Hildebrandt-Orgel Hildebrandt-Orgel: "Das ist ein großes Geschenk"

Naumburg - Sie sei ein „Abenteuerspielplatz für Kirchenmusiker“, sagt Assistenzorganist Florian Zschucke über die berühmte Hildebrandt-Orgel in der Naumburger Stadtkirche St. Wenzel. Kennenlernen konnte er das Instrument ganz aus der Nähe während seines Kirchenmusikstudiums in Halle. Denn unterrichtet wurde er einst in der Saalestadt eben auch von Wenzelsorganist David Franke, der die Studenten zu Unterrichtsstunden nach Naumburg holte. So saß Zschucke vor etwa sechs Jahren das erste Mal an der Hildebrandt-Orgel. „Als ich das erste Register zog und zu spielen begann, brach ich nach den ersten drei Tönen ab. Ich war von dem besonderen Klangerlebnis so überrascht“, erzählt der gebürtige Zwickauer.
Meisterkurs absolviert
Zwei Jahre später saß er während eines Meisterkurses in St. Wenzel an der Orgel. Diese wieder einmal anfassen zu können, dieses Erlebnis habe für lange Zeit reichen müssen. Damals ahnte er noch nicht, dass es ein baldiges und zudem viel länger währendes Wiedersehen geben würde. Jetzt hält er gar die Schlüssel für die Wenzelskirche und damit für die Orgel in seinen Händen. Für Zschucke ist das „ein großes Geschenk.“ Erhalten hatte er dieses im September vergangenen Jahres, als er die Stelle des Assistenzorganisten antreten durfte.
Mit Auszeichnung bestanden
Für insgesamt zwei Jahre steht er nun Wenzelsorganist David Franke hilfreich zur Seite, spielt Konzerte an der Orgel oder führt Besuchergruppen an den Spieltisch und erklärt ihnen das berühmte Instrument. „Zudem sind noch viele Projekte mit Kindern geplant“, erzählt der 28-Jährige. Beeindruckt ist er vom Internationalen Orgelsommer. Angesichts der „großartigen Organisten“, die dafür nach Naumburg kommen, „gehen einem die Augen über“, gesteht Zschucke. Ebenso seien für ihn die Hildebrandt-Tage ein großes Erlebnis. Auch während dieser könne er großartigen Organisten assistieren, ihnen über die Schulter sehen und miterleben, wie die Profis mit verschiedenen Situationen umgehen. Für Zschucke ist es „ein Privileg, direkt nach dem Studium hier an dieser Orgel beginnen zu können“.
Dass unter der Stellenausschreibung für den Assistenzorganisten wohl sein Name stehen müsste, mit diesem Augenzwinkern machten ihn ehemalige Kommilitonen auf die Ausschreibung in St. Wenzel aufmerksam. Da riefen ihn Freunde an, von denen er lange nichts gehört hatte. Die Kommunikationspause war einst entstanden, weil er nach seinem „mit Auszeichnung“ bestandenen Studium ein Jahr lang im englischen Birmingham Orgel bei Henry Fairs studierte - dank eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Dass er sein berufliches Leben einmal der Orgel widmen würde, sei nie von Anfang an klar gewesen - weder in jungen Jahren noch zu Beginn des Studiums. Seit seinem sechsten Lebensjahr, ab dem er Klavierunterricht genommen hatte, probierte er auch viele andere Instrumente aus, spielte später als Schlagzeuger in einer Band oder Jazzklavier. Zum ersten Mal an der Orgel saß er mit 16 Jahren, nahm dann auch Unterricht.
Damit zeichnete sich die Organistenlaufbahn längst noch nicht ab. Genauso gut hätte er Lehrer, Jurist oder Mediziner werden können. Zumindest spielte er mit diesen Gedanken. „Wohl aber vor allem, weil diese Berufe im Freundeskreis immer im Gespräch waren“, meint er.
Kombination mit Schulmusik
Während seines Zivildienstes in einem Klinikum stellte er schnell fest: Medizin wird es nicht. Lehrer und Jurist kamen nicht in die engere Wahl. „Bei mir stand schon immer die Musik im Raum“, sagt er. So trieb es ihn zum Kirchenmusikstudium nach Halle. Er schrieb sich für das erst 2007 eingerichtete Kombinationsstudium Kirchenmusik und Schulmusik ein. Attraktiv daran fand er, das es neben der Kirchenmusik die Option bot, später in Schulen Musik zu unterrichten. „Sich vielseitig aufzustellen, gefiel mir. Und es zeigte sich, dass es gut, ja ein Glücksfall war, in dieser Breite anfangen zu können, um dann seine Spezialisierung zu finden. Denn es ist doch recht schwer, sich bereits mit 18 Jahren festzulegen, wohin es mal gehen soll“, so Zschucke weiter.
Im Laufe des Studiums habe er entdeckt, „welche Tiefe Musik vor allem Orgelmusik haben kann, welche Bedeutung und Schönheit“. Setze man sich mit der Musik auseinander, gelange man in eine philosophische Richtung. „Musik fängt an, wo Sprache aufhört. Mit ihr kann man zu Leuten sprechen, wo für andere die Sprache aufhört.“ Dass die Orgel kein verstaubtes Instrument ist, möchte er den Menschen nahe bringen, ihnen „die Augen für das Instrument und die Musik öffnen“. Für ihn selbst bedeutet das allerdings eine Einschränkung. Passé sind für ihn nämlich seine geliebten und viel praktizierten Sportarten: Fußball, Volleyball und die Kletterei. Das sei zwar schade, „aber das Risiko , sich die Gelenke zu verletzen, ist zu groß“, so der Organist. Berufsmusikern werde das Schwimmen und Laufen empfohlen.
Wie zu Studienzeiten wohnt er noch immer in Halle, wo er einmal wöchentlich Orgel und Improvisation am Kirchenmusikalischen Seminar der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland unterrichtet - für Studenten, die später im Nebenamt als Kirchenmusiker arbeiten möchten.
Noch bis September 2017
Und auch er selbst sitzt wieder in der Studierstube - derzeit absolviert er ein Orgel-Master-Studium, das er diesen Sommer abschließen wird. Alle vier Aufgaben - neben Assistenzorganist, Lehrtätigkeit und Studium gibt er selbst noch Konzerte - bekommt er unter einen Hut, weil seine Assistenz in St. Wenzel nur eine 50-Prozent-Stelle ist. Wohin es ihn beruflich und damit auch wohnlich führen wird, wenn seine Assistenz im September 2017 ausläuft, weiß er noch nicht. Das hänge mit davon ab, wohin es seine Frau Debora, die derzeit ihr Kirchenmusik-Studium in Halle abschließt, verschlägt.
Hoffnung auf Mitteldeutschland
Beruflich kämen sich die beiden nicht in die Quere, weil seine Frau einen anderen Schwerpunkt im Studium gesetzt hat, sie sich mit der Leitung von Chören beschäftigt und eher die pädagogische Schiene einschlagen möchte. Gern würde sich das Ehepaar im mitteldeutschen Raum niederlassen - der Familie und der Freunde wegen. „Es hat auch musikalische Gründe“, fügt Zschucke hinzu. In England hätten ihn die Studenten mit großen Augen angesehen, weil er aus der Region Halle/Leipzig kommt „aus dem Mekka der Orgelszene“.