Domgymnasium Naumburg Domgymnasium Naumburg: Jede Menge frischer Wind

Naumburg - Die Tür zu seinem Büro steht sperrangelweit auf. Nicht etwa die zum Sekretariat. Nein, die zum Schulflur. Eine Tür, von der man im altehrwürdigen Domgymnasium bisher gar nicht wusste, dass sie auch zu öffnen ist. Mehrfach kommen während des etwa einstündigen Pressegespräches Lehrer herein. Kurze Absprachen, kurze Dienstwege, Offenheit, viel Kommunikation. Das ist der Führungsstil, den Dirk Heinecke pflegen will. Seit 1. Februar ist er, der vorher keine leitende Position innehatte, Chef eines der größten Gymnasien Sachsen-Anhalts mit etwa 900 Schülern und 70 Lehrern.
Neues Logo und Schul-Klamotten
Seine ersten Eindrücke? „Ich bin überrascht, wie gut die Schule in sich funktioniert. Die Mund-zu-Mund-Propaganda außerhalb war bisher ja eher negativ“, sagt Heinecke und nennt etwa den Eindruck, es gäbe massiven Unterrichtsausfall, „wobei das Problem woanders viel größer ist“.
Heinecke indes habe in den ersten Wochen „sehr motivierte Schüler und Lehrer kennengelernt“. Das sei durchaus auch als Würdigung der Arbeit von Vorgängerin Angelika Römer zu verstehen.
Gleichwohl ist Heinecke anzumerken, dass er vieles anders machen möchte als die bisherige Direktorin. So will er etwa die Öffentlichkeitsarbeit forcieren. Aktualisiert und von Karteileichen befreit wurde bereits die Homepage. In den Vordergrund rücken sollen besondere Leistungen der Schüler. Einen „Empfang der Preisträger“ soll es am 9. Juni, dem Tag des Hoffestes, geben. Außergewöhnliche schulische, sportliche, soziale oder musikalische Leistungen will man dabei ehren.
Präsentiert werden soll dann auch eine eigene Schul-Kollektion. Eine Idee, die Heinecke aus seiner Lehrerzeit an der Landesschule Pforta mitbringt: „In Schulpforte lief mindestens jeder zweite mit einem T-Shirt oder einem Pullover über den Hof, die einen Pforte-Bezug hatten. Das wollen wir hier auch erreichen“, sagt er. Die Kollektion wird gerade kreiert, angelehnt an das amerikanische High-School- oder College-System, wo die Farben der Schule allerorts mit Stolz getragen werden.
Verantwortlich ist eine Schülergruppe, die schon vor Heineckes Amtsantritt an dieser Idee arbeitete, mithilfe einer darauf spezialisierten Firma. Entwickelt wird dafür auch ein neues Logo. „Die Jugendlichen sollen sich mit ihrer Schule identifizieren.“
Auch in der Unterrichtsorganisation hat der „Neue“ erste Entscheidungen getroffen. Der Blockunterricht bleibt. Wieder eingeführt wird, dass die siebenten Klassen nach ihrer Wahl der zweiten Fremdsprache neu aufgeteilt werden. Das hat für Unmut bei einigen Eltern gesorgt. „Aber es macht die Planung viel einfacher, und nur dadurch können wir Spanisch anbieten. Zudem ist es für die Entwicklung der Schüler positiv“, sagt Heinecke.
Doch wie kommen seine Ideen in der Schule an? Ungeteilte Begeisterung ist kaum vorstellbar, wenn so viel frischer Wind in ein alteingesessenes Kollegium weht. „Richtigen Gegenwind gab es bisher nicht“, meint Heinecke zu seiner forschen Herangehensweise. So ließ er seine Pädagogen abstimmen, wie man mit dem Titel „Schule ohne Rassismus“ weiter umgehen will. „Ich habe gesagt, entweder wir geben den Titel zurück oder füllen ihn mit Leben. Die Kollegen haben sich für Letzteres entschieden.“ Am 4. Mai ist ein gemeinsames Konzert von Domgymnasiasten und Migranten geplant.
An einer Sache wird sich aber auch Heinecke die Zähne ausbeißen: der Auswahl neuer Lehrer. Darüber wird weiter in Magdeburg entschieden. „Ich bekomme täglich Initiativbewerbungen und muss alle ans Land verweisen. Das ist politisch so gewollt und eine Katastrophe.“ Seine Strategie: Aus dem bestehenden Team das Beste herausholen. „Lehrer-Gesundheit“ soll ein großes Thema werden. Auch setzt er auf Verjüngung: Ab August beschäftigt das Gymnasium gleich vier Referendare. Als „Riesen-Baustelle“ sieht Heinecke den Online-Umgang der Schüler untereinander auf Facebook, in WhatsApp-Gruppen und Co. Hier soll baldmöglich angesetzt werden.
„Speakers Corner“ alle zwei Wochen
Weiterhin schon erledigt oder in Arbeit: die Umgestaltung der Berufswahl-Orientierung sowie die Projektwoche, die im Juni ganz im Zeichen des Welterbes stehen wird. Zufrieden ist Heinecke über die Fortschritte in einem Dauerbrenner-Thema: dem Schulessen. „Da ist schon vieles besser geworden.“ Die neue Cafeteria sieht er mit 70 Plätzen aber als zu klein an. Heinecke denkt darüber nach, weitere Aufenthaltsräume zu schaffen. „Das war ein Punkt, auf den mich Schüler bei meiner Speakers Corner angesprochen haben.“ Was das ist? Alle zwei Wochen stellt sich der neue Schulleiter demonstrativ vor die Cafeteria und will angesprochen werden. Es ist eben eine neue Offenheit, die eingekehrt ist.