1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Kurort Bad Kösen: Kurort Bad Kösen: Nicht mehr zu retten

Kurort Bad Kösen Kurort Bad Kösen: Nicht mehr zu retten

Von Klaus-Dieter Fichtner 06.05.2016, 12:40
Der "Mutige Ritter" in Bad Kösen. Abgebrannt 1916.
Der "Mutige Ritter" in Bad Kösen. Abgebrannt 1916. Repro

Der 20. Juni 1916 war in der Geschichte der jungen Stadt Bad Kösen ein unheilvoller Tag. Während sich das Leben im Ort im zweiten Kriegsjahr noch relativ friedlich abspielte, brach an jenem Tag ein Großfeuer im Hotel „Mutiger Ritter“ aus. Die Freiwillige Feuerwehr unter ihrem Leiter Ernst Toepfer hatte damit seit 1885, ihrem Gründungsjahr, den zwölften Brand zu bekämpfen, diesmal mitten in der Stadt. Mit Unterstützung der Naumburger Feuerwehr gelang es zwar, das Feuer zu löschen, aber das Gebäude war nicht mehr zu retten.

Nordwestflügel vernichtet

Am Folgetag bot sich Besitzer Hermann Weber ein erschreckendes Bild: Der Familienbesitz Weber, seit Anfang des vorigen Jahrhunderts in seiner Hand, war nahezu vernichtet. Der gesamte Nordwestflügel in Richtung zur Hauptverkehrsstraße war ein Opfer der Flammen geworden, die angrenzenden Gebäudeteile sehr beschädigt. Eine alte Abbildung zeigt die Schmalseite mit dem Eingang und der Schrift „Kurhaus“ unter dem Giebel. Das große Logierhaus und der Saal waren nicht mehr nutzbar. Monatelang bot sich den Neugierigen ein Trümmerhaufen, wie mir ein damaliger Augenzeuge schilderte. Eine Ansichtskarte lässt die repräsentative Zimmerfront erkennen.

Außer dem materiellen Schaden kam der Verlust der Einnahmen und seines ideellen Wertes hinzu. Das Haus war nicht allein ein Beherbergungsbetrieb, sondern ein traditioneller Treffpunkt der Corpsstudenten seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts , die von hier aus das Leben der Stadt zur Pfingstzeit erfüllten. Auch das Lehrerkollegium der nahen Landesschule Pforte fand sich hier zu seinen Zusammenkünften ein. Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler traten regelmäßig auf.

Die angespannte Lage innerhalb des Weltkrieges, die neuen Finanzprobleme des Besitzers und ebenso der Kommune bedeuteten eine Ruhepause, ehe Überlegungen zum Neuaufbau aufkamen. Weber gab nach einem Jahr seinen Besitz auf und verkaufte ihn an P. Waldhausen, seinen ehemaligen Oberkellner. Der gastronomische Bedarf bestand weiterhin, denn die beiden Hotels „Kurgarten“ und “Wilhelmsburg“ waren durch die Nutzung als Reserve-Lazarette während der Kriegsjahre ohnehin nicht mehr auf dem modernsten Stand.

Als Retter in dieser schwierigen Situation erwies sich der Verband der Kösener Corpsstudenten. Sie gewährten einen langfristigen Kredit, der über 40 Jahre laufen sollte (1961). Der Aufbau konnte beginnen. Unterstützt durch die örtlichen Architekten Pfisterer und Graumüller aus dem ehemaligen Arbeitsbereich Schultze-Naumburgs in Saaleck erfolgte am 2. Oktober 1921 - nach fünf Jahren - die Grundsteinlegung des Großen Saales. Als Episode kann eingefügt werden, dass die Nibelungenbilder Frieses, die 1916 im belgischen Beverloo in einem Offizierskasino entstanden waren, nach Deutschland zurückkehrten und eine Bleibe suchten. Es kam der Vorschlag, sie im neuen Saal des „Mutigen Ritters“ aufzuhängen - jedoch die großflächige Fenstergestaltung ließen den Besitzer diese Idee ablehnen. Sie gelangten 1922 durch Kauf des Gutsbesitzers von Schönberg als Übergabe an die damalige Rudelsburggemeinde in den Rittersaal der Rudelsburg, wie das Protokoll der Gemeinde vermerkte.

Jahrelang als Lazarett genutzt

Ein Wintergarten zum Hauptgebäude schloss sich an, die kulturelle Nutzung lebte wieder auf, wie auch ausgestellte Bilder berühmter Gäste im heutigen Eingangsbereich nachweisen. Anschließen soll sich der Gedanke, dass der Brand von 1916 die historisch bestehende durchgehende Nutzung abschloss, denn die späteren Jahre brachten aus anderen Gründen immer Unterbrechungen: 1935 endete die Nutzung für die Corpsstudenten durch die Selbstauflösung des Verbandes aus politischen Gründen. 1940 bis 1947 wurde das Haus zuerst als Lazarett der Wehrmacht, ab 1945 acht Wochen für die amerikanische Besatzung und danach zwei Jahre für die Rote Armee gebraucht. Besitzer Kurt Huster stand es nur von 1938 bis 1940 und von 1947 bis 1949 zur Verfügung, ehe es in die Hände der Sozialversicherung kam und als Hotel ausfiel.