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Lichthof in Freyburg Lichthof in Freyburg: Eine Klassenfahrt die nie endet

01.02.2017, 08:58
Stehen am 4. Februar in der Sektkellerei in Freyburg auf der Bühne: Ulla Meinecke mit ihrer Band. Im Gepäck hat die Sängerin ihre neue CD „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“.
Stehen am 4. Februar in der Sektkellerei in Freyburg auf der Bühne: Ulla Meinecke mit ihrer Band. Im Gepäck hat die Sängerin ihre neue CD „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“. U. Meinecke

Freyburg - Ulla Meinecke und „Die Tänzerin“ - man nennt beide in einem Atemzug. Möglicherweise hat die Sängerin auch diesen Song, mit dem ihr Anfang der 80er-Jahre der Durchbruch gelang, mit im Gepäck, wenn sie am Sonnabend, 4. Februar, in der Sektkellerei in Freyburg einkehrt. Ab 19.30 Uhr stellt sie mit ihren Musikern Ingo York und Reinmar Henschke im Kellertheater ihre neue Live-Doppel-CD „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“ vor. Mit der Rockpoetin sprach Redakteurin Jana Kainz.

Sie kennen Freyburg?

Ulla Meinecke: Klar, wir waren vor zwei Jahren schon mal dort. Das ist ein schöner Ort und die Sektkellerei ein toller Auftrittsort.

Und eben auch die Heimat einer bekannten Sektmarke. Welches ist Ihr Lieblingsgetränk?

Meinecke: Wasser, Kaffee, Wein. Ein Glas Rotwein bedeutet für mich Feierabend, da ist dann Schluss. Und ich liebe Sekt. Sekt mit Eis. Danach könnte ich, anders als bei Rotwein, noch weitermachen.

Das mit dem Sekt mit Eis lässt sich in Freyburg leicht organisieren und die Zuschauer dann auf so manche Zugabe mehr hoffen. Auch auf „Die Tänzerin“? Oder mögen Sie den Hit nicht mehr singen?

Meinecke: Doch, „Die Tänzerin“ wird dabei sein. Ich hatte Glück, dass es ein guter Song ist, den ich auch nach vielen Jahren noch gerne singe. Ist ja nicht bei allen Sängern so. Es gibt andere Lieder, die ich über Nacht nicht mehr singen möchte. Das lass ich dann auch.

Noch nicht genug haben Sie gewiss von den Songs Ihrer neuen Live-Doppel-CD „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“, mit der Sie auf Tour und auch in Freyburg zu erleben sind. Was erwartet das Publikum?

Meinecke: Ein hochklassiges Konzert. Wir spielen über hundert Konzerte im Jahr und das seit 17 und 20 Jahren zusammen. Gemeinsam erzeugen wir eine Woge von Musik aus älteren Songs, die die Leute hören wollen, Songs aus jüngerer Zeit und Songs, die es noch nicht auf Tonträgern gibt. Die Musikrichtung kann ich nicht definieren - Rockmusik, Balladen, schnelle Stücke. Aber ich will das Publikum auch überraschen. Zwischendurch erzähle ich skurrile Dinge. Es wird ein unterhaltsamer, leichter, froher Abend. Das ist mir auch wichtig. Ein Abend, an dem geweint wird vor Rührung oder gelacht, beides ist mir recht.

Was ist textlich zu erwarten?

Meinecke: Ich mag, wenn der Abend eine Dramaturgie hat oder Brüche. Was ich nicht vertrage, ist so Hymnenartiges oder Kitsch. Gefühlvolles ist prima, man muss es aber anschroffen. Wir sind da Grenzgänger, gehen textlich in das Land des Bambi, aber wir setzen keinen Fuß hinein, sondern machen vorher kehrt.

Ihre ersten Lieder schrieben Sie mit 18 Jahren. Was hat sie inspiriert?

Meinecke: Mit zehn Jahren habe ich Gitarre gespielt. Inspiriert wurde ich von den Beatles, den Stones. Meinungstexte schätze ich nicht so. Ich bin die Geschichtenerzählerin. Nicht alles, wovon ich singe, habe ich erlebt. Aber man hat etwas auf dem Herzen und überlegt, über welche Figuren und Begebenheiten man das erzählt.

Wie ist der CD-Titel entstanden? Und wer ist der Boss?

Meinecke: Klar, der Boss bin ich. Aber vor allem erfüllt der Titel seinen Zweck: Man stutzt. Es ist das berühmteste Alibi der Filmgeschichte und stammt aus „Manche mögen’s heiß“. Gamasche, der nicht der Erfinder der tiefen Taten ist, weist seine Mitganoven an, dass sie, wenn sie von der Polizei geschnappt werden, sagen sollen, dass sie mit ihm in der Oper Rigoletto waren. Als sie bei einem Coup nicht auftauchen, fragt Gamasche später, wo sie waren. Ihre Antwort: „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“. Dieses Rigoletto-Ding ist so ein geflügeltes Wort in der Band. Bei über hundert Konzerten im Jahr, dem Miteinander in Hotels und auf Autobahnen - da fällt einem eine angenehme Verblödung anheim. Es ist wie eine Klassenfahrt, die nie aufhört. Wir lachen uns über viele Sachen tot. Es gibt Running-Gags und Insider-Witze. Und ich kriege immer, wenn ich meine Musiker frage, wo sie waren, zur Antwort: „Wir waren mit Dir bei Rigoletto, Boss“.

Ihr Boss war mal Udo Lindenberg.

Meinecke: Ja, er war mein Entdecker. Ich hatte ihm eine Kassette geschickt. Nach einem Jahr hat er dann auch schon geantwortet. Ich hatte es schon völlig abgehakt. Er hatte schnell gemerkt, dass es bei mir nicht nur um eine Single geht. Da meinte er, es wäre besser, ich würde nach Hamburg ziehen. Dafür brauchte ich aber einen Job. Den bekam ich. Bei Udo. Der hatte kurz zuvor seine Assistentin entlassen. Ich sagte: „Okay“, holte meine wenigen Sachen aus Frankfurt und zog in Udos Wohnbüro ein - in ein Zimmer hinter der Küche. Das war meine einzige Festanstellung mit Lohnsteuerkarte für fast drei Jahre. In der Zeit entstanden meine ersten zwei Platten - nebenher. Dann merkte ich, es ist Zeit für eine Zäsur. Die Musik war zu ähnlich, zu sehr Udo und nichts Eigenständiges. Also ging ich nach Berlin und gründete meine eigene Band und fing von vorn an. Aber erst das fünfte Album wurde ein Erfolg mit „Die Tänzerin“. Da hatte ich sieben Berufsjahre auf dem Buckel. Im April werden es 40.

Zeit für eine Jubiläumstour?

Meinecke: Ich hasse Jubiläen. Die finde ich gruselig. Ich komme vom Dorf. Bei Jubiläum sehe ich nur dicke Buttercremetorten mit einer goldenen Zahl im Eichenlaubkranz drauf. Das ist peinlich. Nach 50 Jahren können wir mal drüber reden.

Und in der Zwischenzeit stehen Sie mal mit Udo auf der Bühne?

Meinecke: Nein, nein. Wir treffen uns immer mal. Zu seinen Konzerten holt er sich junge Leute auf die Bühne, das ist sein Ding, das passt besser.

Sie haben auch Theater gespielt...

Meinecke: Oh, das war ein positiver Unfall. 2008 lief es nicht so gut, da hatte ich Zeit. Ich wurde von den Hamburger Kammerspielen gefragt. „Männerbeschaffungsmaßnahmen“ wurde ein Monstererfolg. Wir spielten das 460-mal. Doch lieber stehe ich mit meiner Band auf der Bühne.

Gibt es noch etwas, was Sie ausprobieren möchten?

Meinecke: Was völlig anderes schwebt mir nicht vor. Neue Sachen schreiben, ist immer wieder ein Abenteuer. Und dann ist das so eine Sache mit dem Alter. Ich bin 63, da fragt man sich eher: Was lasse ich, was schmeiße ich weg? Man wird da radikaler. Seit sechs Jahren bin ich damit beschäftigt, Überflüssiges loszuwerden - auch in der Wohnung. Es gibt so unfassbar viel Überflüssiges. Das macht den Blick freier. Man sieht, mit wie wenig es geht, und ich bin kein Asket. Schon mit 17, als ich von zu Hause raus bin, war ich mit leichtem Gepäck unterwegs.

Entspannen Sie mit Yoga? Sie waren doch mal Werbeträger für ein Berliner Yogafestival?

Meinecke: Yoga habe ich demütig ein Jahr lang praktiziert, weil alle gesagt haben, das musst du mal machen. Aber das ist nicht meins. Tai Chi entspricht mir mehr. Man muss es nur regelmäßig machen.