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Handwerk  Handwerk : Kein Schneiden ohne Maske

Von Jana Kainz 03.05.2020, 09:18
Ab Montag, 4. Mai, dürfen auch die Friseure in Naumburg wieder ihre Dienstleistungen anbieten - jedoch unter strengen Auflagen.
Ab Montag, 4. Mai, dürfen auch die Friseure in Naumburg wieder ihre Dienstleistungen anbieten - jedoch unter strengen Auflagen. Archiv (Hellfritzsch)

Naumburg - Das Telefon steht bei Antje König, wie wohl bei vielen ihrer Kollegen, nicht mehr still. Es klingelt täglich beinahe rund um die Uhr, seit bekannt ist, dass die Friseure ab 4. Mai ihre Geschäfte wieder öffnen dürfen. Die 48-Jährige nimmt den Hörer nicht ab, ohne dass das dicke Terminbuch vor ihr liegt. „Die erste Woche war ganz schnell komplett ausgebucht“, erzählt die Friseurmeisterin, die in Naumburg zwei Salons betreibt.

Wellness war gestern

Egal ob jung, ob alt, ob Frau oder Mann, bei jedem sei das Haareschneiden nach sechs Wochen Corona-Zwangsschließung besonders dringend. Höchste Zeit sei es auch für die Fußpflege, die ebenso angeboten werden kann. „Vor allem für ältere Menschen, die sich nicht mehr selbst die Nägel schneiden können, ist das jetzt ganz wichtig. Das hat nichts mit Wellness zu tun, sondern mit Körperpflege“, betont sie.

Die Menschen lechzen nach der Dienstleistung, nach Normalität. Ein kleines Stück rücke diese nun näher - hofft man. Doch spätestens ab Montag dürfte klar sein: So schnell lässt man uns die in der Gesellschaft umstrittene unsichtbare Gefahr nicht vergessen. Wer sich neben dem längst überfälligen Haarschnitt auf einen lauschigen Friseurbesuch samt dampfender Tasse Kaffee auf der Spiegelablage, Stapel Illustrierter auf dem Schoß und im Wartebereich gemütlich plaudernder Kunden freut, wird von der neuen Realität eingeholt werden. Nichts erinnert an ein sorgloses Leben: Kaffee, Zeitschriften, Plaudereien sind passé, dafür Mund-Nasen-Masken für Friseure wie Kunden Pflicht. „Der Kunde kann seine eigene mitbringen oder von uns eine gegen einen Aufpreis erhalten“, erzählt Antje König. Bei fünf Anbietern kümmert sie sich um diese Masken. Ordern könnte sie bei jedem immer nur ein Paket mit 50 Masken. Der Preis ist jetzt fünf- bis sechsfach höher als früher, denn schon vor der Schließung der Salons hatten zumindest ihre Mitarbeiter wegen der Corona-Thematik Masken getragen. Ihre Suche nach günstigeren Angeboten wird dadurch erschwert, dass es kaum noch Masken zu kaufen gäbe.

Diese von Experten umstrittene Masken-Maßnahme ist es nicht allein, die den Kunden zweifeln lassen wird, ob er einen Friseursalon oder ein Labor mit lebensgefährlichem Untersuchungsmaterial betreten hat. Das liegt am sechsseitigen „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für das Friseurhandwerk“, welches die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege erstellt hat - oder vielmehr an dessen Umsetzung.

Service nur mit Formular

So dürfen ab 4. Mai nur Kunden mit Termin den Salon betreten und das auch nur exakt zur vereinbarten Uhrzeit. Die üblichen Wartebereiche mussten aufgelöst werden. Bevor sich der Kunde auf dem Frisierstuhl niederlässt, muss er sein Hände waschen und desinfizieren sowie ein Formular - vorgegeben von der Handwerkskammer - mit Name und Anschrift ausfüllen. Damit bestätigt er, nicht an Covid-19 erkrankt zu sein oder unter Quarantäne zu stehen. „Die ausgefüllten Blätter müssen wir abheften und archivieren - wie lange, dazu gibt es keinen Hinweis - und gegebenenfalls dem Gesundheitsamt, übergeben, wenn Infektionsketten nachverfolgt werden müssen“, erklärt sie. Abgesehen vom Zeitaufwand, bleibt der Friseur auf den Papier- und Druckkosten sitzen.

Weniger Arbeitsplätze

Beim Betreten der Friseursalons lässt sich erahnen, was die Inhaber in den letzten Tagen für einen Corona-tauglichen Betrieb geleistet haben. Klebebänder auf den Böden markieren die gebotenen Mindestabstände. Um beim Arbeiten den vorgeschriebenen Abstand von anderthalb Metern einzuhalten, musste Antje König in jedem ihrer Salons je zwei Arbeitsplätze abbauen. Außerdem hat jeder der zehn Mitarbeiter nun einen festen Frisierplatz. Bislang wechselten sie, um zwei Kunden parallel zu bedienen, zwischen den Plätzen hin- und her. Spannend bleibt daher, wie sich alles einspielt. „Die Preise sind nach dem früheren Arbeitsrhythmus kalkuliert“, sagt sie.

Wenn auch das Haar wieder gerichtet werden darf, bleiben Bart und Augenbrauen vorerst ihrem natürlichen Wuchs überlassen. Diese „gesichtsnahen Dienstleistungen“ seien, wie es heißt, nicht erlaubt. Ausnahmslos jedem Kunden muss wiederum fortan der Schopf gewaschen werden, damit möglicherweise mit Viren belastete Haare beim Föhnen, was nur noch der Friseur darf, nicht durch den Salon wirbeln. Ob waschen oder nicht, „das ist für einige Kunden auch immer eine finanzielle Entscheidung gewesen“, weiß Antje König. Doch Vorschrift ist Vorschrift, und sie rechne jederzeit mit Kontrollen.

Reinigen - mehr denn je

Auch wenn Hygiene schon immer ein wichtiger Teil der Arbeit gewesen ist, nun ist alles wesentlich verschärft zu handhaben. Alle Utensilien, alle Sitze und Flächen müssen nach jedem Kunden penibel gereinigt und abends desinfiziert werden. Dafür ist jeder Mitarbeiter an seinem Platz selbst verantwortlich. „Ich hoffe, dafür genug Zeit eingeplant zu haben“, sagt sie. Apropos Zeit: Um die Arbeitszeiten zu entzerren, hat sie die Öffnungszeiten verändert und vorübergehend die Sechs-Tage-Woche eingeführt.

Nach der intensiven Vorbereitungsphase hofft sie nun, dass das Konzept aufgeht, ihre Mitarbeiter dem Ansturm gewachsen und die Kunden einsichtig sind. Schon während der Terminvergabe hat sie die Kunden auf das vorbereitet, was sie im Salon erwarten wird. „Wir geben jedenfalls unser Bestes“, so Antje König, „um den Friseurbesuch dennoch angenehm zu gestalten.“