1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Lehrermangel in Lützen: Lehrermangel in Lützen: "Sie versauen unseren Kindern die Zukunft"

Lehrermangel in Lützen Lehrermangel in Lützen: "Sie versauen unseren Kindern die Zukunft"

Von Andrea Hamann-Richter 11.05.2018, 12:58
Mit Transparenten protestieren die Kinder gegen den Lehrermangel, der an ihrer Grundschule ein großes Problem ist.
Mit Transparenten protestieren die Kinder gegen den Lehrermangel, der an ihrer Grundschule ein großes Problem ist. Peter Lisker

Lützen - Trillerpfeifen schrillen, Kinder halten Transparente hoch. „Wir streiken“, steht auf einem Schild geschrieben. „Wir brauchen Lehrer!“, rufen sie in mehreren Chören. Es ist Mittwochvormittag und vor der Grundschule in Lützen protestieren Kinder mit ihren Familien. Die Stimmung ist aufgeladen. Sie alle haben die Nase voll vom Lehrermangel an der Schule. Am Ende weinen Jungen und Mädchen, Eltern ringen um Fassung.

Peggy Dörner beklagt die Zustände. Seit Jahren falle Unterricht aus. Sie findet es fatal, wie mit den Grundschülern umgegangen wird. „Unsere Kinder sind dadurch von der Kita noch nicht an ihrer Schule angekommen“, sagt sie. Schon bei ihrem heute elfjährigen Kind sei es so gewesen. „Die Lehrer geben ihr Bestes“, macht sie aber klar. Nur, dass viele von ihnen krank sind. „Wir fordern jetzt einfach mehr Lehrer“, so die Mutter.

Lehrermangel in Lützen: 30 Grundschüler müssen zusammen lernen

Die unhaltbaren Zustände kann sie an einem Beispiel beschreiben. Klassen würden zusammengelegt, so dass sich 30 Grundschüler in einem nicht dafür vorgesehenen Raum befinden.

Nadine Herbarth ist geladen. Aufgebracht erzählt die Mutter von drei Kindern, dass das Problem seit Jahren an der Schule besteht. „Sie versauen unseren Kindern die Zukunft. Sie lernen hier nichts“, sagt sie. Ihr Kind habe schon vier verschiedene Deutschlehrer in kurzer Zeit gehabt.

„Wir fordern endlich Kontinuität“, sagt Helmo Braukhoff. Er ist der Schulelternratsvorsitzende. Er spricht von 32 Fehlstunden pro Woche, auf die ganze Schule gerechnet. Für die länger krankgeschriebenen Kollegen fehlt Ersatz, weil ihre Stellen nicht neu besetzt werden können.

Erst am Dienstag schickte die Schule alle 117 Schüler nach Hause

Erst am Dienstag war der Unterricht komplett ausgefallen. Eltern erzählen, dass sie von der Schule angerufen worden seien, ihre Kinder abzuholen. Dabei hätten sie sie gar nicht mitnehmen dürfen. Denn es herrscht Schul- und Aufsichtspflicht durch die Schule. Aber, so eine Mutter, wenn nur zwei oder gar kein Lehrer auf 117 Schüler aufpassen sollen, sei die Pflicht der Schule nicht erfüllt.

Eltern haben beim Landesschulamt vorgesprochen. „Wir haben drei Termine bekommen. Zwei in den Ferien und den dritten einen Tag vor dem letzten Schultag“, sagt Susann Kerger. Allein das empfinde sie schon als Hohn. Trotzdem werde der eine Termin in der kommenden Woche trotz der Ferien wahrgenommen.

Eltern-Demo an Grundschule Lützen: Klassenarbeit sorgt für Unmut

Die Demonstration neigt sich dem Ende entgegen. Pünktlich zur zweiten Schulstunde wird die Eingangstür von innen geöffnet. Die Lehrer lassen sich nicht blicken.

Wird es an diesem Tag Unterricht geben und wie lange findet er dieses Mal statt? Mit diesen beiden Fragen betritt Susann Kerger das Haus. Minuten später kommt sie heraus. Es sind tatsächlich fünf Lehrer da.

Vermutlich von anderen Schulen abgezogen und in Lützen eingesetzt, denn diese Personalstärke ist sehr ungewöhnlich. „Es wird unterrichtet“, informiert die Mutter die anderen Eltern.

Dann läuft plötzlich ein Junge schluchzend aus dem Haus direkt in die Arme seiner Mutter. Er hat gerade erfahren, dass seine dritte Klasse jetzt tatsächlich die am Vortag wegen Lehrermangels ausgefallene Klassenarbeit in Mathematik schreiben soll. Die Eltern sind entsetzt. Einige holen ihre Kinder aus der Schule. Sie halten es für unzumutbar, dass eine auf nach den Ferien verschobene Klassenarbeit nach einer stimmungsgeladenen Demonstration geschrieben werden soll. „Das ist Schikane auf höchster Ebene“, empört sich eine Mutter.

Landesschulamt hat Lehrerpersonal in Lützen aufgestockt

Es gibt Gespräche mit der Lehrerin. Sie lässt mit sich reden, sagt, so erzählt es eine Mutter, dass sie den Kindern den Druck vor den Ferien nehmen wollte. Die Lehrerin habe wohl außerdem mitgeteilt, dass sie die Kinder entscheiden lassen wolle, ob sie schreiben oder nicht.

„Rätselhaft“, so kommentiert Silke Stadör, Pressesprecherin des Landesschulamtes, die Demonstration. Schließlich gebe es die Gesprächstermine. Außerdem sei Personal aufgestockt worden. So sind seit Mittwoch fünf Lehrkräfte vor Ort. Sie wurden von anderen Schulen herangeholt, eine pädagogische Mitarbeiterin sollte zwar an einer anderen Schule arbeiten, sei aber nach Lützen rückbeordert worden.

Zudem gebe es noch die ständigen Lehrkräfte in Lützen und es sei davon auszugehen, dass die erkrankte Schulleiterin zumindest ab dem zweiten Schulhalbjahr wiederkomme. „Wir können also schon von einer Überversorgung sprechen“, sagt sie. „Heute haben wir noch organisiert, dass die stundenweise in Abordnung tätigen Lehrkräfte an den vier Tagen nach den Pfingstferien jeweils ganztägig vor Ort sein werden. Ab dem 28. Mai wird dann eine weitere Lehrerin vollumfänglich bis zum Ende des Schuljahres an der Schule aushelfen“, schließt sie ab. (mz)

Mit Trillerpfeifen machen Schüler ihrem Unmut Luft.
Mit Trillerpfeifen machen Schüler ihrem Unmut Luft.
Peter Lisker