Chemiepark Chemiepark: Wie Mikroben verseuchtes Grundwasser reinigen sollen

Alttröglitz - Es ist eine Mischung aus faulen Eiern und Tankstelle. So beschreibt Holger Weiß den Geruch des Grundwassers, das in gut 40 Metern Tiefe unter dem Chemie- und Industriepark Zeitz langsam - mit etwa einem halben Meter pro Tag - vor sich hin fließt. Genauer gesagt in dem Bereich, in dem einst die Benzolfabrik des VEB Hydrierwerk Zeitz stand. Das, was das Wasser so unangenehm riechen lässt, sind Benzol und Schwefelkies. Letzterer entsteht bei einem Zersetzungsprozess.
Große Mengen im Grundwasser festgesetzt
Benzol konnte über Jahre hinweg im Bereich der alten Fabrik ins Erdreich sickern - beispielsweise wenn Lagertanks der Fabrik ein Leck hatten. So setzte es sich in großen Mengen im Grundwasser fest. Genauer gesagt in zwei Schichten, der oberen in etwa drei Metern Tiefe und in einer, die zwischen 40 und 50 Meter tief verläuft. Die Forschungen an der ersten Grundwasserschicht sind bereits abgeschlossen. Die Landesanstalt für Altlastenfreistellung saniert sie derzeit.
An der zweiten ist das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) aktuell dran. Es hat eine Methode entwickelt, wie das Benzol in der Tiefe vergleichsweise kostengünstig abgebaut werden kann. Das ist vor allem deshalb nötig, weil die alte Benzol-Anlage an der Werksgrenze stand und sich die Altlast damit auch über dieses Areal hinweg bewegt hat. Zudem soll das Gelände so gut es geht von den Altlasten befreit werden, damit die Fläche im Chemie- und Industriepark als attraktiver Standort für künftige Investoren angeboten werden kann.
Forschung seit zwölf Jahren
Doch wie bekommt man das Wasser 40 bis 50 Meter unter der Erdoberfläche von dem Benzol gereinigt? Mit dieser Frage beschäftigt sich Holger Weiß, Professor am UFZ, schon seit langem. Im Auftrag der Landesanstalt für Altlastenfreistellung forschen Weiß und seine Kollegen seit nunmehr zwölf Jahren an dem Chemiestandort. „Wir haben verschiedene Methoden probiert, um die Schadstoffe aus dem Boden zu bekommen“, so der Experte.
Letztlich sei man bei Mikroben, also mikroskopisch kleinen Lebewesen, als Helfer hängen geblieben. „Mikroben können mit ausreichend Sauerstoff sehr gut mit Benzol umgehen“, sagt Weiß, der dieses Verfahren am Chemiestandort zunächst im Labor erforscht hat.
Aktuell untersuchen er und seine Kollegen, was passiert, wenn sie zehn Tonnen Nitratlösung in das Erdreich pumpen. Das soll den dort vorhandenen Schwefelkies, auch Sulfid genannt, in Sulfat verwandeln. Aus diesem wiederum gewinnen die Mikroben Sauerstoff und Energie, so können sie das Benzol langsam abbauen.
Letzter Test von Sommer bis Herbst
Nun sieht er darin die optimale Chance, die rund zwei Kilometer lange Schadstofffahne im Erdreich zu sanieren. Ein letzter Test, ob das Verfahren auch so funktioniert, wie gedacht, soll nun im Maßstab 1:1, also direkt im Boden, erfolgen.
Diese letzte Phase startet im Sommer und soll bis Herbst andauern. Gelingt es, ist die Arbeit des Forschungszentrums getan. Sie legt der Landesanstalt für Altlastenfreistellung damit eine kostengünstige Möglichkeit vor, den Boden von dem Umweltgift zu befreien. „Wir liefern der Landesanstalt damit eine Grundlage für ihre Arbeit. Wir betreiben hier eine sehr angewandte Forschung. Wir sehen, dass es funktioniert, und das macht Spaß. Nun wollen wir die Methode international bekannter machen“, sagt Weiß. Er leitet im Helmholtz-Zentrum die Abteilung Grundwassersanierung und unterrichtet auch Studenten in dem Bereich. (mz)
