Zahme Leute oder zahnloser Tiger? Gewerkschaft und Polizist üben Kritik an der Ausgangssperre

Weißenfels/Zeitz - Die Zahl klingt erst einmal gut. Während der Ausgangsbeschränkung, die nun seit einer Woche im Burgenlandkreis und bundesweit in Landkreisen gilt, die eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 überschreiten, hat die Polizei nach eigenen Angaben bislang lediglich zwei Verstöße festgestellt. Dem Rechts- und Ordnungsamt des Burgenlandkreises seien bis dato sogar gar keine Verstöße bekannt.
Ausgangsverbot eher ein zahnloser Tiger: Polizei fordert mehr Personal für Kontrollen
Halten sich also, mit Ausnahme der zwei Verstöße, alle Menschen im Landkreis vorbildlich an die Regelung? Wohl kaum, meint Olaf Sendel, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Er fragt sich, „ob in unserem Land die nächtliche Ausgangssperre tatsächlich und flächendeckend kontrolliert wird oder ob mit diesem Ausgangsverbot vielleicht eher ein zahnloser Tiger geboren wurde.“ Eher letzteres, gesteht doch auch die Kreisverwaltung ein, dass eine flächendeckende Kontrolle nicht möglich sei. Dafür stünden schlicht nicht genügend Mitarbeiter zur Verfügung.
Auch Olaf Sendel geht aufgrund der „angespannten Personalsituation“ davon aus, dass die Polizei die Kontrollen nicht vollumfänglich leisten kann. Darüber, wie viele Beamte nachts im Burgenlandkreis unterwegs sind, gibt das Polizeirevier auf MZ-Anfrage jedoch keine Auskunft. Olaf Sendel fordert, dass „die eigentlich zuständigen Partner wie die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden mit ins Boot genommen werden.“ Dies setze voraus, dass deren Personal nachts eingesetzt wird, was vielerorts momentan nicht der Fall ist.
Primär Kontrolle der Hygienebetimmungen im Stadtgebiet
Das kritisiert auch der Autobahnpolizist und Weißenfelser Stadtrat Veit Richter (parteilos), weshalb er vergangene Woche im Hauptausschuss gefordert hat, einen 24-stündigen Einsatz des Ordnungsamts zu gewährleisten. Laut der Weißenfelser Stadtverwaltung sei das Ordnungsamt im Außendienst immer mindestens in Zweier-Teams unterwegs.
Diese Woche seien sie bis 21.30 Uhr, ab nächster Woche bis 23 Uhr im Einsatz, womit sie jedoch lediglich die erste Stunde der Ausgangssperre abdecken können. Ob das Zeitzer Ordnungsamt nachts kontrolliert, wird nicht konkret beantwortet. Die Stadtverwaltung teilt lediglich mit, dass sich die Mitarbeiter „primär um die Einhaltung der Hygienebestimmungen im Stadtgebiet“ kümmern.
36 Verstöße bis Februar
Erstaunlich gering ist die Anzahl der bisherigen Verstöße auch im Vergleich zur ersten Ausgangssperre im Burgenlandkreis. Diese galt aufgrund der damaligen hohen Sieben-Tage-Inzidenz von über 500 vom 26. Januar bis 12. Februar zwischen 21 und 6 Uhr.
Damals sei nachweislich 36-mal dagegen verstoßen worden. Zwar sank die Inzidenz während dieser Zeit recht zügig um über die Hälfte auf circa 235. Ob die Ausgangsbeschränkung dazu beigetragen hat, ist jedoch fraglich, vor allem, da sich die Maßnahmen erst zeitversetzt in den Infektionszahlen bemerkbar machen. (mz)