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Das Vorzeigedorf Das Vorzeigedorf: Mit welchen pfiffigen Ideen die Bewohner von Schleberoda punkten

Von Martin Walter 06.10.2019, 10:00
In Schleberoda ist immer etwas los: Die Mitglieder des Heimatvereins - hier beim Lindenblütenfest 2018 - und viele andere Akteure sorgen in dem kleinen Ort bei Freyburg für ein gutes Miteinander. Die Vierte von rechts: Tierärztin und Kommunalpolitikerin Karin Reglich.
In Schleberoda ist immer etwas los: Die Mitglieder des Heimatvereins - hier beim Lindenblütenfest 2018 - und viele andere Akteure sorgen in dem kleinen Ort bei Freyburg für ein gutes Miteinander. Die Vierte von rechts: Tierärztin und Kommunalpolitikerin Karin Reglich. Nicky Hellfritzsch

Schleberoda - Nicht nur der 96 Meter tiefe Dorfbrunnen Schleberodas lässt tief blicken, sondern - im positiven Sinne - auch das dortige Verständnis einer Dorfgemeinschaft. „Wir veranstalten unter anderem gemeinsame Kinoabende und Feiern, wie beispielsweise die alljährliche Halloweenparty für unsere jungen Dorfbewohner“, sagt Karin Reglich, Vorsitzende des örtlichen Heimatvereins und Gemeinderätin (Freie Wähler).

Auch die kleine Dorfbibliothek, das Lesestübchen, ziehe Jung und Alt gleichermaßen an. „Einmal im Jahr veranstalten wir außerdem eine Dorfversammlung. Dabei liegt die Hemmschwelle, Probleme zu äußern, niedriger als bei Ratssitzungen“, meint Karin Reglich.

„Wir haben gar nicht so viele Grundstücke wie es Interessenten gibt“

Zudem widersetzt sich Schleberoda dem derzeitigen Trend in ländlichen Gebieten, nämlich dem Bevölkerungsschwund und der damit einhergehenden Überalterung. Über 15 Kinder gebe es in dem Dorf, welches insgesamt rund 160 Einwohner zählt, sagt Christian Haase. Leerstand gebe es hingegen keinen, im Gegenteil.

„Die Nachfrage besteht. Aber wir haben gar nicht so viele Grundstücke wie es Interessenten gibt“, so Haase. Der Ortswehrleiter kommt ursprünglich aus dem nahen Freyburg und ist selbst erst vor drei Jahren nach Schleberoda gezogen. „Wir wurden sofort gut aufgenommen und in die Dorfgemeinschaft integriert“, lobt er.

Zusammenhalt im Ort und gemeinsame Veranstaltungen

Der Zusammenhalt im Ort und die gemeinsamen Veranstaltungen waren auch ausschlaggebende Punkte dafür, dass Schleberoda im Juli dieses Jahres mit der Silbermedaille im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ ausgezeichnet wurde. Zu Recht, wie Landrat Götz Ulrich (CDU), Jana Schumann (CDU), die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Unstruttal, sowie Freyburgs Bürgermeister Udo Mänicke (parteilos) meinen. Die Politiker haben sich kürzlich bei einem Rundgang ein Bild von dem Vorzeigedorf gemacht.

„Ich würde mir wünschen, dass das auch andernorts gelingt. Es gibt leider auch Dörfer, die in Lethargie verfallen sind“, sagt Ulrich. Er äußert deshalb die Idee einer Veranstaltung, bei der sich die Einwohner verschiedener Dörfer austauschen können und die besten Ideen für ihre Orte mitnehmen können.

„Es gibt große Unterschiede zwischen den Dörfern“

Auch Mänicke sagt: „Es gibt große Unterschiede zwischen den Dörfern. Wir unterstützen sie, wo wir können, aber sie müssen sich selbst organisieren und beispielsweise Dorffeste planen.“ Dank der umtriebigen Einwohner und Vereine des Ortes, zu denen neben dem Heimatverein auch die Pfingstburschen und die freiwillige Feuerwehr zählen, gelinge dies in Schleberoda einwandfrei, so Reglich.

Beim Dorfwettbewerb konnte Schleberoda aber nicht nur dank seiner tatkräftigen Dorfgemeinschaft punkten. Auch die Ideen, mit denen der Ort seine Zukunft bestreiten möchte, haben die Jury überzeugt, auch wenn diese noch der Umsetzung harren.

Einführung eines „Dorfterminplans“

Da wäre zunächst einmal die Einführung eines „Dorfterminplans“, wie es Reglich nennt. Das könnte zum einen eine Papierliste sein, zum anderen aber auch als App für das Handy funktionieren. Darüber ließen sich beispielsweise Fahrgemeinschaften organisieren und koordinieren.

Dieses „Carsharing“ genannte Konzept betrifft zugleich die nächste Schleberodaer Zukunftsvision. Die Bewohner des Ortes möchten sich ein oder zwei Elektroautos zulegen. Diese Idee ist Bestandteil eines Mobilitätskonzepts des Netzwerks „Stadt-Land“. Schleberoda befindet sich diesbezüglich gerade in der Beantragungsphase, sagt Reglich.

Außer den Schulbussen fährt nur morgens und nachmittags jeweils ein Bus

Ziel ist es, dass die Dorfbewohner für spezielle Fahrten nicht ihre eigenen Autos nutzen müssen und diese zudem umweltfreundlich unternehmen können. Reglich spricht in diesem Zusammenhang Arztbesuche an, denn vor allem einige ältere Schleberodaer besäßen keinen Führerschein oder könnten nicht mehr selbst fahren. Die „Gemeinschaftsautos“ könnten auch genutzt werden, um die Kinder des Ortes zum Sport oder zu Arbeitsgemeinschaften zu befördern.

„Schön wäre deshalb ein Van. Zudem ließen sich damit auch Einkäufe von Baumärkten transportieren“, so Reglich. Das sei auch deshalb nötig, da Schleberoda nur schlecht an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sei. Außer den Schulbussen fährt nur morgens und nachmittags jeweils ein Bus.

Eingeschränkte Mobilität auf dem Land

Die eingeschränkte Mobilität auf dem Land betrifft auch die dritte innovative Idee. „Nach der Wende ist die gesamte Dorfinfrastruktur zusammengebrochen. Unter anderem musste der Konsum schließen“, sagt Reglich. Und wenn die älteren Schleberodaer nicht zu den Läden können, „dann muss der Laden eben zu uns kommen“, so die Vorsitzende des Heimatvereins.

Deshalb nimmt der Ort bei der Umsetzung eines sogenannten Bestellcafés teil, bei dem Einkaufswünsche gesammelt und die Waren anschließend in den Ort gebracht werden. Dabei handelt es sich um ein Modellprojekt des Landes-Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, für die neben Schleberoda noch sechs weitere Orte für eine Machbarkeitsstudie ausgewählt wurden. Reglich zeigt sich optimistisch, dass sich dies realisieren lässt: „Wir haben schon Zuspruch von Freyburger und Müchelner Märkten bekommen.“ (mz)

Das kleine Dorf Schleberoda ist nicht zuletzt auch wegen seiner hübsch hergerichteten Häuser und Straßen lebens- und liebenswert.
Das kleine Dorf Schleberoda ist nicht zuletzt auch wegen seiner hübsch hergerichteten Häuser und Straßen lebens- und liebenswert.
Ronny Just
Karin Reglich zeigt Udo Mänicke, Jana Schumann und Götz Ulrich (vl.n.r.) mit dem Dorfbrunnen ein Schmuckstück ihres Dorfes.
Karin Reglich zeigt Udo Mänicke, Jana Schumann und Götz Ulrich (vl.n.r.) mit dem Dorfbrunnen ein Schmuckstück ihres Dorfes.
Ronny Just