil diese Personengruppen ohnehin stetig im Gespräch mit der Landesregierung sind – anders als der „normale Bürger“. Andererseits wurde dadurch mit viel Fachwissen argumentiert, was die Diskussion förderte.
Felgners Kernbotschaft: „Sachsen-Anhalt muss als Industriestandort wettbewerbsfähig bleiben. Dazu brauchen wir mittelfristig die Braunkohle.“ Nach seinen Worten wird der Strukturwandel aber auch um den Burgenlandkreis keinen Bogen machen. Diesen müsse man daher „so wirtschaftsfreundlich wie möglich gestalten.“ Wie im Koalitionsvertrag festgelegt, solle die energetische Nutzung der Braunkohle im Land mit der Auskohlung des Tagebaus Profen im Jahr 2035 enden.
Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (Mibrag) beliefert aus Profen und dem sächsischen Tagebaugebiet Vereinigtes Schleenhain die beiden Großkraftwerke in Schkopau (Saalekreis) und Lippendorf (Sachsen) mit Braunkohle. 3.000 Mitarbeiter sind für das Unternehmen tätig. Der neue Mibrag-Chef Armin Eichholz machte deutlich, dass auf die Braunkohle nicht verzichtet werden kann, solange es in Deutschland keine großen Energiespeicher für Wind- und Sonnenstrom gibt. Weder wirtschaftlich noch technologisch sei auf absehbare Zeit ein Kohleausstieg machbar, so Eichholz.
Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, wies darauf hin, dass es nicht nur um 3.000 gutbezahlte Arbeitsplätze bei der Mibrag geht. Im Burgenlandkreis seien Tausende weitere Jobs bei Dienstleistern und Industriefirmen von der Kohle abhängig.
„Wo sollen die neuen Jobs herkommen?“
Welche Szenarien gibt es nun für einen Strukturwandel? Ein Schlagwort fiel immer wieder: „stoffliche Nutzung der Braunkohle“. Anstatt die Kohle zu verbrennen, wobei viel klimaschädliches Kohlendioxid frei wird, soll sie als Rohstoff für die Chemie-Industrie im Land dienen. Sowohl Felgner als auch Eichholz werben für eine Pilotanlage, um das Potenzial sichtbar zu machen. Nicht gesagt wurde, dass solche Pläne schon seit Jahren ausgearbeitet werden. Der Gase-Konzern Linde, der in Leuna einen großen Produktionsstandort besitzt, legte die Pläne aber auf Eis. Die Mibrag sah sich bisher nicht in der Lage, das Konzept allein voranzubringen.
Stimmung im Saal kam auf, als die Grünen-Politikerin Dorothea Frederking fragte, welche chemischen Rohstoffe aus Kohle produziert werden sollen. „Grundstoffe wie Wasserstoff lassen sich bereits kostengünstig aus Gas aber auch mittels erneuerbarer Energien herstellen“, so Frederking. Ihr fehle ein schlüssiges Konzept.
Hohenmölsens Bürgermeister Andy Haugk brachte seine Sorge zum Ausdruck, dass mit dem Rückzug aus der Braunkohle auch ein großer Teil der Arbeitskräfte abwandert. Das werde vielleicht zu einer anderen Art von Umsiedlung führen, so Haugk. „Wo sollen die neuen Jobs herkommen?“ Ein anderer Lokalpolitiker fragte, ob die Landesregierung finanzielle Mittel für den Strukturwandel bereit halte und in welche Höhe. Felgner konnte auf diese Fragen keine konkreten Antworten geben. Das kann man ihm kaum vorwerfen.
Der Braunkohleausstieg und der damit verbundene Strukturwandel werden bundesweit nur abstrakt diskutiert. In Reuden, dem Herz des mitteldeutschen Braunkohlereviers, wurde am Mittwochabend aber deutlich, dass damit ganz handfeste Probleme entstehen. Felgner sagte daher auch zum Abschluss: „Ich habe mir viele Fragen und Probleme notiert, auf die wir schon bald Antworten finden müssen.“ (mz)