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Gradierwerk Gradierwerk in Bad Kösen: Die rettende Kur

Von Jessica Hanack 04.03.2018, 09:00

Bad Kösen - Auf der Loreleypromenade in Bad Kösen sind selbst bei eisigen Minusgraden Spaziergänger unterwegs. Ulrich Klose grüßt jeden, der an ihm vorbeiläuft. Der Chef der Kurbetriebsgesellschaft ist eingepackt in Winterjacke, Schal und Mütze und auffallend guter Laune.

Er erzählt von einem langen Kampf um Fördermittel, der im vergangen Jahr gewonnen wurde. Und er erzählt, dass er damit endlich eine Aufgabe angehen kann, die ihn beschäftigt, seit er 2014 Geschäftsführer wurde: Die Sanierung des Herzstücks der historischen Saline-Anlage mit dem Gradierwerk. „Es ist eine Wohltat zu sehen, dass die Bauarbeiten endlich losgehen“, sagt Klose. „Für alle hier.“

Einzigartiges Bauwerk wird mit Fördermitteln vor dem Verfall gerettet

Mit Fördermitteln aus dem Hochwasserfonds des Landes soll ein einzigartiges Bauwerk vor dem Verfall gerettet werden. Im Zentrum der Arbeiten stehen ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Kunstgestänge und das angeschlossene Radhaus. Beide sind denkmalgeschützt und sorgten früher dafür, dass die Saline betrieben werden konnte.

Die Konstruktion der Anlage war damals eine technische Meisterleistung. Das Wasserrad treibt mit Wasserkraft aus der Saale das Gestänge an. Dieses wiederum verläuft über die Loreleypromenade und weiter zwischen den Häusern den Hügel hinauf bis zum Solschacht. Rund 180 Meter ist das Holzgestänge lang.

Wenn es in Bewegung ist, ist weithin ein Knarren zu hören. Lange Zeit diente es dazu, die Pumpen in dem Schacht anzutreiben. Sie beförderten die Sole bis zum Gradierwerk, wo die Lösung konzentriert und Salz gewonnen wurde.

Gradierwerk in Bad Kösen ist einmalig in Europa

Dass die Anlage bis heute als zusammenhängender Komplex erhalten geblieben ist, macht sie in Europa einmalig. Heute, sagt Klose, funktioniere die Technik elektronisch. Das Kunstgestänge werde nur noch zu Schauzwecken betrieben, meist für Touristen.

Seit 2016 steht das Kunstgestänge still. „Das ist nicht schön“, sagt Klose. Aber ein Weiterbetrieb sei einfach nicht möglich gewesen.

Wer das Kunstgestänge genauer betrachtet, versteht schnell, warum. Das Holz ist marode, teilweise sogar gebrochen. An mehreren Stellen wird das Gestänge durch Holzpfähle gesichert.

Zwei große Notreparaturen hat es in der Vergangenheit gegeben. An beiden war Holger Fritzsche beteiligt, der seit 2015 Ortsbürgermeister von Bad Kösen ist. Er sagt über sich selbst: „Ich will nicht nur reden. Ich mache lieber was.“

Daher war Abwarten für ihn keine Option, als vor zwei Jahren ein tragender Balken des Gestänges brach. „Mir war klar, wenn es einstürzt, baut es niemand wieder auf“, erzählt Fritzsche. Mit der Feuerwehr verhinderte der Dachdecker das Schlimmste.

Auf Dauer, das wussten alle, konnte aber nur eine grundlegende Sanierung das Gestänge retten. Nicht zuletzt durch die Flut 2013 hatte das Bauwerk zu große Schäden genommen

Aufwendige Sanierung kostet viel Kraft und Geld

Fünf Jahre nach der Flut ist es endlich soweit. „Das jetzt etwas passiert, ist Gold wert“, sagt Fritzsche. „Das Kunstgestänge ist ein Touristenmagnet, manche Menschen kommen extra dafür hierher.“

Die Sanierung ist allerdings aufwendig. Stück für Stück werden die Holzbalken abgebaut, archiviert, originalgetreu nachgebaut und ersetzt.

„Ende des Jahres wollen wir das Gestänge wieder in Betrieb nehmen“, sagt Geschäftsführer Klose. Vollständig abgeschlossen sollen die insgesamt 1,7 Millionen teuren Bauarbeiten im kommenden Jahr sein.

Aber auch darüber hinaus gäbe es an der Saline-Anlage einiges zu tun. Zwar ist die Salzproduktion längst eingestellt, das Gradierwerk wird aber weiterhin zu Kurzwecken genutzt. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Schwarzdorn.

Auf ihn rieselt die Salzlösung hinab und verdunstet. Um das Gradierwerk herum ist die Luft daher ähnlich wie am Meer. Doch über die Jahre lässt die Wirkung nach. Der Schwarzdorn müsste dringend erneuert werden - aber die Kosten für einen Komplettaustausch gingen in den siebenstelligen Bereich, sagt Klose. Man sei dabei, Fördermittel zu organisieren.

„Wir sind uns der Bedeutung des Gradierwerks bewusst. Das ist ein Wahrzeichen von Bad Kösen.“ Und das müsse in jedem Fall erhalten bleiben. (mz)