Beförderung Beförderung: "Hallo Taxi?" Fehlanzeige!

Naumburg - Am späten Abend, im Dunkeln, sind Bahnhofsvorplätze für die meisten Menschen kein angenehmer Aufenthaltsort. Da lässt man sich lieber schnell von Familie oder Freunden abholen. Oder springt, wenn man als Fremder anreist, ins nächstbeste Taxi. In Naumburg aber gibt es ein Problem: Denn an vielen Abenden, vor allem unter der Woche, ist der Taxistand am Bahnhof mittlerweile völlig verwaist.
„Es passiert ständig, dass Pensionsgäste zu Fuß mit ihren Koffern in die Stadt laufen, weil sie nach 22 Uhr kein Taxi bekommen haben“, sagt etwa Torsten Biel, Betreiber der Pension „Typisch Naumburg“. Steffi Schikor, die städtische Gleichstellungsbeauftragte, hat das Problem nach Dienstreisen per Zug ebenfalls schon oft persönlich erlebt. „Das Sicherheitsempfinden ist schon stark beeinträchtigt, wenn man da als Frau ganz allein am Taxistand neben der Gartenanlage wartet. Ich habe jetzt immer eine Liste von Taxi-Telefonnummern bei mir. Dann klappt es auch.“
Eine solche Liste haben Touristen aber nicht. Manche, vor allem Ältere, haben auch kein Smartphone als schnelle Lösung dabei. Einen Aushang am Taxistand gibt es auch nicht mehr. Man fragt sich nun aber: Wo sind all die Taxis hin?
„Ich bin einer der wenigen Unternehmer, der in Naumburg nachts noch Autos fahren hat“, sagt Christoph Hinze, Inhaber von „Dom-Taxi“. Laut Verordnung müsste jeder Anbieter nachts einen Fahrservice anbieten, „aber das wird doch vom Amt gar nicht kontrolliert“, behauptet Hinze. Die Wurzel des Übels liege im Mindestlohn. Da er nun seine Fahrer pro Stunde und nicht mehr pro Einsatz bezahlen muss, können die Mitarbeiter in einer Montag- oder Dienstagnacht nicht ihren Stundenlohn herausfahren. „Und in kleinen Betrieben schafft es dann nicht einmal die Tagschicht, genug zu verdienen, um den Lohn der Nachtschicht zu erarbeiten“, erklärt Hinze, warum viele kleinere Unternehmen nachts nicht mehr auf der Straße zu finden sind. „Alle konzentrieren sich auf die geplanten Fahrten tagsüber, etwa von Kranken. Das Risiko mit den spontanen Fahrten tun sich viele nicht mehr an.“
Die Klagen der Taxi-Unternehmer dürften sich für viele Fahrgäste jedoch wie der blanke Hohn anhören. Werden sie doch im Burgenlandkreis so stark geschröpft wie nirgendwo sonst. Eine Studie hat festgestellt, dass hierzulande die höchsten Fahrpreise Deutschlands gelten (siehe auch „Trauriger Spitzenplatz“). Doch selbst diese Einnahmen gleichen in den Nachtstunden die Löhne der Fahrer nicht aus. Beim Burgenlandkreis, der für die Taxi-Konzessionen zuständig ist, sieht man das Problem nicht. Auf Anfrage teilte die Straßenverkehrsbehörde mit, dass der Bestand an Taxen im Kreis „tendenziell annähernd gleichbleibend“ sei und die Unternehmen ihre „genehmigten Taxen bei Tag und Nacht vorzuhalten haben“. Kontrollen würden regelmäßig stattfinden. „Probleme bezüglich der Bereitstellung von Taxen in den Nachtstunden in Naumburg wurden bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht an den Kreis herangetragen“, heißt es.
Indes ist es kein Geheimnis, dass in Naumburg und Umgebung seit Langem Schwarztaxen unterwegs sind. Eine logische Entwicklung, wie uns eine Frau erzählt, die seit Jahren tagein, tagaus Gäste transportiert - für ein Handgeld. „Es ist doch kein Wunder. Wer will denn bei den überzogenen Preisen noch Taxi fahren?“ Ihr (illegales) Geschäft läuft ganz gut, Fahrgäste transportiert sie nicht nur in der Region, sondern längst auch zu den Flughäfen wie Leipzig-Halle. „Die Leute können mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen“, sagt sie. Sogar Prominente sollen schon mitgefahren sein.
Das Fazit ist also klar: Wer die richtige Telefonnummer hat (ob legal oder nicht), wird in Naumburg gefahren. Wer nicht, steht oder geht im Dunkeln.