Impfungen für alle und Strukturwandel Im Interview: Landrat Götz Ulrich zur neuen Amtszeit
Weißenfels/Zeitz/Naumburg- Götz Ulrich (CDU) leitet für weitere sieben Jahre die Geschicke des Burgenlandkreises. Wo er den Landkreis am Ende seiner Amtszeit sieht und wie er die niedrige Beteiligung zur Landratswahl einschätzt, darüber sprach MZ-Reporter Martin Walter mit ihm.
Wie fühlen Sie sich als wiedergewählter Landrat?
Götz Ulrich: Die Arbeit ging in der nach wie vor schwierigen Pandemielage weiter. Da blieb wenig Zeit zum Verschnaufen. Aber natürlich verspüre ich eine große Erleichterung, dass mir eine Stichwahl in dieser Situation erspart bleibt.
Sie haben gegenüber dem MDR gesagt, dass Sie die geringe Wahlbeteiligung von 37 Prozent nicht so sehr umtreibt wie einige andere Kandidaten. Schließen Sie daraus nicht auch ein gewisses Desinteresse am Amt des Landrats oder eine Politikverdrossenheit im Allgemeinen?
Für mich bedeutet die Freiheit der Wahl auch, selbst entscheiden zu können, ob man daran teilnimmt oder nicht. Als jemand, der zu DDR-Zeiten fliegende Wahlurnen erlebt hat und wo nachgehakt wurde, ob jemand zur Wahl gegangen ist, halte ich es für richtig und wichtig, dass diese Freiheit besteht.
Daraus eine allgemeine Unzufriedenheit abzuleiten, ist gewagt, weil die Motivation sehr unterschiedlich sein kann. Die geringe Wahlbeteiligung kann in einem Protestverhalten, aber auch in einem Wohlwollen liegen. Zudem ist die Beteiligung bei Wahlen auf kommunaler Ebene fast immer geringer als weiter oben. Bei der Landratswahl im Salzlandkreis im Januar lag die Wahlbeteiligung nur bei 22 Prozent.
Zwar haben Sie auch im Zeitzer Raum ein gutes Ergebnis eingefahren, aber auch die meisten Gegenstimmen bekommen. Wollen Sie während Ihrer zweiten Amtszeit mehr auf die Zeitzer zugehen?
Der Landrat sollte immer ein offenes Ohr haben und die Themen kennen, die in einzelnen Regionen des Landkreises von Bedeutung sind. Für Zeitz gilt: Wir dürfen die Stadt nicht auf den Kohleausstieg reduzieren. Es geht ebenso um Stadtsanierung, Kultur, die Nähe zu Leipzig und so weiter. Allerdings ist der Landrat kein Ober-Oberbürgermeister von Zeitz. Gemeindliche Themen müssen vor Ort gelöst werden. Der Landkreis tritt ergänzend und ausgleichend hinzu. Das gilt ebenso für die anderen zehn Gemeinden. Auch diese haben ihre Probleme und erwarten zu Recht Hilfe vom Landrat
Apropos Strukturwandel: Einige Bürgermeister wünschen sich eine engere Zusammenarbeit bei Strukturwandelthemen. Wie wollen Sie das konkret umsetzen?
Zwischen dem Kreis und den fünf Revierkommunen gibt es bereits jetzt eine enge Zusammenarbeit, indem wir uns in der interkommunalen Arbeitsgruppe zum Strukturwandel regelmäßig austauschen. Für die anderen Gemeinden spielt Strukturwandel aber ebenfalls eine Rolle.
Die Defizite nach der Wende sehen wir auch in der ehemaligen Schuhstadt Weißenfels oder im westlichen Burgenlandkreis, wo der Kali-Bergbau eine lange Tradition hat. Ich verstehe meine Aufgabe als Landrat so, dass alle Gemeinden in den Strukturwandel einbezogen werden müssen. Sie außen vor zu lassen, wäre nicht richtig, zumal die Förderkulisse den gesamten Burgenlandkreis und darüber hinaus einbezieht.
Der Burgenlandkreis weist seit Monaten ein hohes Corona-Infektionsgeschehen auf. Ist das auch auf eine sinkende Teilnahmebereitschaft der Bürger an den Corona-Maßnahmen zurückzuführen? Und was können Sie als Landrat tun, um die Akzeptanz der Maßnahmen zu erhöhen?
Die Teilnahmebereitschaft geht nach meinem Eindruck zurück. Das finde ich nach über einem Jahr Pandemie erklärlich. Und weil das so ist, können wir nicht mit denselben Instrumenten wie vor einem Jahr versuchen, die Pandemie zu bekämpfen. Wir müssen neue Überlegungen anstellen und nicht nur repressiv vorgehen. Impfen ist ein wichtiger Schlüssel.
Das ist uns bisher gut gelungen. Wir können vermutlich noch im April das Impfen für alle öffnen, was auch eine Perspektive für jüngere Menschen schafft. Andererseits müssen wir genauer hinschauen, wo Infektionen stattfinden. In den Schulen war das bisher nicht so stark der Fall, weshalb ich dafür bin, sie so lange wie möglich offen zu halten. Repressive Maßnahmen wie Maskentragen und Tests in den Unternehmen müssen erhalten bleiben. Aber ich bin vorsichtiger geworden, zusätzliche Beschränkungen zu erlassen, die wir weder kontrollieren können, noch von den Menschen in der Breite angenommen werden.
Wo sehen Sie den Burgenlandkreis am Ende Ihrer zweiten Amtszeit in sieben Jahren?
Die zurückliegenden sieben Jahre haben gezeigt, dass man mit Vorhersagen über einen so langen Zeitraum sehr schief liegen kann. Ich würde mir wünschen, im Bereich der Bildung viele Projekte umsetzen und den Menschen neue Bildungsformen aufzeigen zu können. Außerdem habe ich den dringenden Wunsch, die Städte an das S-Bahnnetz nach Leipzig anzubinden, auch unter Einbeziehung der Dörfer entlang der Strecken.
Für die kleineren Orte wäre zudem wichtig, neue und barrierefreie Wohnformen für Ältere zu schaffen. Außerdem hoffe ich, dass der Tourismus weiter Fahrt aufnimmt, weil er ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden ist. Und was dem Tourismus dient, ist auch für die Einheimischen von Vorteil, beispielsweise, was Wasserwandern und gute Radwege anbelangt. (mz/Martin Walter)