Burgenlandkreis hat zweithöchste Inzidenz Burgenlandkreis hat zweithöchste Inzidenz: Die Ausgangssperre droht

Naumburg - Deutschlandweit gedeiht ein zartes Pflänzchen der Hoffnung, dass sich die Infektionslage verbessert. Doch im Burgenlandkreis ist davon nichts zu spüren. Im Gegenteil: Landrat Götz Ulrich (CDU) sprach am Mittwoch auf seiner wöchentlichen Pressekonferenz von einer deutlichen Verschlechterung.
Hatte der Kreis mit seiner stabil hohen Inzidenz aufgrund der Extremlagen in Sachsen und Thüringen noch außerhalb des bundesweiten Blickfelds gelegen, so hat sich das geändert. Mit der Sieben-Tages-Inzidenz von 446 liegt man auf dem zweiten Platz in der Bundesrepublik.
Mittwoch 132 Neuinfektionen
Als Beobachter hatte man am Dienstag gehofft, der riesigen Zahl der Neuinfektionen von knapp 200 binnen 24 Stunden läge irgendein statistischer Fehler zugrunde. Doch die vom Kreis veröffentlichten 132 positiven Tests vom Mittwoch zerstörten diesen Wunsch. Mehr noch: Regelrecht dramatisch entwickelt sich die Zahl der an und mit Corona Verstorbenen. Seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr waren im Burgenlandkreis bis vergangene Woche 113 Covid-Opfer zu beklagen. Mit 100 neuen Toten wurde dieser Wert nun binnen nur einer Woche fast verdoppelt.
Fragt sich: Was ist der Grund? Landrat Ulrich und Amtsärztin Ina Schmidt skizzierten drei Infektionsfelder. Zum einen entwickelt sich die Lage in Pflege- und Altenheimen weiter negativ. Fast die Hälfte aller Toten hatte dort gewohnt. Zwar herrschten auf dem Papier die strengsten Maßnahmen, doch würden diese vor Ort nicht überall eingehalten.
Ulrich berichtete, dass 37 der 39 Einrichtungen in dieser Woche kontrolliert wurden, und er erzählte von Hintertüren, durch die man ohne Schnelltest und Schutzmaske ein und aus gehen kann. Auch berichtete er von Angehörigen, die ohne Mund-Nasen-Schutz die Möbel von Verstorbenen abholen. „Wir wissen, wie hoch die Belastung für alle Beteiligten ist, und wir wollen niemanden drangsalieren, aber die Vorschriften müssen strenger eingehalten werden.“
Große Partys in Weißenfels
Zwar sind die Heime das größte Sorgenkind, doch vier Fünftel aller Infizierten leben nicht dort. Bei diesen Privatpersonen sind aber keine Strukturen zu beobachten. „Es sind viele einzelne“, so Amtsärztin Schmidt. Götz Ulrich sieht das Problem darin, was hinter verschlossenen Türen passiert. „Allein in Weißenfels hat unser Ordnungsdienst am Wochenende drei große Partys aufgelöst, bei denen sich keiner an irgend eine Regel gehalten hat.“
Schwierig sei es auch, die Situation in der Arbeitswelt zu überblicken. Hier appellierte Ulrich erneut an die Vernunft. Ein Unternehmer habe ihm erzählt, dass ohne dessen Wissen in der Firma eine Weiterbildung von 20 Personen in einem Raum stattfand.
Neben der Frage, woher die hohen Zahlen kommen, drängt nun in den Fokus: Welche weitere Verschärfung resultiert daraus? Wie der Landrat meinte, gebe es nur noch das Mittel der Ausgangssperre. Man merkte ihm an, dass er dies nicht voreilig verhängen will, obwohl der Landkreis nun in den bundesweiten Blickpunkt gerät. Man werde die Verordnung zur Ausgangssperre intern vorbereiten, dann abwarten, wie sich die Zahlen bis Ende der Woche entwickeln und sie erst Anfang nächster Woche - wenn nötig - ausrufen.
Wie eine solche Ausgangssperre im Detail aussehen würde, dazu machte Götz Ulrich auf Tageblatt/MZ-Anfrage am Mittwoch keine Aussagen.
Weiter angespannte Situation in Kliniken
Stark angespannt bleibt derweil auch die Situation in den Kliniken. Weder in Naumburg, Weißenfels noch Zeitz sei derzeit ein Intensivbett frei, berichtete Ina Schmidt. Verlegungen, vor allem in den Norden des Landes, sind die Folge. Nicht mehr zu bewältigen sei die gesamte Lage ohne die Hilfe der Bundeswehr. 36 Soldaten helfen derzeit in Pflegeheimen, 19 neuerdings im Weißenfelser Asklepios-Krankenhaus und viele weitere in der Kreisverwaltung und im Impfzentrum aus, so der Landrat.
Impfbereitschaft steigt
Durch eine neue Impfstoff-Lieferung könne nun die Erst-Versorgung aller Heime abgeschlossen werden. 466 Menschen haben bereits eine zweite Spritze erhalten. Die Impfbereitschaft bei den Heimbewohnern liegt, so Ina Schmidt, zwischen 80 und 90 Prozent. Beim Personal würde die Bereitschaft nach anfänglicher Zurückhaltung nun auch steigen, meint die Amtsärztin.
Interessant ist noch die regionale Verteilung: Während das Unstruttal mit einer Inzidenz von 860 kreisweit der größte Infektionsmittelpunkt ist, weist die direkt daneben gelegene Finne-Region mit 199,64 den geringsten Wert auf. Ulrich erklärte dies mit der Vielzahl an Heimen im Unstruttal. Die ältere Bevölkerung ab 70 ist auch weiterhin am stärksten von Infektionen betroffen. In Kindergärten beobachte man hingegen geringe Fallzahlen. Dort wird derzeit eine Notbetreuung geleistet, wie auch in Schulen. So nehmen derzeit beispielsweise 19 Prozent aller Grundschüler diese Möglichkeit wahr.
